Hohenlimburg. In Hohenlimburg trafen sich Betroffene der Brücken-Sperrung bei Lüdenscheid. Allein Waelzholz beziffert Kosten in fünfstelliger Höhe pro Monat

Wirtschaftliche Schäden, Standortnachteile, genervte Pendler – bei einem Infoabend über die Folgen der gesperrten A45-Brücke bei Lüdenscheid machten sich Geplagte im Hohenlimburger Bürgersaal Luft – von dem Prokuristen von Waelzholz über den Arbeiter bei Thyssenkrupp bis zum Pendler. Auf Einladung von SPD-Landtagskandidat Wolfgang Jörg kamen neben den Gewerkschaftern Jens Mütze (IG Metall) und Stefan Marx (DGB) auch der Lüdenscheider Bürgermeister Stefan Wagemeyer, um in einer Gesprächsrunde das Thema zu beleuchten.

+++ Lesen Sie auch: Abriss: A45-Brücke bei Lüdenscheid nie wieder befahrbar +++

Bürgerbeauftragter will Mut machen

Als Bürgerbeauftragter auf dem Weg zum Brücken-Neubau ermutigte Stefan Wagemeyer das versammelte Publikum, die kaputte Brücke mit all ihren Folgen auch als Chance zu sehen, neue Verkehrskonzepte gemeinsam zu entwickeln. Ein Ansatz, an den auch Woflgang Jörg anknüpfte: Er beklagte, vom Informationsfluss weitgehend abgenabelt zu sein, und forderte daher regelmäßige „Brücken-Konferenzen“. Derweil machten Stimmen aus Industrie und Bürgerschaft deutlich, dass die Folgen der gesperrten A45-Brücke bei Lüdenscheid vielfältig sind.

Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer wirbt im Hohenlimburger Bürgersaal dafür, die Probleme bei der Rahmedetalbrücke auch als Chance zu sehen. Im Hintergrund: Die Gesprächsrunde um (von links) SPD-Landtagskandidat Wolfgang Jörg (SPD), Jens Mütze (IG Metall) und Stefan Marx (DGB).
Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer wirbt im Hohenlimburger Bürgersaal dafür, die Probleme bei der Rahmedetalbrücke auch als Chance zu sehen. Im Hintergrund: Die Gesprächsrunde um (von links) SPD-Landtagskandidat Wolfgang Jörg (SPD), Jens Mütze (IG Metall) und Stefan Marx (DGB). © WP Hagen | Marcel Krombusch

Wirtschaftlicher Schaden bei Waelzholz

Für das Unternehmen C. D. Waelzholz und seine Kunden bedeute die Sperrung der Brücke rund 50.000 Euro wirtschaftlichen Schaden pro Monat, bezifferte Michael Bösbeck, Prokurist beim hiesigen Kaltwalzunternehmen. Denn Waelzholz beliefere viele Kunden mit Sitz in Süddeutschland und die gesperrte Brücke bedeutet lange Umwege.

Pendeln zwischen Standorten erschwert

Für das Unternehmen aber nur ein Aspekt des Problems. „Wir haben in den letzten Monaten drei Absagen bekommen allein wegen der Verbindung“, so Bösbeck. Dazu werde das Pendeln und Versetzen von Mitarbeitern zwischen den Waelz­holz-Standorten in Plettenberg und Hagen erschwert.

+++ Lesen Sie auch: Gesperrte A45-Brücke: Bahn oder Auto – Wer ist schneller? +++

Abwanderung von Fachkräften befürchtet

Hier legt auch Bayram Bahar den Finger in die Wunde. Er ist im Betriebsrat von Thyssenkrupp Federn und Stabilisatoren in Oege. Nachdem die Konzernzentrale in den vergangenen Jahren die Werke in Werdohl und Olpe geschlossen hatte, kamen viele Kollegen in Oege unter und pendeln seither aus dem Sauerland nach Hohenlimburg.

„Die Sperrung ist ein Tagesthema bei uns und es gibt Mitarbeiter, die überlegen auch zu kündigen“, warnt Bahar vor dem Verlust von qualifizierten Mitarbeitern für den Standort in Oege. Die Botschaft der Betriebe ist klar: Es muss eine neue Brücke an der Autobahn 45 in Lüdenscheid her, und zwar schnell. Michael Bösbeck, C.D. Waelzholz: „Fünf Jahre ist für ein Unternehmen keine Perspektive.“

+++ Lesen Sie auch: Abrissreife A45-Brücke wird zum Weckruf für ganz Deutschland +++

Anlieger ächzen unter Verkehr

Doch nicht nur die Industrie ächzt unter der gesperrten Brücke. So rollen nun täglich Kolonnen von Autos über Umleitungen, die teils direkt durch Wohngebiete führen. ,,Da waren auf einmal 65.000 Fahrzeuge, die plötzlich durch die Stadt rollen. Es war der absolute Verkehrsinfarkt“, blickt Sebastian Wagemeyer, Bürgermeister von Lüdenscheider, zurück. Die Probleme reichten von Lärmbelästigung und Straßenschäden bis hin zum Wertverlust von Immobilen, die sich direkt an den Umleitungsstraßen befinden. Gestern stellte er fest: ,,Nach dreieinhalb Monaten ist viel passiert und es ist an vielen Stellschrauben gedreht worden. Das ganze Ausmaß ist aber trotzdem nicht klar.‘‘

Attraktivität der Region sinkt

Von Hohenlimburg geschaut, merkt Martin Haurand die Folgen sehr direkt. Der Hohenlimburger pendelt mit dem Auto zur Arbeit nach Lüdenscheid. Dabei sind es nicht nur die Blitzer an der Fahrtstrecke, die ihm Sorgen bereiten. Auch die Attraktivität der Region für Fachkräfte sinkt. „Mein Sohn ist Werkstoffprüfer und hat in Lüdenscheid gearbeitet. Er fängt nun eine neue Stelle in Schwerte an.“

Probleme gemeinsam anpacken

Der Tenor des Abends war klar: Diese Brücken-Sperrung betrifft alle – auch in Hagen. Austausch sei hier entscheidend, meint Sebastian Wagemeyer, Bürgermeister von Lüdenscheid. „Ich tausche mich immer mal wieder mit dem Hagener Oberbürgermeister aus. Aber ich glaube es wäre sinnvoll, dieses Thema, auch mit den anderen Bürgermeistern an der Volme intensiver zu bespielen.“

So stehe die Frage an, wie die Umleitungsstrecke der Bundesstraße 54 ausgestaltet werden soll. Im Hohenlimburger Bürgersaal riefen die Akteure auf der Bühne zum Schulterschluss auf. „Wir haben den Vorteil, dass es in dieser Sache eine Geschlossenheit gibt“, konstatierte Wagemeyer, „Jeder will eine Brücke.“ Auch in Hagen.

Der SPD-Landtagskandidat Wolfgang Jörg brachte daher eine „Brückenkonferenz“ ins Spiel, die sich alle sechs Monate oder jährlich treffen solle. „Kommunikation scheint mir eine entscheidende Größe, um nicht immer über Stille Post zu agieren.“