Arnsberg-Oeventrop. Vor dem Hintergrund neuer Gesetze: „In wenigen Tagen wäre ein solches Projekt an diesem Standort unmöglich geworden“, meint ein Bürger. Segelflieger in Not. Das sagt der HSK.
Ein Oeventroper fasst in Worte, was derzeit vielen Dorfbewohnern sauer aufstößt: Trotz der am 31. Januar 2025 verabschiedeten Bundes- und Landesgesetze zur Eindämmung des unkontrollierten Baus von Windenergie-Anlagen (WEA) - die u.a. von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz initiiert wurden - habe der HSK am 4. Februar zwei weiteren Anlagen in unmittelbarer Nähe von Oeventrop den Vorbescheid zur Genehmigung erteilt, so der Bürger (Name der Redaktion bekannt) gegenüber der WP. Ist jemandem ein Vorwurf zu machen?
Klar, das „Timing“ könnte man getrost als unglücklich bezeichnen; allerdings sind die eingangs erwähnten Bundesgesetze noch nicht rechtskräftig, die Entwürfe gehen am Freitag (14. Februar) zur Beratung und Verabschiedung an den Bundesrat. Und was den Vorbescheid angeht, beruft sich der Hochsauerlandkreis als Genehmigungsbehörde auf ablaufende Fristen: „Wir mussten nach erfolgter Prüfung genehmigen, eine Millionenklage drohte“, erklärt Martin Reuther auf Anfrage. Bereits am 31. Januar (nicht erst am 4. Februar, wie o.g.) habe man den Vorbescheid zur Genehmigung erteilt, so der Pressesprecher des HSK weiter.
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Alternativlos also? Definitiv jedoch „auf den letzten Drücker“ vor Inkrafttreten der restriktiveren Maßnahmen. Das ärgert viele Oeventroper: „In wenigen Tagen wäre ein solches Projekt an diesem Standort - durch die Veröffentlichung der neuen Gesetze, die eigentlich die Akzeptanz für die Energiewende sichern sollen - unmöglich geworden“, ist unser Gesprächspartner aus dem Dorf überzeugt - und legt nach: Umso bemerkenswerter sei „die bürokratische Präzision und Effizienz, mit der es die Stadt Arnsberg und der Kreis dennoch ermöglicht haben, das gemeindliche Einvernehmen sowie den Vorbescheid noch rechtzeitig zu erteilen“. Dies dürfte sehr zur Freude des lokalen Investors sein, mutmaßt der Kritiker - während die Oeventroper Bürger und ihre politischen Vertreter im Haupt- und Finanzausschuss unmündig zusehen mussten. Schlussfolgerungen, denen die Kreisverwaltung - wie bereits dargelegt - eine klare Absage erteilt. Fristen gelte es einzuhalten, ohnehin müsse sich der HSK aktuell bereits mit einem Antrag auf Verpflichtungsklage im Eilverfahren in Sachen Windenergie auseinandersetzen, sagt Martin Reuther.
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Hätte der Bund bei den Gesetzesvorlagen schneller agiert, wären zahlreiche Anträge - auch im HSK - wohl nicht mehr genehmigungsfähig gewesen. Doch was genau hat es eigentlich auf sich mit den „neuen Gesetzen“ zur Windenergie?
Das „Gesetz für mehr Steuerung und Akzeptanz beim Windenergieausbau“ basiert auf einer Initiative der Fraktion der CDU/CSU und wurde vom Deutschen Bundestag mit einigen Änderungen im ursprünglichen Entwurf am 31. Januar 2025 beschlossen. Es verfolgt das Ziel, die Steuerung des Windenergieausbaus insbesondere in der Phase laufender Planaufstellungsverfahren im Rahmen der Windgebietsausweisung abzusichern. Für den Ausbau der Windenergie ist ein abgestimmtes Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen unerlässlich. Dazu brauche es eine bundesrechtliche Lösung, heißt es dazu. Der Bundesrat hat am Freitag abschließend darüber beraten. Mehr dazu hier.
Auch Nordrhein-Westfalen regelt aktuell neu, wo künftig Windenergie-Anlagen aufgestellt werden dürfen. Dazu werden Regionalpläne geändert und um Vorrangzonen ergänzt. Abseits dieser Zonen sollen in Zukunft nur noch Windräder gebaut werden dürfen, wenn die betroffenen Kommunen sich ausdrücklich dafür aussprechen. Noch sind die Regionalpläne allerdings nicht rechtskräftig. Zahlreiche Windenenergie-Projektierer haben in den vergangenen Monaten Genehmigungsanträge gestellt, um sich zunächst Standorte sichern, die künftig wohl kaum noch Berücksichtigung finden werden...
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Stichwort Standorte: Die beiden geplanten neuen Windräder in Oeventrop haben eine Nennleistung von jeweils sieben Megawatt und eine Gesamthöhe von 245,5 Metern. Eine der beiden Anlagen, die am Hang nördlich von Dinschede - im Bereich des Dinscheder Bahnhofs - errichtet werden soll, habe einen Abstand von lediglich 685 Metern zur Wohnbebauung, kommt Kritik aus Reihen der Bevölkerung. Trotz dieses geringen Abstandes seien die Oeventroper Bürger nicht in das Genehmigungsverfahren eingebunden gewesen. Auch eine „optische Bedrängnis“ sei im bisherigen Verfahren nicht festgestellt worden. Das gängige Verfahren berechne den Mindestabstand der optischen Bedrängnis allerdings ausschließlich auf Basis der Nabenhöhe der Windenergie-Anlage und lasse die topografische Lage oberhalb der Bebauung außer Acht. Und es gibt weitere „Verlierer“:
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Existenzbedrohende Folgen für die Segelflieger
„Die zwei geplanten Windenergieanlagen stellen für den Luftsportclub (LSC) Oeventrop e.V. eine massive Einschränkung dar“, heißt es in der Vorlage zur kürzlich abgehaltenen jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Arnsberg, „da die Hauptwindrichtung Südwesten ist, nutzen die Segelflugzeuge die Thermik am Plackweg, um Höhe für ihre Flugzeuge zu generieren.“ Der LSC-Vorstand habe bereits ausgeführt, dass die westliche der geplanten Windenergieanlagen einen definierten Mindestabstand um ca. 250 Meter unterschreite. Der Segelflugverein sei zwingend darauf angewiesen, dass die Ausbildung von Flugschülern im Norden des Flugplatzes stattfindet, damit der Fluglehrer seine Schüler vom Boden aus beobachten kann. Eine Verlagerung nach Osten sei somit nicht möglich. Die WEAs schränkten die Platzrunde erheblich ein. Doch weil die Belange des Flugplatzes erst in einem Genehmigungsverfahren vertieft geprüft werden müssten (Bisher geht es ja um den Vorbescheid, Anm. d. Redaktion), „ist das gemeindliche Einvernehmen von der Stadt Arnsberg zu erteilen“, so die Stadtverwaltung Arnsberg. Dieser Schritt ist nun vollzogen.
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Was genau hat es denn dann mit dem Begriff Vorbescheid auf sich? Mit „Volkes Stimme“ ausgedrückt: Vorbescheid heißt zunächst einmal nur, es ist eventuell möglich, dass für den beantragten Standort eine Genehmigung zur Errichtung von Windenergie-Anlagen erteil werden könnte... Der Antragsteller verfügt demnach bislang lediglich über eine „Platzsicherung“. Gönnen wir abschließend dem HSK als Genehmigungsbehörde das - vorläufig - letzte Wort: „Im Vorbescheid-Verfahren war die Flugsicherung nicht Antragsgegenstand. Daher wurde die Bezirksregierung Münster (sie ist für alle Angelegenheiten rund um‘s Fliegen zuständig, Anm. d. Redaktion) nicht beteiligt. Wann und ob mit einem finalen Genehmigungsantrag zu rechnen ist, ist nicht bekannt.“
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