Wehringhausen. Ein Gespräch mit zwei engagierten Ehrenamtlichen vom Nachhaltigkeitszentrum über Nachhaltigkeit, Klimaschutz in der eigenen Stadt – und Projekte.
Nachhaltigkeitszentrum. Die großen Holzbuchstaben über der Tür sagen eigentlich schon aus, was sich im Kern dahinter befindet. Aber welche Projekte und Ideen hier angestoßen werden, mit wie viel Engagement und vor allem ehrenamtlich hier die Arbeit läuft, das erfährt man erst bei einem Besuch in der Bismarckstraße. Roman Krüger und Jessica Bönn haben heute Umsonstladen-Dienst. Ein Gespräch mit zwei engagierten Ehrenamtlichen über Nachhaltigkeit, Klimaschutz in der eigenen Stadt – und Projekte im Viertel.
Wir sitzen hier im Nachhaltigkeitszentrum, wohlgemerkt dem ersten von Hagen. Welche Rolle spielen Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Ihrem persönlichen Leben?
Jessica Bönn: Ich besitze kein eigenes Auto und erledige so gut wie alles über Fahrten mit Bus und Bahn. Ich achte darauf, nur Second-Hand oder fair gehandelte Kleidung zu kaufen, wir ernährend uns vegan oder hauptsächlich von Bio-Lebensmitteln und achten auf Regionalität. Natürlich kann nicht alles immer hundertprozentig nachhaltig sein. Aber man kann schon mit diesen alltäglichen Dingen einen Unterschied machen.
Roman Krüger: Für mich ist das Thema Nachhaltigkeit enorm wichtig. Ich versuche, mein komplettes Leben danach umzustellen, betreibe einen veganen Cateringdienst und stelle auch privat mein Leben auf den Prüfstand, versuche ressourcenschonend zu handeln. Ich habe kein Auto, gehe fast immer zu Fuß oder fahre Rad. Ich nutze mein E-Bike, die Bahn und bin gerade dabei, mit anderen Bewohnern vor Ort ein Shared-Mobility Konzept zu etablieren. Dann merkt man schnell: in so vielen Bereichen ist weniger mehr. Unser grundsätzliches Ziel mit Kampagnen und Projekten ist, das Hagen klimaneutral wird.
Und das halten Sie für realistisch?
Roman Krüger: Ja. Sonst würde ich nicht hier im Nachhaltigkeitszentrum sitzen. Vor allem der Aufbau Erneuerbarer Energien kann entscheidend dazu beitragen.
Was genau macht denn so ein Nachhaltigkeitszentrum? Und wie sieht die Arbeit aus?
Jessica Bönn: Wir haben hier in Wehringhausen den Umsonstladen, den Leihladen, eine offene Werkstatt und bieten verschiedene Projekte oder auch Yoga-Kurse in unserem Multifunktionsraum an. Im „Umsola“ nehmen wir Dinge an, die noch Ordnung sind aber nicht mehr gebraucht werden. Sie können dann bei uns im Laden anprobiert und von anderen kostenlos mitgenommen werden.
Roman Krüger: Dadurch spart man nicht nur Ressourcen sondern tut auch etwas Gutes. Gerade aktuell erleben wir, dass viele Kriegsflüchtlinge zu uns kommen, um sich hier mit einigen Sachen einzudecken. Im Leihladen wiederum können Dinge, die nur zu seltenen Anlässen gebraucht werden, gegen einen kleinen Betrag ausgeliehen werden. Unsere Offene Werkstatt ist aktuell noch im Aufbau – sie soll kreative Handwerksarbeiten im Quartier ermöglichen, hier darf man werkeln und sich ausprobieren.
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Spricht die Arbeit eher einen kleinen Kreis oder schon die breitere Bevölkerung an?
Jessica Bönn: Vorher waren vor allem Stammgäste natürlich aus dem Wehringhauser Quartier hier, oder Leute, für die Nachhaltigkeit in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielt. Die waren im Verhältnis stärker vertreten als Gäste. Aber wir erleben schon, dass sich das gerade verändert. Mittlerweile kommen wirklich Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft zusammen. Nachhaltigkeit ist kein abgehobenes Mittel- oder Oberschichtsthema, sondern eines, dass alle Gesellschaftsschichten bewegt.
Neben den Angeboten im Nachhaltigkeitszentrum machen Sie auch viel Projektarbeit, richtig?
Roman Krüger: Wir wollen Angebote für Kinder und Menschen aus dem Quartier schaffen. So haben wir zuletzt ein Upcycling-Puppentheater auf die Beine gestellt. Hier wurde mit den Kindern gebastelt, geprobt – und letztlich dann an der Pelmke unser Stück – coronabedingt unter freiem Himmel – aufgeführt. Das Projekt kam super an, und daran wollen wir anknüpfen.
Was ist denn als nächstes geplant?
Jessica Bönn: Wir haben gemerkt, dass die Kinder aus dem Viertel von solchen Projekten profitieren. Viele suchen nach Beschäftigung, und dafür wollen wir hier etwas anbieten. Ab April startet daher tatsächlich ein neues Kinder- und Jugendprojekt bei uns. Es hat den Namen „Das Klangensemble aus der Nachbarschaft“ und ist für Kinder zwischen 6 bis 12 Jahren. Wir werden einmal pro Woche Musikinstrumente aus Recyclingartikeln (alten Dosen, Eierschalen etc) bauen und Musikstücke komponieren. Die Musikinstrumente sollen dann – in Kooperation mit Kunst vor Ort – auch bemalt werden. Wir freuen uns schon auf den Start.
Was würden Sie sich für die Zukunft von Hagen wünschen?
Roman Krüger: Dass in Hagen die Nachhaltigkeit noch mehr in den Fokus rückt - was die Verkehrsplanung angeht, was Grünflächen, oder Projekte angeht. Extremwetterereignisse, wie zuletzt das Hochwasser, zeigen doch, dass es längst überfällig ist.
Jessica Bönn: Und weil wir in Zukunft weiter wachsen und neue Projekte auf die Beine stellen möchten, würden wir uns natürlich auch wünschen, dass wir weitere Ehrenamtliche finden, die unser ehrenamtliches Team hier mit unterstützen.