Menden. Geimpfte zweifeln an, dass die umstrittenen Tests im Mendener Impfzentrum überhaupt genutzt wurden. Staatsanwaltschaft schließt ihre Prüfung ab.

Gegen das Mendener Impfzentrum werden neue Vorwürfe laut. Schon, bevor das Ergebnis der Corona-Tests vorlag, sei geimpft worden, kritisieren Geimpfte. Betreiber Dr. Walter Blaß hatte die Test für medizinisch unbedingt erforderlich erklärt, um zu vermeiden, dass in eine akute Infektion hineingeimpft werde. Kollegen werfen ihm Geschäftemacherei und sogar Nötigung vor. Blaß weist den Vorwurf zurück. Er sagt ausdrücklich, dass die Wartezeit ausreichend sei.

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Weniger als 15 Minuten vergangen? Betreiber: So schnell sind wir gar nicht

In der Redaktion haben sich zwischenzeitlich mehrere Geimpfte gemeldet, die beklagen, dass noch nicht einmal das Testergebnis vor der Impfung abgewartet worden sei. Zwischen Test und Impfung seien teils deutlich weniger als die 15 Minuten vergangen, die auf ein Ergebnis gewartet werden müsse. Das Ergebnis sei erst ganz zum Ende ausgehändigt worden. Sie unterstellen deshalb, dass der Test aus reiner Profitgier gemacht werde und die Begründung, dass eine bestehende Infektion unbedingt ausgeschlossen werden müsse, nur vorgeschoben sei.

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„Ich kann es mir nicht vorstellen, dass wir so schnell sind, dass jemand vor dem Ablesen des Ergebnisses geimpft wird“, sagt Blaß auf Nachfrage. Tatsächlich sei es so, dass im Hintergrund der Test verarbeitet werde, während beispielsweise schon das ärztliche Aufklärungsgespräch geführt wird. Dagegen spreche auch aus seiner Sicht nichts. Und das Testzertifikat könne man ohnehin auch nach der Impfung überreichen.

Arzt: Ergebnis von Tests deutet sich schon sehr früh an

Davon abgesehen, stelle man sehr schnell fest, ob ein Schnelltest ein mutmaßlich positives Ergebnis liefere. „Sollte auch nur Ansatzweise der Balken hochziehen, werden diese Menschen den Saal gar nicht betreten“, erklärt Blaß. Unter allen Tests sei bislang noch kein positiver gewesen. Das private Impfzentrum ist während der kompletten Woche auch gleichzeitig ein Testzentrum. Die Tests werden als Bürgertests abgerechnet.

Im Impfzentrum ist jetzt niemand, der geimpft werden will, mehr verpflichtet, einen Test zu machen. Trotz eines weiter großen Andrangs bei den Impfungen, möchte offensichtlich auch nur noch eine Minderheit den Test. „30 Prozent haben mitgemacht, die anderen nicht“, sagt Blaß. Wer den Test mache, unterschreibe jetzt eine anwaltlich formulierte Erklärung, dass der Test freiwillig gemacht werde. „Bislang war es so, dass wir die Menschen mündlich aufgeklärt haben. Das machen wir jetzt schriftlich“, sagt Dr. Walter Blaß.

Die Staatsanwaltschaft hat nach den in der WP durch Dr. Gregor Schmitz öffentlich erhobenen Vorwürfen und des Nötigungsverdachts den Vorgang geprüft. Alleine aufgrund dieser Berichterstattung sehe er noch „keine ausreichenden Anhaltspunkte“, um Ermittlungen in der Sache einzuleiten. Auch eine Strafanzeige gegen Blaß liege bislang nicht vor. Die Staatsanwaltschaft könnte von Amts wegen Ermittlungen einleiten. „Ich sehe keinen Anfangsverdacht“, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Poggel.

Booster und Erstimpfungen: Weiter hohe Nachfrage im privaten Impfzentrum

Nach der Bewertung der Staatsanwaltschaft habe jeder Geimpfte ja die Möglichkeit, sich auch an anderer Stelle impfen zu lassen. Auch den Test könne man – soweit man sogar unterstelle, dass dieser wirklich erforderlich sei – woanders machen. Damit alleine sehe er den Straftatbestand der Nötigung („Drohung mit einem empfindlichen Übel“) aktuell nicht erfüllt. Poggel schränkt ein, dass sich diese Einschätzung noch ändern könne, wenn beispielsweise über eine Anzeige noch dezidierte Gründe vorgelegt werden.

Die Nachfrage im Impfzentrum ist offensichtlich weiter hoch: Am Mittwoch seien gut 400 Menschen dagewesen. Am Samstag waren es 600. Auch jetzt sei die Nachfrage weiter hoch, sagte Walter Blaß am Freitag. Am Samstag soll bis 18 Uhr geimpft werden. Die Wartezeiten am Eingang seien dabei sehr moderat: „Im Moment sieht es gut aus.“

Die Debatte über die Vorwürfe gegen die Betreiber des Impfzentrums hatte hohe Wellen geschlagen. Etliche Mendener forderten neben aller Kritik, dass man bei der Abrechnung ein Auge zudrücken müsse, solange das Ziel der schnellen Impfung erreicht werde.