Arnsberg. Martin Deimel hat erlebt, wie persönlich Ortsgeschichte sein kann. Der Arbeitskreis aus Holzen besteht jetzt 30 Jahre - und will mehr sein als nur Bewahrer.
Besonders beeindruckt war der Holzener Martin Deimel, als er er Briefe von Holzener Angehörigen eines deutschen Soldaten las, der während des Zweiten Weltkriegs in Nordamerika in Kriegsgefangenschaft geriet. „Darin ist fast wie in einem Tagebuch aufgelistet, was in der damaligen Zeit im Dorf passiert ist.“ Zum anderen hat er beim Erschließen des Neubaugebiets hinter der Kirche auch ein Stück Familiengeschichte wiederentdecken dürfen. „Damals wurden die Fundamente des Bauernhofs meiner Vorfahren freigelegt. Das geht einem schon unter die Haut, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass man noch so viel von damals findet.“ Das war im Jahr 2009 - ein Jahr, das Deimel gezeigt hat, wie persönlich Orts- und Heimatgeschichte werden kann. Bewahrt und weiter entwickelt wird das Gedächtnis Holzens vom Arbeitskreis Ortsgeschichte (AKO), den es jetzt seit 30 Jahren gibt.
Bernhard Padberg kann sich noch ganz genau an die Gründung erinnern. „Am 29. September 1994 - dem Michaelistag -haben wir mit Hans-Dieter Schlinkmann, Josef Bauerdick, Rudolf Krämer und Werner Mutzenbach in Holzen den AKO gegründet.“ Ziel sei es gewesen, die umfangreiche Sammlung über die Holzener Geschichte von Heimatforscher Friedrich Geuecke für die Nachwelt zu bewahren und Inhalte zu veröffentlichen. Geuecke war Leiter der Grundschule in Holzen, und dessen Tochter hatte den Nachlass an Geueckes Nachfolger Rudolf Krämer weitergegeben. „Der ausdrückliche Wunsch ihres Vaters war gewesen, dass die Forschungen nach seinem Tode einem Dorfarchiv in Holzen anvertraut würden. Doch dieses gab es noch nicht und Rudolf Krämer war hocherfreut, dass diese Unterlagen nun aus seiner persönlichen Obhut in die Verantwortung eines größeren Kreises gegeben werden sollten“, sagt Padberg.
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Von Anfang an waren die Überlegungen darauf ausgerichtet, die frühere Gemeinde Holzen, den heutigen Arnsberger Stadtteil Holzen als Arbeits- und Forschungsgebiet in den Blick zu nehmen. Martin Deimel, der einige Jahre später Mitglied des Arbeitskreises wurde, betont: „Uns war auch immer wichtig, dass auch die Orte aus der Oelinghauser Heide Gegenstand der Forschung sein sollten.“ Der Ortsteil ist groß und erstreckt sich von Kirchlinde bis zum Luerwald. Dieser Umstand schlägt sich auch in den Veröffentlichungen des Arbeitskreises Ortsgeschichte Holzen nieder. Die Hefte tragen seit 30 Jahren den Titel „Tüsken Linne und Luer - Zwischen Kirchlinde und Luerwald - Bewahren durch Überliefern: Beiträge zur Geschichte der ehemaligen Gemeinde Holzen“.
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In diesem Jahr ist bereits die 39. Ausgabe der Hefte veröffentlicht worden. „Uns ist schon bei der Gründung damals klar geworden, dass wir die Forschungsergebnisse veröffentlichen möchten, um die Menschen zu informieren“, berichtet Bernhard Padberg. Der heutige Sprecher des AKO hatte sich zur Gründungszeit intensiv mit der Redaktion des Heftes auseinandergesetzt. Noch heute bearbeitet und betreut er redaktionelle Inhalte und schreibt auch Texte für die Veröffentlichung. „In der aktuellen Ausgabe beleuchten wir die Historie des Tambourkorps in Holzen und die Bebauung der Oelinghauser Heide. Interessierte können aber auch einen Nachruf auf unser ehemaliges Mitglied Rudolf Krämer lesen, der dieses Jahr im Alter von 92 Jahren verstorben ist“, so Padberg.
„Krämer ist es auch gewesen, der zu seiner aktiven Zeit Menschen im Ort interviewt hat und diese Interviews auf einem Tonbandgerät aufgezeichnet hat. Das ist eine tolle Quelle, die man in einem Dorfarchiv so häufig nicht finden kann“, berichtet Deimel. Der Holzener hat ein Faible für die Alltagsgeschichte des Dorfes in der Nachkriegszeit und sammelt seit vielen Jahren auch jeden Zeitungsartikel, der seit Anfang der 200er Jahre über das Leben und Wirken der Menschen in Holzen und Oelinghauser Heide berichtet. „Mittlerweile habe ich allein zehn Ordner damit zu Hause. In unserem Archivraum in der Grundschule sind noch weitere Ordner mit älteren Zeitungsartikeln“, so Deimel. Er orientiere sich dabei an dem Motto: „Unsere Gegenwart ist schon die Vergangenheit unserer Zukunft.“
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Um auch der Jugend das bisweilen etwas langatmige Thema Geschichte näherzubringen, lädt der Arbeitskreis Ortsgeschichte einmal im Jahr Schulkinder aus Holzen und Herdringen zum Kloster Oelinghausen ein. Dort berichtet dann Bernhard Padberg, dessen Steckenpferd die Klostergeschichte ist, über die Historie der Einrichtung und versucht somit den Nachwuchs für das Thema Heimatgeschichte zu begeistern.
Mit großer Anerkennung und Freude blickt der Heimatbund Neheim-Hüsten auf das Wirken in Holzen. Alicia Sommer, 1. Vorsitzende des Heimatbundes, sagt: „Wir gratulieren herzlich zum Geburtstag. Der Heimatbund Neheim-Hüsten hat in der Vergangenheit eng mit dem Arbeitskreis zusammengearbeitet, ob bei der Recherche im Stadtarchiv zu gemeinsamen historischen Themen oder bei kürzlich gemeinsam organisierten Veranstaltungen mit dem Holzener Ortsheimatpfleger - diese Kooperationen zeigen, wie wertvoll das netzwerken und der Austausch zwischen den Vereinen sind. Wir wünschen dem Arbeitskreis weiterhin viel Erfolg bei seiner wichtigen Arbeit für die lokale Geschichtspflege.“
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In Holzen und Oelinghauser habe man sich laut Bernhard Padberg und Martin Deimel ganz bewusst gegen die Gründung eines Geschichtsvereins entschieden. Padberg begründet das damit, dass man so nicht an Regularien gebunden sei und deutlich flexibler agieren könne. „Außerdem gab es zum Zeitpunkt der Gründung bereits so viele Vereine in Holzen, dass wir keine Konkurrenz schaffen wollten.“ Durch den fehlenden Vereinsstatus finanziere man sich überwiegend aus Spendengeldern. Aktuell hat der AKO neun Mitglieder.
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