Hagen-Mitte. Die Volmeflut richtet große Schäden im Brautmodengeschäft Veroonica in Hagen an. Die Schlammkleider werden jetzt für den guten Zweck verkauft.

Nicole und ihre Mutter Edith Rauhuth haben sich bereits am frühen Samstagmorgen aus Düsseldorf auf den Weg nach Hagen gemacht. „Wir haben nur die Bilder im Fernsehen gesehen. Das hat uns schockiert. Als wir jetzt durch die Stadt gefahren sind waren wir einfach nur sprachlos...“, weiß Nicole Rauhuth gar nicht, wie sie Worte für die Müllberge, zerstörte und staubige Straßen finden soll, die auf der Autofahrt am Fenster vorbeigezogen sind. Sie sind hier, um zu helfen. Zumindest einen kleinen Beitrag wollen sie leisten.

Im Brautmodengeschäft „Hochzeit Deluxe by Veroonica“ erinnert heute nichts mehr an den prunkvollen Laden vor ein paar Wochen. Der Boden ist komplett rausgerissen und von einer feinen Staubschicht überzogen, vor dem Geschäft türmen sich Müllberge, die Kleider an der Stange, die heute nur gegen eine kleine Geldspende verkauft werden, haben braune Schlammränder am Saum. „Von den 500 Kleidern im Geschäft konnten wir gerade einmal die Hälfte vor dem Wasser retten“, sagt Inhaberin Urszula Strzelczyk. 200 Kleider mussten sie ganz wegwerfen. „Sie waren komplett durchnässt und schlammig. Da war nichts mehr zu retten“, betont auch ihre Tochter Weronika. Nach der langen Corona-Pause ein weiterer herber Rückschlag für das Hagener Brautmodenstudio.

Renovierung wird dauern

Erst vor ein paar Wochen konnte Urszula Strzelczyk ihr Geschäft nach dem Lockdown überhaupt wieder für Brautberatungen öffnen. Gerade erst kam sie von einer Messe zurück – mit der neusten Kollektion. Und dann kam die Volmeflut. Flutet den Keller und die Verkaufsräume. Das Wasser macht auch vor den weißen Kleidern keinen Halt. Mit einem Transporter können Mitarbeiter noch gut die Hälfte in Sicherheit bringen, bevor die Wassermassen am Mittwochabend das Geschäft erreichen. „Priorität hatten dabei die bereits gekauften Kleider von Kundinnen, die bald heiraten wollen“, erklärt Weronika Strzelczyk.

Den Rest müssen sie zurücklassen. Und hoffen. Denn irgendwann wird es im Laden zu gefährlich: „Der Strom ist ausgefallen. Man konnte nicht absehen, wie sich die Situation weiter entwickelt und ob man noch mal hier wegkommt. Kurz später wurde dann die Straße gesperrt“, sagt Urszula Strzelczyk, die sofort ihren Polen-Urlaub abgebrochen hat, als sie die ersten Bilder aus Hagen sah. „Wir werden Monate brauchen, um hier alles wieder hinzukriegen“, denkt die Inhaberin an die große Herausforderung, die ihnen nun bevorsteht. „Aber wir haben einen tollen Vermieter, der uns dabei unterstützt.“

Zurück zum Mutter-Tochter-Gespann aus Düsseldorf. Nicole Rauhuth probiert ein weißes trägerloses Brautkleid an. Inmitten von Staub und Zerstörung. „Die Kleider, die nur wenig betroffen waren, verkaufen wir jetzt gegen eine kleine Spende“, erklärt die Beraterin Andrea Esser, während sie der Braut vorsichtig die noch strahlend weißen Samthandschuhe reicht, die von Schlamm und Wasser verschont blieben. Die Schlammspuren am Kleid können mit einer aufwendigen chemischen Reinigung beseitigt werden. „Zum Normalpreis verkaufen können wir die betroffenen Kleider aber nicht mehr“, erklärt die Brautmoden-Expertin. Daher starten sie nun die Spenden-Aktion.

Zur Hälfte für die neue Kollektion

Die Hälfte der Einnahmen soll in die neue Kollektion fließen, die andere Hälfte für einen guten Zweck – zur Unterstützung von Hochwasseropfern in Hagen – gespendet werden. „Das Angebot wurde bislang wirklich gut angenommen“, freut sich Urszula Strzelczyk über die Hilfsbereitschaft nicht nur aus Hagen sondern auch weit über die Stadtgrenzen hinaus. Auch am Montag will sie daher ihr Geschäft für den Schlammkleider-Abverkauf noch einmal öffnen – von 16 bis 19 Uhr.

Und zumindest Nicole Rauhuth kann das Geschäft glücklich verlassen – mit einem neuen Brautkleid. Ein Schlamm-Unikat. „Ich brauchte ohnehin ein Brautkleid für ein Fotoshooting. Umso schöner, wenn ich mit meinem Beitrag jemandem helfen kann. Auch wenn es vergleichsweise nur ein kleiner Beitrag ist...“, sagt die Düsseldorferin.

Und auch für die Inhaberin gibt es einen kleinen Lichtblick. Im Gewerbegebiet im Lennetal hat sie bereits Räume gefunden, die sie übergangsweise als Verkaufsraum und für die Lagerung nutzen kann: „Vor Ort müssen nur noch einige Restarbeiten erledigt werden, bevor wir dort starten können. Parallel laufen hier dann die Aufräumarbeiten.“