Menden. Nach der Vermittlung von Fundhund Lui ist Tiertrainerin Janine Rau in großer Sorge – und enttäuscht von der Stadt. Daraus zieht sie Konsequenzen.

Eigentlich eine schöne Nachricht: Ein einst ausgesetzter Hund, der lange in einer Tierpension untergebracht war, hat ein neues Zuhause gefunden. Doch die Mendener Hundetrainerin, die lange mit dem Tier gearbeitet hat, ist in großer Sorge.

Der heute etwa zweieinhalb Jahre alte Lui – mutmaßlich ein Schäferhund/Altdeutscher Hütehund – wurde vor etwa eineinhalb Jahren herrenlos in der Asbeck aufgegriffen. Als seine Besitzer nicht ermittelt werden konnten, quartierte die Stadt Menden ihn als Fundhund im Hundezentrum Rau auf der Platte Heide ein.

Hundetrainerin Janine Rau mit Archie (links) und Lui. Lui lebte etwa eineinhalb Jahre dort. Für Archie wird weiterhin ein neues Zuhause gesucht.
Hundetrainerin Janine Rau mit Archie (links) und Lui. Lui lebte etwa eineinhalb Jahre dort. Für Archie wird weiterhin ein neues Zuhause gesucht. © WP Menden | Corinna Schutzeichel

Kraftpaket testet gerne mal die Grenzen aus

Lange Zeit schlugen alle Vermittlungsversuche fehl – wohl auch, weil der körperlich kräftige Hund gerne mal Grenzen austestet und sehr temperamentvoll ist. Nun teilt das Ordnungsamt der Stadt Menden mit, dass Lui über ein soziales Tierschutzportal im Internet an eine Familie aus Bayern vermittelt worden sei. „Die Familie hat Hundeerfahrung, das hat gut gepasst“, erklärt Claudia Hafrung vom Ordnungsamt. „Wir sind zusammen mit dem Hund gelaufen, das war wirklich schön, das zu sehen.“ Auch erste Rückmeldungen der Familie aus Bayern, wo Lui nun lebt, seien positiv.

+++ Das sind Lui und Archie +++

Janine Rau, in deren Hundezentrum Lui bis zur Vermittlung lebte, freut sich einerseits für den Hund, dass er ein neues Zuhause gefunden hat, ist aber andererseits in großer Sorge. Denn die erfahrene Hundetrainerin stellte in der Arbeit mit Lui fest, dass das 40-Kilo-Kraftpaket konsequent geführt werden muss und dass ein neuer Besitzer Durchsetzungsfähigkeit braucht.

Lui stellt Führungsqualitäten immer wieder in Frage

Archie sucht weiterhin ein Zuhause

Im Hundezentrum Rau gibt es einen zweiten Langzeit-Gast, der weiterhin auf seine Für-immer-Familie wartet: Der elf Jahre alte Archie ist ein Shar-Pei-Mix. Ihn hatte die Stadt Menden einst beschlagnahmt und aus seiner damaligen Familie genommen. Seither lebt er im Hundezentrum Rau. Archie wurde zwischenzeitlich vom Verein „Tiere für Tiere“ übernommen, erzählt Janine Rau. Den Verein hatte die Mendenerin einst gegründet, um hierdurch Tiere zu unterstützen, deren Menschen sich aufgrund finanzieller oder gesundheitlicher Schwierigkeiten nicht angemessen um ihr Tier kümmern können. Janine Rau will durch die Übernahme von Archie durch „Tiere für Tiere“ verhindern, dass auch Archie ohne Rücksprache mit ihr vermittelt wird. Denn auch er sei kein einfacher Hund, so Janine Rau. Falls es passende Interessenten für Archie gibt, dann werde er über „Tiere für Tiere“ vermittelt. Ansonsten bleibe der Hund bei ihr, „solange er lebt“.

Als Lui als Fundhund in das Hundezentrum Rau gekommen sei, sei er „extrem impulsiv, aufgeregt und rastlos“ gewesen. „Durch den geregelten Ablauf, Auslauf, intensives Training und regelmäßige Beschäftigung entwickelte Lui sich zu einem gut führbaren und ausgeglichenen Hund“, stellt Janine Rau fest. Aber dennoch stelle das Tier „die Führungsqualitäten derer, die sich mit ihm beschäftigten, immer wieder stark in Frage“.

Im Laufe der Monate, schildert Janine Rau, habe es immer wieder teils gefährliche Situationen und Vorfälle gegeben, die „mich zu der Einschätzung kommen ließen, dass Lui kein Hund für jedermann ist.“ Sie hätte ihn deshalb nicht an eine Familie mit Kindern unter zwölf Jahren vermittelt, „das ist schon grenzwertig“, sagt Janine Rau, da Lui nun an eine Familie mit drei jüngeren Kindern vermittelt worden sei.

+++ Hieß Lui früher Theo? +++

Janine Rau, die auch den Verein „Tiere für Tiere“ gegründet und damit schon etlichen Vierbeinern und ihren Menschen geholfen hat, betont, dass es ihr bei der Vermittlung von Hunden sehr wichtig sei, „ehrlich und umfangreich zu beraten, mit dem Ziel ein dauerhaftes, passendes Zuhause für das Tier zu finden“. Dazu gehöre auch, dass sich Interessenten Zeit nehmen sollten, „um den Hund kennenzulernen und eine Entscheidung zu treffen“. Dies sei bei der aktuellen Vermittlung nicht der Fall gewesen, sie hätte sich eine längere Kennenlernphase gewünscht.

Keinen Kontakt zur interessierten Familie ermöglicht

Das Ordnungsamt habe ihr nicht einmal den Kontakt zur interessierten Familie ermöglicht: „Das hat mir richtig Bauchschmerzen gemacht“, sagt Janine Rau gegenüber der Westfalenpost. „Ich habe den Hund eineinhalb Jahre hier gehabt, habe mit ihm gearbeitet, trainiert, gelebt, ihn beschäftigt und ihn lieb gewonnen. Und dann krieg’ ich noch nicht mal einen Kontakt zu den Menschen, die ihn haben wollen.“

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Sie hätte ihr Wissen und ihre Erfahrung aus der Arbeit mit Lui gerne weitergegeben an die neuen Besitzer, „ich hätte die Leute gerne angeleitet, dass die da anknüpfen können. Ich fühle mich übergangen. Im Grunde war die ganze Arbeit für die Katz.“

Verantwortung für Menschen und Tiere

Als Vermittlerin habe sie nicht nur die Verantwortung für das Tier, sondern auch für die Menschen, die dieses in ihre Familie aufnehmen möchten. Lui sei zwar „zu Menschen freundlich, aber dennoch nicht zu unterschätzen“. Janine Rau hofft inständig, „dass sowohl Lui als auch die Familie glücklich miteinander werden“.

Keine Kooperation mehr mit dem Ordnungsamt

Aus den Umständen, wie Lui gegen ihren ausdrücklichen Rat vermittelt wurde, zieht Janine Rau nun Konsequenzen: „Ich werde die Kooperation mit dem Ordnungsamt auflösen und zukünftig keine Hunde mehr für unsere Stadt aufnehmen und versorgen.“

Würde Janine Rau denn Lui wieder aufnehmen, wenn bei seiner neuen Familie in Bayern alles schief gehen sollte? Da muss die Mendenerin nicht lange überlegen: „Er ist mir ans Herz gewachsen. Ich würde es nicht ertragen, wenn er ins Tierheim müsste.“