Arnsberg. Neue Netflix-Serie „Cassandra“ erreicht Millionenpublikum. Hülle der bedrohlichen Hauptfigur entstand als 3D-Druck im Betrieb in Arnsberg-Wennigloh.
Am Ortseingang im Arnsberger Bergdorf Wennigloh summen hinter den Mauern eines 100 Jahre alten Hauses am Ortseingang die 3D-Drucker. Hier ist der Betrieb Rapidprototyping von Matthias Könke zu Hause. Was hier entstand, kriegt aktuell weltweit ein Millionenpublikum zu sehen. In Arnsberg steht die Wiege der Roboterfigur Cassandra für die neue Netflix-Serie „Cassandra“, die in der vergangenen Woche angelaufen ist. „Das gesamte Gehäuse wurde hier produziert“, erzählt der Firmeninhaber.
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Im Betrieb verblieben ist der Kopf der Cassandra. Wie der Rest der lebensgroßen Figur ist der Kopf aus glasfaserverstärktem Kunststoff gedruckt worden. Er hat weder Augen noch Mund, sondern ein großes Feld für einen Bildschirm, aus dem heraus die Cassandra lacht. Das Lachen aber, das verrät bereits der Trailer zur Serie, vergeht allmählich allen.
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In der Kleinserie geht es über ein Smarthome aus den 70er-Jahren, das die komplette Kontrolle über ein Haus hat. „Der Roboter Cassandra entwickelt dabei sein Eigenleben“, erklärt die Produktionsfirma. In sechs Teilen erzählt die spannende Science Fiction-Serie, warum das Smarthome 50 Jahre zuvor abgeschaltet worden war. Produziert wurde die Serie von der Firma RatPack in Köln mit Lavinia Wilson, Mina Tander und Michael Klammer in den Hauptrollen. Cassandra ist seit dem 6. Februar auf Netflix zu sehen. Eine der Hauptrollen in dem Serien-Projekt spielt der humanoide Roboter Cassandra. Der Roboter ist mit 1,60 cm so groß, wie die Schauspielerin, die im Robotermonitor dargestellt wird.
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Matthias Könke wurde dem Filmteam empfohlen, weil er schon einmal einen Auftrag für die Branche übernommen hatte. Die „Cassandra“ ist aber sein bald prominentestes Projekt. „Rapidprototyping Könke zeigt, welche neuen Möglichkeiten der 3D-Druck in der Filmproduktion bietet“, teilt die Produktionsfirma mit. Der Smarthome-Roboter entstand komplett digital und wurde dann anschließend mit verschiedenen Rapidprototyping-Verfahren umgesetzt, was die Fertigung deutlich schneller und effizienter machte. „Hand in Hand mit den Designern wurde von den ersten digitalen Skizzen in mehreren Schritten eine funktionsfähige Roboterfigur verwirklicht“, erklärt Matthias Könke, „das ging ein paar Mal hin und her“.
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Der gesamte Produktionsprozess der Cassandra setzte auf hochpräzise Druckverfahren und spezielle High-Tech-Materialien. Diese sorgten nicht nur für Stabilität und Langlebigkeit, sondern auch für eine detailreiche und realistische Gestaltung des Roboters. Durch den Einsatz innovativer Drucktechniken konnten feinste Strukturen, Oberflächen und mechanische Komponenten hergestellt werden. „Mit 3D-Druck war es möglich, das Design der Figur individuell an die Anforderungen der Serie anzupassen“, so der Unternehmer. Der Vorteil für die Macher der Serie: Filmproduktionen können so mit großer Flexibilität in kurzer Zeit realisiert werden, ohne lange Wartezeiten für die Entwicklung und Montage in Kauf nehmen zu müssen. „Diese Technologie könnte künftig eine wichtige Rolle in der Herstellung von Requisiten und Spezialeffekten spielen“, sagen die Filmproduzenten von RatPack.
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
Für Matthias Könke aber ist es mehr. „Diese Entwicklung zeigt eindrucksvoll, wie innovativ und vielseitig der 3D-Druck heute eingesetzt werden kann“, weiß er. Der 56-jährige Arnsberger produziert seit mehr als 25 Jahren am Standort Wennigloh in dem alten Haus am Ortseingang, das einst Gaststätte und lange auch ein Dentallabor war. In Wuppertal hatte er Industrie-Design studiert und sich dann selbstständig gemacht. Wie der Name der Firma sagt, stellt er abseits solcher Sonderaufträge wie nun bei der „Cassandra“ im 3D-Druck Prototypen für spätere industrielle Serienfertigungen her. „Das ist spannend“, sagt er, „Ich kriege da viel aus den Bereichen der Neuentwicklungen mit“. 25 Drucker der verschiedensten Größen hat Matthias Könke - er ist aktuell alleine im Betrieb - am laufen. Der größte von ihnen weist ein Bauvolumen von einen Quadratmeter auf. Seine Kunden kommen stark aus dem Automotivbereich und auch aus dem der Leuchtenhersteller im Sauerland.
Die komplette Serie hat sich Matthias Könke noch nicht angeschaut. In der vergangenen Woche war er in Köln zum großen Preview im Kino mit Produzenten, Regisseuren, Schauspielern und anderen Machern der Serie. Für den Arnsberger war auch das eine ganz neue Erfahrung zu erleben, was alles im Detail hinter einer Serienproduktion steht. Erahnen lässt sich das, wenn man sich gründlich den Abspann anschaut. „Irgendwann taucht dann auch meine Firma auf“, sagt Matthias Könke. Klingt so, als wäre er ein wenig stolz darauf.
Das passierte mit dem Roboter-Rohling aus Wennigloh
Dabei hat Könke ja „nur“ die erste Hülle produziert. Weiter Leben eingehaucht wurde „Cassandra“ aber durch andere. Final durch die Schauspielerin Lavinia Wilson, zuvor aber auch durch Carsten Sommer aus Köln. Er hatte den Kontakt zu dem Wennigloher 3D-Drucker hergestellt. „Normalerweise arbeite ich analog und stelle meine Modelle, Objekte, Puppen und Figuren nahezu immer manuell her“, erzählt er. Bei diesem Projekt sei der Druck bei einem letztendlich nur zweieinhalb Monaten kleinen Produktionfenster für zwei vollanimatronische Roboter allerdings so hoch gewesen, dass die Printmethode das einzig denkbare Mittel der Wahl war, „um das in der knappen Zeit hinzubekommen“. Auf herkömmlichem Weg hätte alleine die Prototypenherstellung der bloßen Hüllenform das gesamte Zeitfenster aufgezehrt.
„Nach dem 3D-Druck der Prototyp-Teile begann dann unsere eigentliche Aufgabe“, so Carsten Sommer. Alle Teile, die sehr schnell entstehen mussten, seien nachher „noch von uns tagelang überschliffen“ worden, um danach teils riesige Silikonformen aller Protohüllen-Teile herzustellen. Aus seien dann sämtliche Hüllenteile aus Epoxyd - das ist die Qualitätsklasse, aus der auch Segelflugzeuge oder Windradflügel hergestellt werden - mit Glas- und Kohlefaser-Inlay hergestellt oder alternativ aus Polyurethan gegossen. „Diese Teile haben wir dann zu viert wochenlang unter extrem scharfem Licht nochmal individuell oberflächenperfektioniert und aufeinander angepasst“, so Carsten Sommer. Das sei dann für zwei Teilesätze für zwei Roboter gleichzeitig geschehen.
Parallel passierte die aufwendige und eigentliche Roboterkonstruktion der 100 Kilo-Maschinen an sich in Form der eigentlichen Innenkonstruktionen aus Stahl und Aluminium, aller Mechaniken, der Monitortechnik und Steuerungen. „Die aufwendige Lackier- und Verchromungsthematik war noch mal eine besondere Herausforderung und ein ganz eigenes Projekt“, so Sommer.
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