Sundern. Bernd Schulte-Hobein möchte auf knapp 10 Hektar Weideflächen PV-Anlagen errichten. Doch die Politik in Sundern bremst das Vorhaben.
Bernd Schulte-Hobein scharrt förmlich mit den Hufen. Der studierte Agraringenieur und Landwirt betreibt einen Pferdehof in Sundern-Allendorf. Vor 15 Jahren hat er den elterlichen Betrieb übernommen und bietet auf seinem Hof Pferde-Einstellplätze an. Weil der Pferdewirt in der Nähe seines Betriebs aber auch über derzeit nicht genutzte Weideflächen verfügt, würde Schulte-Hobein genau auf diesen Flächen gerne Photovoltaikanlagen errichten lassen.
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„Vor drei Jahren ist die Idee für die Installation solcher PV-Anlagen entstanden“, berichtet der Landwirt. Schulte-Hobein nahm Kontakt zu einem Projektierer solcher Anlagen aus Süddeutschland auf. Schnell wurde man sich grundsätzlich handelseinig, und der Allendorfer stellte bei der Verwaltung einen Antrag für den Bau von Freiflächen-PV-Anlagen auf einer Gesamtfläche von 9,7 Hektar. „In der Bundespolitik wurde immer wieder verkündet, dass man künftig eine Mischung verschiedener Erneuerbarer Energien benötige. Neben Windkraft, Dach-PV, Biogas und Wasserkraft sei auch Freiflächen-PV notwendig, wenn man die Klimaziele für die Energiewende in Deutschland einhalten will“, sagt er.
Gemeinsam mit dem Projektierer hatte sich Schulte-Hobein für eine Anlage knapp unter zehn Hektar entschieden, weil alle größeren Anlagen durch die Bezirksregierung geprüft werden müssen. Der Landwirt erhoffte sich somit ein schnelleres Verfahren. „Bei optimaler Belegung der Solarpanele auf den drei von mir ausgesuchten Freiflächen und genügend Sonne kann die Anlage jedes Jahr 14 Megawatt Strom erzeugen. Das entspricht ungefähr der Leistung von zwei Windrädern an Land.“
Freiflächen-PV: Das muss man wissen!
Bei sogenannter Agri-Photovoltaik, kurz Agri-PV, verknüpft die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte mit der Solarstromproduktion auf ein und derselben Fläche und ermöglicht somit eine Doppelernte. Hierbei ist der Vorteil, dass es zu keiner Flächenkonkurrenz von Landwirtschaft und Energieerzeugung kommt. Normale Freiflächen-Photovoltaik lässt eine solche Doppelnutzung in der Regel nicht zu.
Die Stadt Sundern hat bereits einen Kriterienkatalog für den Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen aufgestellt. Zu den Tabukriterien gehört der Bau von Anlagen in Wasserschutzgebieten, Überschwemmungs- und Waldgebieten. Auch Biotope und Natur- sowie Bodendenkmäler sind geschützt. Wichtige Bewertungsgrundlage ist auch der Bodenrichtwert. Je geringer dieser ist, desto weniger Ertrag ist auf dem Boden zu erwarten. In vielen Bereichen des Sauerlands sind die Werte deutlicher geringer als im Münsterland oder der rheinischen Tiefebene.
Parallel zu seinen Planungen mit dem Projektierer und der Antragstellung erhielt Bernd Schulte-Hobein eine Zusage der Westnetz für die Netzeinspeisung seines Stroms, wenn die Anlagen zügig genehmigt und gebaut werden. „Die Zusage existiert noch, aber ich weiß nicht, wie lange sie diese aufrechterhalten“, fragt sich der Sauerländer. Der Arbeitskreis Erneuerbare Energien hatte einen Kriterienkatalog entwickelt, der der Verwaltung als Bewertungsgrundlage für den Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Sundern helfen sollte. Dieser Katalog wurde dann vom Planungs- und Nachhaltigkeitsausschuss der Stadt Sundern im Oktober 2023 beschlossen. Schulte-Hobein lud die Vertreter der Ratsfraktionen auf seinen Hof ein, um seine Pläne noch einmal detailliert vorzustellen. „Mir geht und ging es immer um Transparenz!“
Im Frühjahr 2024 kam es zu einem weiteren Treffen mit politischen Vertretern. Im Mai schien der Durchbruch nah. „Der Fachausschuss hat in seiner Sitzung am 6. Mai 2024 Ihrem Antrag auf Ausweisung einer Fläche für die Errichtung von PV-Anlagen zugestimmt. Zur planungsrechtlichen Absicherung ist eine Änderung des Flächennutzungsplanes sowie die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich. Diese Planungsleistungen sind grundsätzlich durch den Antragsteller zu erbringen. Ich bitte Sie daher, sich zeitnah mit einem Planungsbüro in Verbindung zu setzen und die Planungsleistungen zu beauftragen. In der Regel wird dann die weitere Abstimmung und Kommunikation mit der Stadt Sundern durch das beauftragte Büro erfolgen. Die förmlichen Verfahrensschritte werden dann durch die Verwaltung durchgeführt“, heißt es in einer Mitteilung der Verwaltung an Bernd Schulte-Hobein.
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Gemeinsam mit dem Projektierer habe man direkt Kontakt zu den Gutachterbüros für Artenschutz und Städteplanung aufgenommen und die Untersuchungen in die Wege geleitet. Dafür ging man in finanzielle Vorleistungen. „Ich dachte, dass jetzt alles klappt und dann die nächsten Schritte Behördenbeteiligung, Anwohnerbeteiligung und später der Satzungsbeschluss folgen können“, sagt der Landwirt.
Überrascht und irritiert sei er jetzt gewesen, dass der Kriterienkatalog für die Freiflächen angepasst werden soll und sein Projekt bis zur Anpassung des Katalogs auf Initiative der CDU in der letzten Sitzung des AK „Erneuerbare Energien“ zurückgestellt worden sei. „Ich kann diese Verzögerung nicht verstehen, denn zum Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses hat ja bereits ein Kriterienkatalog existiert.“
Aus Sicht des Allendorfers sei dieses nun herausgezögerte Verfahren ein weiteres Beispiel dafür, wie oft in Sundern Projekte erst angestoßen und dann in der Folge in der Sackgasse landen oder nur noch halbherzig begleitet würden. „Ich bin schwer enttäuscht, denn ich möchte als Bürger beim Klimaschutz helfen, natürlich würde ich auch finanziell profitieren. Aber durch die sogenannte Akzeptanz-Prämie und später durch Gewerbesteuern kommt auch zusätzliches Geld in die Stadtkasse“, so Schulte-Hobein.
Hans Klein von der Fraktion „Wir sind Sundern“ ist ein Verfechter des Kriterienkatalogs, hat aber klare Forderungen für die Anpassungen. „Die Gesamtgröße aller Freiflächen-PV-Anlagen in Sundern soll die Größe von 50 Hektar nicht überschreiten“, fordert Klein. Außerdem soll es für jede Ortschaft eine Obergrenze von zehn Hektar geben. Hans Klein spricht sich auch gegen PV-Anlagen auf Ackerland aus und wünscht hier maximal Agri-PV-Anlagen. „Ich bin gegen Anlagen auf Flächen, die zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet sind oder waren“, betont der Politiker. Es gebe aus seiner Sicht noch ausreichende Flächen zur Belegung mit Photovoltaik auf den Dächern der Gebäude sowie als Überdachung von Parkplätzen und Industrieanlagen. „Ich habe Angst, dass die Landwirtschaft wichtige Böden für Nahrungsmittelproduktion verliert und die Natur dauerhaft zerstört wird.“
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Daniel Fellmer aus der Sunderner Stadtverwaltung hatte auf Nachfrage der Arbeitskreis-Mitglieder erklärt, wie der Kriterienkatalog bislang angewendet wurde. In dem jeweiligen Plangebiet erfolge eine Analyse aufgrund der Kriterien. Sollten Tabukriterien in Teilbereichen des Plangebiets vorhanden sein, werde der Projektierer informiert, um Anpassungen vornehmen zu können.
Andreas Bahde von der Fraktion „Bürger für Sundern“ machte in der Arbeitskreissitzung deutlich, dass aus seiner Sicht der Kriterienkatalog so definiert werden soll, dass nicht jede Anlage einzeln genehmigt werden muss, sondern vielmehr die Verwaltung Instrumente an die Hand bekommt, um bei beantragten Projekten selbstständig handeln zu können.
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