Arnsberg/Düsseldorf. Zwei junge Arnsbergerinnen - Haule Omar und Klara Komorowski - erleben im Jugend-Landtag NRW Herausforderungen für die Demokratie. Eine Grenzerfahrung.
Eigentlich sollte es ein Planspiel sein - ein politisches. Der Jugend-Landtag NRW will jungen Menschen aufzeigen, wie komplex politische Entscheidungsprozesse in Parlamenten sein können. Klara Komorowski und Hauler Omar aus Arnsberg waren auf Einladung und Vermittlung des Neheimer Landtagsabgeordneten Klaus Kaiser (CDU) dabei. Was spielerisch sein sollte, wurde für sie zur Grenzerfahrung mit den Herausforderungen für die Demokratie durch die AfD.
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Eigentlich hätte alles ganz harmlos sein können. Der Jugendlandtag beriet in Anträgen unter anderem über die „Mentale Gesundheit“ und „Mehr Finanzbildung in der Schule“. Diese waren am ersten Tag in Fraktions- und Ausschusssitzungen erarbeitet worden. Die beiden 17-jährigen Arnsbergerinnen arbeiteten im Sport- und Wissenschaftsausschuss mit und beleuchteten das Thema aus diversen Perspektiven.
Jugend-Landtag NRW einmal im Jahr
Im dreitägigen und jährlich stattfindenden Jugendlandtag benennen alle Abgeordneten junge Menschen - in der Regel aus ihren Wahlkreisen - als „Nachwuchsparlamentarier“. Klara Komorowski besucht die Klasse 12 des Wirtschaftsgymnasiums am Berufskolleg Berliner Platz und hatte sich schon im Vorjahr für den Jugendlandtag beworben. Diesmal kam sie zum Zuge. Haule Omar, sie steht vor ihrem Abschluss an der Agnes-Wenke-Sekundarschule Neheim, rutschte über ein Praktikum im Büro von Klaus Kaiser durch eine Absage bei einer anderen CDU-Abgeordneten recht spontan auf die Teilnehmerliste. Beide wurden der „CDU-Fraktion“ zugeordnet.
Grenzwertig wurde es in einer Sitzung, als AfD-Redner das Thema Migration offenbar als Ursache aller möglichen Fehlentwicklungen massiv vertraten und sich viele Teilnehmer dadurch derart provoziert fühlten, dass sie den Sitzungssaal während der AfD-Reden verließen. „Da wurde es sehr emotional“, erinnert sich Klara.
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Sie gehörte zu denen, die im Saal blieben. Anders als Hauel, die sich als Deutsche mit Migrationshintergrund massiv angegriffen und auch verletzt fühlte. Das Planspiel war kein Spiel mehr: „Ich hatte Gänsehaut, weil ich die giftigen Blicke gespürt habe“, erzählt die junge Frau, „die AfD ist in Echt noch krasser als man das auf Social Media erlebt.“
Und warum blieb Klara sitzen? Auch sie wusste zunächst nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte, fasste dann aber einen Entschluss. „Ich wollte die Kontrolle nicht verlieren“, erzählt sie, „ich muss mir auch die Dinge anhören, die ganz und gar nicht meine Meinung sind.“ Zwei junge Frauen, zwei unterschiedliche Ansätze, mit der AfD umzugehen. Auch das spiegelbildlich für die aktuelle Polarisierung der Gesellschaft und der Suche nach den richtigen Antworten.
„Ich kenne die AfD nur aus dem Fernsehen und nicht aus meinem Bekanntenkreis. Und auf einmal war alles so nah und real.“
Für Klara war auch das eine neue Erfahrung. „Ich kenne die AfD nur aus dem Fernsehen und nicht aus meinem Bekanntenkreis“, sagt sie, „und auf einmal war alles so nah und real.“ Die von der AfD entsandten Jugendlichen seien spürbar mit der Idee angetreten, die schon bekannten populistischen Kernthesen der Partei zu platzieren anstatt „Demokratie zu erleben und auszuprobieren“. Sie hat aber nun auch gelernt, dass „man das kontern und erwidern kann“. Mit Wissen, Bildung und Fakten.
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Haule und Klara sehen sich als politische Menschen. Beide bringen sich in dem städtischen „Misch‘ dich ein“-Projekt ein. Klara ist Mitglied der Jungen Union in Arnsberg. Und auch Haule ist inzwischen von den Jusos dorthin gewechselt. Im Jugendlandtag, aber auch beim „Misch‘ dich ein“-Projekt haben sie gelernt, „dass nicht alles immer von jetzt auf gleich passieren kann“. Und dass Prozesse auch schwierig sein können und man „dran bleiben“ müsse.
Das wollen beide gerne - neben ihren beruflichen Zielen. Klara geht im nächsten Jahr mit einem Erasmus-Programm ins Ausland und will gerne ins EU-Parlament, später plant sie ein Studium. Haule bewirbt sich derzeit um eine Ausbildung zur Immobilien-Kauffrau oder im Büromanagement.
Vom Jugend-Landtag schwärmt Klara als einer „super tollen Erfahrung“. Sie habe nun viel mehr „Verständnis dafür gewonnen, wie Dinge in der Politik ablaufen“ und Entscheidungen nach Abwägung aus verschiedensten Perspektiven entstehen. „So etwas kann dir kein Erklärvideo so vermitteln“, sagt sie.
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