Neheim. Generationen von Neheimern haben im Haus Heide ihre Schulsachen gekauft - jetzt hat das Gebäude im Schatten des Doms neue Besitzer: Wer sie sind - und was sie vorhaben.
„Die Geschichte eines alten Schreibwarengeschäfts wird weiter geschrieben“ - Hannes Linnemannstöns hätte es nicht schöner formulieren können. Er und sein Vater Egbert sind die neuen Besitzer des traditionsreichen Hauses „Wilhelm Heide“ im Schatten des Neheimer „Doms“. Mit dem Gebäude, in dessen Erdgeschoss sich Generationen von Neheimern mit Schulranzen, Stiften, Heften und Ähnlichem eindeckten, haben beide Spannendes vor - wir haben Ohren und Stift gespitzt, um mitzuschreiben.
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Im Inneren des Ladenlokals sieht es am Freitagmorgen nach harter Arbeit aus - in allen Ecken liegt Schutt, Wände sind teilweise freigelegt, neue, nachhaltige Baustoffe stehen bereit: „Bei der Renovierung kommen Materialien wie Lehm, Holz, Hanf und Naturfarben zum Einsatz“, berichtet Hannes Linnemannstöns. Für das Familienunternehmen aus Hamm-Pedinghausen eine Selbstverständlichkeit: Beton auf Holz sei wie Karies an den Zähnen, bringt Senior-Chef und Betriebsgründer Egbert seine Philosophie des Restaurierens auf den Punkt.
Ein Haus mit Geschichte
1894 gründete Wilhelm Heide mit seiner Frau Louise ein Papier-Geschäft an der Neheimer Burgstraße.
1901 wurde das heutige Gebäude am Neheimer Markt bezogen.
1914 führten Louise Heide und ihre Kinder das Geschäft nach dem Tod Wilhelm Heides weiter.
1981 übernahm das Ehepaar Winterhoff das Geschäft von der Gründerfamilie Heide.
2011 übernahm die Römhild GmbH aus Paderborn den Laden.
2020 wird zum Jahr der Schließung, am 26. September war der letzte Öffnungstag.
Doch zunächst stellt sich die Frage: Warum kaufen Handwerker aus Hamm ein altes Gebäude in Neheim - das obendrein seit mehr als vier Jahren teilweise leer steht? Ganz einfach, es passt ins „Beuteschema“. Seit mehr als 30 Jahren steht der Name Linnemannstöns - Tischlerei und Lehmbau - für nachhaltige Sanierung genau solcher Immobilien in der Region. Über Bekannte und ein Portal wurden Vater und Sohn aufmerksam - kamen, guckten und kauften. „Am 16. September 2024 wurde der Vertrag unterschrieben“, gibt Sebastian Vogelsang, Prokurist/Teamleiter bei der Volksbank Sauerland Immobilien GmbH, Auskunft. Er und seine Kollegen haben die - schwierige - Vermarktung nach längerer Zeit zum Erfolg geführt. Über den Kaufpreis haben Käufer und Verkäufer (ein Privatmann) Stillschweigen vereinbart.
Das gilt nicht für die Pläne der frisch gebackenen Besitzer. Nach „behutsamer und nachhaltiger Restaurierung“ soll Haus Heide als Wohn- und Geschäftshaus wieder „lebendiger Teil Neheims“ sein. Die 180 Quadratmeter große Ladenfläche im Erdgeschoss wird - wie zuletzt bis zum Jahr 2020 - wieder gewerblich genutzt (Branche noch offen). Zwei Wohnungen in den oberen Etagen - insgesamt etwa 220 Quadratmeter Wohnfläche - möchten Linnemannstöns nach Renovierung vermieten. Apropos Mieter: Eine noch im Haus wohnende Familie zieht bald aus. „Ganz liebe Menschen“, meint Egbert, der sich vorstellen kann, diese Bewohner nach Abschluss der Arbeiten erneut als Mieter zu begrüßen. Stichwort Abschluss - wann soll alles fertig sein?
„Mitte 2026“, blickt Hannes voraus, der aber gerne früher Vollzug melden würde: „Je schneller, desto besser“, meint der 25-Jährige, der gemeinsam mit seinem Vater viele Gewerke in Eigenleistung übernimmt. Doch versierte Handwerker kommen in nächster Zeit dazu. „Alte Bekannte aus der Zeit unserer Tätigkeit im Kloster Wedinghausen“, erklärt Linnemannstöns Senior. Mit Dirk Boländer konnte außerdem ein erfahrener Architekt für das Projekt „Haus Heide“ gewonnen werden. Wichtig, denn die Herausforderungen sind groß, der eigene Anspruch ist hoch. Aus „Respekt vor dem alten Bauwerk“ (errichtet 1895) möchten die Sanierer aus Hamm auf dessen Grundsubstanz aufbauen. Ein Beispiel: Rund 100 Jahre alte Eichenholzfenster wurden freigelegt - sollen aufgearbeitet und erhalten werden.
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Weiterer Schwerpunkt - neben nachhaltigen Baustoffen und Substanzerhalt - ist Energieeffizienz. Einbau/Nutzung einer Luft-Wärme-Pumpe, Photovoltaik auf dem Dach (Genehmigung liegt schon vor), nachhaltige Innendämmung und Wandflächenheizung sind nur einige Stichpunkte auf der langen Liste zur energetischen Sanierung - die außerdem mit Vorgaben des Brand- sowie des Schallschutzes in Einklang gebracht werden muss.
In Einklang bringen möchten die frisch gebackenen Hausherren ihre Pläne darüber hinaus mit der Neheimer Bevölkerung - und sind auf einem sehr guten Weg. „Wir haben Neheim schon richtig lieb gewonnen“, sagt Hannes Linnemannstöns, „und man hat uns auch freundlich empfangen.“ Ein Indiz dafür: Immer wieder mal, vor allem an Markttagen, bleiben Passanten vor dem Haus stehen, lesen den am Schaufenster klebenden Infozettel. Einige öffnen sogar die Ladentür, strecken den Kopf ins Innere - und erkundigen sich persönlich. „Alle sind erleichtert, dass Haus Heide nicht abgerissen wird“, freuen sich Hannes und Egbert. Und wer weiß - vielleicht gibt es ja mit ganz viel Glück demnächst wieder Schulranzen und Schreibhefte zu kaufen.
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