Roman Krüger lebt schon lange ein nachhaltiges Leben: Der Hagener kauft fast nichts, fährt kein Auto, fliegt nicht mit dem Flugzeug.

Ich kaufe nichts mehr, fast jedenfalls. Im vergangenen Jahr habe ich 20 Euro für Bremsbeläge an meinem Fahrrad ausgegeben. Das war es, abgesehen vom Essen, das ich im Bio-Markt kaufe – oder in Form von geretteten Lebensmitteln erhalte. Meine Möbel? Sind die, die andere nicht mehr brauchten. Meine Kleidung? Ist fair gehandelt oder aus dem Second-Hand-Laden.

Es geht nicht darum, nicht zu konsumieren. Aber es geht um einen anderen Lebensstil, um ein nachhaltigeres Leben, um die Schonung der Ressourcen unserer Erde. Ich möchte zeigen, dass es geht. Das ist manchmal ein Kampf, ja. Möglich, dass mich manche für einen Träumer und Weltverbesserer halten. Ich hatte schon immer Träume und Visionen, um diese Welt gerechter zu gestalten.

Ein Wandel in den Köpfen der Menschen

Ich mache das seit 14 oder 15 Jahren – und ich habe das Gefühl, dass mit der Fridays-for-Future-Bewegung das Momentum auf unserer Seite ist, dass sich gerade ein Wandel in den Köpfen der Menschen vollzieht. Und es muss weitergehen! Sich allein bewusst zu sein, das Falsche zu tun, reicht nicht aus. Es muss auf die Handlungsebene übertragen werden. Nur ein Bewusstsein für gewisse Problemlagen zu haben, reicht nicht aus.

Deswegen habe ich mit weiteren Hagenerinnen und Hagenern die Initiative Hatopia gegründet, eine vermittelnde und aktive Plattform, um aus der Vielfalt von Antworten eine gemeinsame Vision zu entwickeln. Vor ein paar Jahren haben wir mit einem Umsonstcafé angefangen. Dort werden jeden Sonntag gerettete Bio-Lebensmittel verkocht, die die Bauern bis zum nächsten Verkaufstag am Montag nicht mehr verkaufen könnten. Wir retten die Lebensmittel quasi vor der Tonne. Je nach Angebot des Bauern gibt es so jeden Sonntag ein unterschiedliches Menü. Das funktioniert und wird super angenommen, das ist cool.

Betreiber eines Umsonstladens

Seit zwei Jahren bin ich zudem Betreiber des Umsonstladens in Hagen. Dort nehmen sich die Menschen, was sie brauchen, völlig kostenlos: Familien aus Wehringhausen, die Bedarf haben, Studenten, die einen alternativen Lebensstil pflegen. Es läuft wunderbar. Jeden Tag kommen neue Kartons herein mit Sachen, die die einen nicht mehr benötigen, und andere dringend brauchen. Der Laden wird komplett ehrenamtlich getragen.

Mit 17 fing das bei mir alles an. Der leidenschaftliche Vortrag eines grünen Politikers brachte mich zum Nachdenken. Das war der erste Schritt, der Rest ein Selbstläufer. Ich ernährte mich irgendwann vegetarisch, dann vegan. Ich will wissen, wo mein Essen herkommt. Ich habe kein Auto, sondern fahre Fahrrad, geflogen bin ich noch nie. Mit all diesen Themen setze ich mich bis heute auseinander. Ich will Lösungen finden für die gesellschaftlichen Herausforderungen. Ich will zeigen, dass es geht.

Das Umfeld zu nachhaltigerem Leben animieren

Manchmal sind die Anforderungen an einen Umwelt-Aktivisten auch etwas fordernd. Wenn ich irgendwo das Licht brennen lasse, dann gibt’s schonmal ‘nen Spruch. Die Leute gehen auf Fehlersuche. Aber das tue ich ja auch manchmal. Natürlich versuche ich mein Umfeld zu nachhaltigerem Leben zu animieren. Nicht mit missionarischem Eifer, aber doch hin und wieder. Der eine oder andere kann aber nachvollziehen, dass es das Leben nicht bereichert, wenn man ständig im Flugzeug sitzt.

Ich nehme andere Wege. Ich war in Spanien, mit dem Fahrrad. Dieser Trip bescherte mir die wirklich bewegende und skurrile Momente. Weil meine Boxershorts durchgescheuert war, habe ich in meiner Not eine neue kaufen müssen. Schweren Herzens in einem Sportladen. Das einzige nicht fair produzierte Kleidungsstück, das ich in den vergangenen zehn Jahren gekauft habe.

Einkauf im Bioladen ist normaler geworden

Wenn ich überlege, wie es vor einigen Jahren war, wenn ich im Restaurant sagte, dass ich vegan esse, dann hat sich viel getan. Der Einkauf im Bio- oder im Hofladen ist selbstverständlicher und normaler geworden. Aber ohne die Politik wird es nicht gehen. Doch die bewegt sich zu wenig. Es ist ein Kampf gegen die Strukturen – oft sinnstiftend, manchmal auch frustrierend.