Altenhagen. „Tea with Cops“ – die Hagener Polizei hat ein bislang einzigartiges Projekt gestartet. Los ging es vor der marokkanischen Moschee in Altenhagen.
Wenn man sich vor Al-Sieddiq-Moschee umdreht, dann sieht man, wie die Spitze der St. Josefs-Kirche hinter einem Wohnhaus in die Höhe ragt. Ein Zeichen des Christentums ganz nah an einem des Islams. Die Sonne scheint, das Freitagsgebet ist rum, hunderte Männer, manche in Gewändern, strömen aus der Moschee. Viele greifen nach einem der Teebecher, die Beamte der Hagener Polizei draußen reichen. Marokkanische Minze, köstlich. Egal, wen man auf die Aktion anspricht – das meistgesagte Wort ist „Respekt“.
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Ganz ohne Vorurteile
Wenn man es will, dann kann man in dieser Stadt an einem Tag in etliche fremde Welten eintauchen. Moscheen, Synagogen, griechische Kulturkreise, portugiesesche Kaffeerunden, afrikanische Gruppe, italienische, türkische, russische, nur ein paar Beispiele. Man kann deutsch sein, evangelisch, katholisch, alt, jung, vieles. Eines, das zeigen viele journalistische Begegnungen dieser Art, sollte man nicht sein: vorurteilsbehaftet. Dann kann man sich die Besuche klemmen.
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Damit sind wir auch schon mittendrin. Es ist das Thema von Akaouch El Houssain. Sein Vater kam 1961 aus Marokko nach Hagen, 1978 gründete er die Moschee, vor der sein Sohn jetzt steht und sagt: „Hagen ist meine Heimat, ich bin ein Hagener Junge.“ Und trotzdem erlebe er immer noch Abgrenzung.
Mehr Integration geht nicht
Das wirkt umso paradoxer, wenn man El Houssain weiter zuhört. „Ich habe vor Jahren eine Wohnung in Hagen gesucht, aber immer wenn ich meinen Namen genannt habe, gab es Schwierigkeiten.“ Das müsse man sich mal vorstellen, sagt er. „Ich habe fünf Kinder. Meine älteste Tochter studiert Lehramt, eine andere hat gerade Abitur gemacht. Mehr Integration geht nicht.“
„Wir brauchen mehr Miteinander
Dass die Polizei eine Aktion namens „Tea with Cops“ vor der Moschee anbietet, sei super. „Wir brauchen viel mehr Miteinander. Wir leben doch alle in Hagen“, sagt El Houssain.
Man könnte Hunderte Männer hier befragen. El Houssain oder Samir Harbal (41) sind sehr gute, sehr repräsentative Anhaltspunkte. Harbal trägt ein Trainingsanzugsoberteil von Al-Seddiq Hagen. Er tippt mit dem Finger auf das Emblem. „Ich bin dort Trainer“, sagt er. Er wolle Werte weitergeben, vor allem aber gehe es um Respekt und Miteinander. Sport sei eine Plattform, auf der das spielerisch gelinge. Nahezu jeder Gesprächspartner weist auf seine Verwurzelung in Hagen hin. „Ich bin examinierter Altenpfleger“, sagt Harbal.
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Gefühltes Miteinander
Sie machen alle auf ihre Herkunft aufmerksam, weil sie die Gegensätze aufzeigen wollen. Ja, es gebe ein Nebeneinander vieler Kulturen in Hagen. Aber auch ein Miteinander? „Wenn ich in die Moschee komme“, sagt Samir Harbal, „dann fühle ich dieses Miteinander. Hier sind auch Deutsche, Ägypter oder Polen. Vielfalt ist das.“
Genau diese Nische aus Vielfalt und Gegensatz will die Polizei bestreifen, um mal im behördlichen Bild zu bleiben. „Das ganze soll ja keine PR-Aktion sein“, hatte der Kontaktbeamte Michael Siemes schon im Vorfeld gesagt, „wir machen das nicht, um in der Öffentlichkeit gut da zu stehen, sondern weil wir gerade in einer Stadt wie Hagen von der Wichtigkeit überzeugt sind. In Zeiten, in denen Populismus und auch Extremismus zunehmen, ist es wichtig, den Kollegen solch ein Angebot zu machen. Wer in einer Stadt mit solch einem hohen Migrantenanteil arbeitet, für den kann es nur gut sein, sich mit den Menschen zu beschäftigen.“
Menschen in den Uniformen
Andersrum aber auch. Wer aus ferneren Kulturkreisen stammt und Polizei vielleicht mit Gewalt, überbordender Autorität oder Vollstreckung gleichsetzt, kann bei etwas so simplem wie einem Tee erfahren, dass die, die da in den blauen Uniformen stecken letztlich das Gleiche sind: Menschen, Hagener Jungs und Mädchen. „Deswegen sollten wir das öfter machen“, sagt Abdullah Ryare, Vorsitzender der Moschee an der Fehrbelliner Straße.
Der rund zweistündige Austausch vor der Moschee, der im Zuge der Internationalen Wochen gegen Rassismus initiiert worden war, stellt ein integratives Projekt der Hagener Polizei zur „Förderung des Austausches zwischen Migranten, hier vor allem Muslimen, und Polizeibeschäftigten dar.“
Eine Behörde zeigt Gefühle
Das ist extrem bemerkenswert. Die Polizei ist ein Exekutivorgan, handelt nach klaren rechtlichen Vorgaben, stellt öffentliche Sicherheit und Ordnung her. Eine Aktion wie „Tea with Cops“ ist etwas, das starre Behörden eigentlich nicht tun. Es geht um Gefühle und Sensibilität. Die Hagener Polizei erklärt in diesem Zusammenhang über sich selbst: „Auf Seiten der Polizei bietet sich im Gegenzug die Möglichkeit, die eigene interkulturelle Kompetenz zu stärken und einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Es soll die klare Botschaft gesendet werden, dass sich die Polizei Hagen gegen Rassismus positioniert. Sie begreift dabei Menschen mit anderer Herkunft als wichtigen Teil der Gesellschaft und geht direkt auf sie zu.“
Hemmschwellen wurden abgebaut
Die Polizei will dranbleiben. „Hemmschwellen konnten so abgebaut und Kontakte geknüpft werden. Deswegen ist eines schon jetzt ganz klar: Die Veranstaltung wird schon sehr bald an anderer Stelle eine Fortsetzung finden. Dabei ist sie nicht begrenzt auf Muslime, sondern kann sich auch andere Migrantengruppen richten“, erklärt die Pressestelle. Der Tee bleibt das verbindende Element. Miteinander statt Gegensatz.