Breckerfeld. Zwei Bomben werden auf einem Feld in Breckerfeld gefunden. Vermutlich sind sie beim ersten großen Luftangriff auf Hagen abgeworfen worden.

Und dann knallte es. Laut. Richtig laut. Nicht, weil es zu einer Explosion gekommen war. Sondern weil der Mulcher die Bombe erst an die Erdoberfläche geschleudert und dann mit Wucht gegen das Gehäuse des Geräts geknallt hatte. Rüdiger Arnhold, Rentner aus Breckerfeld, hielt am Samstag auf seinem Traktor kurz inne, blickte sich nach hinten um, und sah Rauch aufsteigen.

Arnhold wollte zusammen mit Theo Kleinhofer einen Streifen zwischen zwei Feldern in der Nähe von Zurstraße bearbeiten. Eine Wildwiese soll hier entstehen, Insekten und Hasen ein Zuhause geben. Der ungewöhnliche Vorfall aber rief die Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr Breckerfeld und den Kampfmittel-Beseitigungsdienst auf den Plan.

Phosphor qualmt am Boden

Der Mulcher hatte eine Weltkriegsbombe an die Oberfläche befördert. „Es handelte sich um eine Phosphorbombe“, erzählt Arnhold, „der Mulcher hat sie aufgerissen. Der Inhalt hat reagiert. Es fing sofort an zu qualmen.“

Diese Bombe förderte Rüdiger Arnhold in Breckerfeld ans Tageslicht.
Diese Bombe förderte Rüdiger Arnhold in Breckerfeld ans Tageslicht. © Feuerwehr Breckerfeld | Feuerwehr Breckerfeld

Kleinhofer alarmierte die Feuerwehr. Aber der Stoff, der sich in der Zwischenzeit auf ein paar Quadratmetern verteilt hatte, begann immer wieder von neuem zu brennen. „Ich habe schließlich einen Metallcontainer auf das Feld gebracht“, erzählt Arnhold, „darin ist brennende Erde gelandet.“

Zweiter Einsatz in der Nähe

Drei große Luftangriffe auf Hagen

Auf die Stadt Hagen wurden im Verlauf des Zweiten Weltkriegs insgesamt drei große Bombenangriffe geflogen.Der erste davon war am 1. Oktober 1943, der zweite am 2. Dezember 1944, der dritte am 15. März 1945. Dabei wurde der Hochbunker an der Hochstraße zerstört. Rund 400 Menschen, die dort Schutz gesucht hatten, kamen durch den Treffer ums Leben.Insgesamt starben tausende Hagener durch die Angriffe der Alliierten.Der Historiker Dr. Ralf Blank hat diesen schwarzen Tage in seinem Buch „Hagen – 15. März 1945“ nachgezeichnet.

Doch kaum waren die Kräfte des Kampfmittel-Beseitigungsdienstes abgerückt, konnten sie auch wieder kehrt machen. Denn in unmittelbarer Nähe tauchte auch noch eine Stabbrandbombe aus dem zweiten Weltkrieg auf. „Erst am Wochenende haben zwei Jugendliche eine weitere Bombe gefunden“, erzählt Kleinhofer. „Rund um Zurstraße gibt es viele Bombentrichter.“

Das deckt sich mit Erzählungen älterer Breckerfelder, dass es auf der Höhe zum einen Flakstellungen und zum anderen sogenannte Scheinanlagen gegeben hat. Eine Erkenntnis, die der Historiker Dr. Ralf Blank bestätigen kann. „Solche Anlagen wurden eingerichtet, um die feindlichen Bomber von ihren eigentlichen Zielen abzulenken“, erklärt Blank, der in Hagen den Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt leitet und intensiv über die Zeit der Nazi-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs geforscht und publiziert hat.

Feuer sollten Besatzung irritieren

So seien auch im Bereich Zurstraße Feuer in verschiedenen Farben auf dem Boden entzündet, die die Zielmarkierungen, an denen sich die Besatzungen der Flugzeuge orientierten, imitieren sollten. „Die Scheinanlage im Bereich Zurstraße sollte die alliierten Flieger von den Klöckner-Werken in Haspe abhalten“, erklärt Ralf Blank. „Diese Scheinanlagen wurden häufig in der Nähe von Geschützen errichtet.“

Dass sie in diesem Fall allerdings dazu führten, dass die beiden Bomben vor mehr als 75 Jahren auf der Wiese in Zurstraße abgeworfen wurden, hält der Historiker nicht für sonderlich wahrscheinlich. „Beim ersten Luftangriff auf Hagen am 1. Oktober 1943 lag eine dichte Wolkendecke über der Stadt“, so Ralf Blank, „die Besatzungen konnten ihre Ziele kaum ausmachen. Das hatte eine sehr breite Streuung zur Folge. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bomben von diesem Angriff stammen, halte ich für relativ hoch.“

Keine gezielten Angriffe auf Bauernhöfe

Eine mögliche weitere Erklärung: Bomben, die während der Angriffe nicht genutzt worden waren, wurden auf dem Rückflug einfach abgeworfen. Auch von einem solchen Flieger, der nach einem Angriff auf die Städte des Ruhrgebiets zurückkehrte, könnten die Bomben stammen. „Gezielt wurden sie jedenfalls kaum über einem Bauernhof abgeworfen“, so Blank.

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Nach dem Fund hat sich Andreas Bleck, Leiter des Ordnungsamtes Breckerfeld und Chef der Freiwilligen Feuerwehr, mit der Bezirksregierung Arnsberg in Verbindung gesetzt. Experten des Landes haben Luftbilder, die Piloten im zweiten Weltkrieg über dem Areal gemacht haben, noch einmal gezielt untersucht. „Dabei ging es vor allem darum, ob es möglicherweise in der Umgebung weitere Bomben unter der Erde geben kann“, so Bleck. Darauf allerdings gibt es – so das Ergebnis der Analyse – keinerlei Hinweise. „Man geht von einem Einzelfund aus.“