Boele. Was da mitten im Hagener Ortsteil Boele an der Kirchstraße gebaut wird, gibt es so in Hagen noch nicht. Ein komplett autarkes Wohngebäude.
Im Herzen des knapp 28.000 Einwohner großen Ortsteils Boele im Hagener Norden entsteht auf einer Freifläche neben der Goethe-Grundschule eines der energetisch nachhaltigsten Wohnbauprojekte der vergangenen Jahre. Das Hagener Architekturbüro PASD Feldmeier und Wrede, das eigentlich prestigeträchtige Bauten in der ganzen Welt realisiert und aktuell auch das Bundesumweltamt in Berlin umbaut, möchte damit in Hagen eines der ersten Wohngebäude errichten, dass sich unabhängig vom krisengeschüttelten Gas- und Stromnetz versorgt. An der Kirchstraße in Boele wird zur Nutzung von Geothermie dafür bis zu 90 Meter in die Erde hinab gebohrt. (Lesen Sie auch: Der exklusive Blick in das Penthouse in Hagen-Helfe)
Prestigeträchtige Objekte weltweit
Der Neubau des Holz-Laborgebäudes zur Insektenforschung für den Standort des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg (Brandenburg), der Umbau der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen, die im Ruhrgebiet berühmte Gelsenkirchener Doppelbogen-Brücke zur Bundesgartenschau 1997, der Umbau und die Sanierung des Ruhrfestspielhauses in Recklinghausen oder die Sanierung des historischen Rathauses Bottrop, der Hafen von Busan in Südkorea – die Liste weltweit geschaffener einzigartiger Architekturen durch PASD ist groß. „Und jetzt machen wir mal was lokal“, sagt Architekt und Gesellschafter Jürgen Wrede. (Lesen Sie auch: Exklusiv und selten – Wohnen im Hagener Hugo-Petri-Wahrzeichen)
Erdwärmepumpen zapfen Erdreich an
Auf vier Etagen – in den Obergeschossen mit Blick zum Hengsteysee – entstehen an der Kirchstraße 14 Wohnungen zwischen 76 und 150 Quadratmetern. In einer Tiefgarage unter dem Gebäude finden 14 Pkw Platz, es gibt Anschlussmöglichkeiten für E-Autos- und Fahrräder. Alles ist barrierefrei und wird komplett geothermisch und durch Photovoltaik versorgt. Beim Nutzen von Geothermie pumpen Erdwärmepumpen die Wärme der Erde aus der Tiefe ins Haus. Die Technik nutzt aus, dass die Erde in ihrem Inneren ein warmer Planet ist. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach beschafft die Energie.
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Wohnungen kann sich nicht jeder leisten
Schon jetzt ist klar, dass sich das Wohnen in einem solch autarken Haus nicht jeder leisten können wird. „Das müssen wir ganz offen so sagen. Die Wohnungen werden natürlich nicht günstig bei diesem Standard“, sagt Jürgen Wrede. Aber langfristig müsse man natürlich die klassischen Nebenkosten und darin enthalten auch die Beschaffung der Energie herausrechnen. „Ich glaube, dass es im Umfeld der Immobilie eine Klientel gibt, die es sich leisten möchte, so unabhängig zu leben“, blickt Wrede nicht nur auf Boele, sondern auch das nahe gelegene Dortmund.
Zentralität in Boele extrem hoch
Dass das Projekt genau hier neben der Goetheschule und gegenüber dem katholischen Kindergarten Familienzentrum St. Johannes entsteht, ist dabei kein Baulückenzufall. Jürgen Wrede: „Das hat ganz klar mit dem Ortsteil Boele zu tun. Hier lebt man so zentral, die Versorgung ist so gut und man kann im Prinzip die wesentlichen Dinge des Lebens zu Fuß erledigen.“
Das stimmt. Die Zentrumsqualität rund um den Boeler Marktplatz ist hoch. Die umliegenden Wohngebiete sind so nah und gut angebundne wie in kaum einem anderen Stadtteil. Entsprechend hofft man bei PASD auch auf Zulauf.
Es gehe nicht um Profit
Es gehe in erster Linie erstmal nicht um Gewinnoptimierung oder Profitdenken. „Wir machen, was wir spannend finden. Und diese Art von Leben und Wohnen ist mit Blick auf die Zukunft spannend“, sagt Wrede, der seit einem Jahr auf die Baugenehmigung wartet. Als die Stadtredaktion dies bei der Stadt Hagen hinterfragt, heißt es, dass es Umplanungen gegeben hätte, aber die Genehmigung derzeit gefertigt würde. Zeitnah kann es also losgehen.
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An der Kirchstraße, wo bereits Bauzäune aufgestellt wurden, entstehen dann eine größere Baustelle und zusätzliche Verkehre. Das ist deshalb erwähnenswert, weil das Verkehrsaufkommen vor der Goethe-Grundschule und dem Kindergarten gegenüber in Stoßzeiten bereits als grenzwertig bezeichnet werden darf.
Die Leitungen von Kindergarten und Grundschule hatten sich deshalb in der Vergangenheit auch an die Bezirksvertretung gewendet und gebeten, Abhilfe mit Blick auf Tempoüberschreitungen und wildes Parken zu schaffen. Am Fahrbahnrand vor dem künftigen Baugebiet wird geparkt.