Hüsten. Mitarbeitende in Notaufnahme konfrontiert mit Gewalt: Trainings und bauliche Anpassungen sollen Sicherheit erhöhen.
Der Fall von massiver Gewaltandrohung und -anwendung gegenüber Mitarbeitenden des Klinikums in Essen heizte die Diskussion um zunehmende Gewalt und Aggression gegenüber Beschäftigten in medizinischen Einrichtungen an. „Auch das Team der Notaufnahme des Klinikum Hochsauerland am Standort Karolinen-Hospital hat diese Beobachtung gemacht“, teilt Klinikum-Sprecher Richard Bornkessel auf Nachfrage mit.
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Die Gründe dafür sind vielschichtig - im Ergebnis für die Mitarbeitenden aber ähnlich. So können Alkohol- und Drogenkonsum sowie psychische, neurologische oder schmerzhafte Erkrankungen dabei eine Rolle spielen. „Aber auch die Akzeptanz von Wartezeiten, beispielsweise in der Notaufnahme, nimmt ab“, weiß Richard Bornkessel. Der Sprecher des Alexianer Klinikums Hochsauerland verweist darauf, dass in der Zentralen Notaufnahme die Mitarbeitenden nicht selten priorisieren und schwer- sowie lebensgefährlich erkrankte Patienten zuerst behandeln müssten. „Bei leichter erkrankten Patienten stößt dies nicht bei allen auf Verständnis. Dann wird der Ton gegenüber den Beschäftigten auch schon mal rauer oder es kommt zu Respektlosigkeiten bis hin zu verbalen Übergriffen“, berichten Mitarbeitende der ZNA. „Körperliche Übergriffe sind glücklicherweise bisher jedoch eher selten“, erklärt Dr. med. Peter Lütkes, Medizinischer Direktor im Klinikum Hochsauerland.
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Dazu tragen aber auch bauliche Maßnahmen in der 2023 fertiggestellten ZNA bei. Zutrittsbeschränkungen und eine räumliche Trennung zwischen Aufnahme- und Wartebereich wurden eingerichtet. „An besonders herausfordernden Tagen wie Karneval, Silvester oder Kirmes wird präventiv auch ein Sicherheitsdienst hinzugezogen“, teilt Richard Bornkessel mit. Zum Schutz der Beschäftigten biete das Klinikum allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber hinaus umfassende Deeskalations- und Kommunikationstrainings an.
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„Durch einen professionellen Umgang in bedrohlichen oder eskalierenden Situationen ist es möglich, die Entstehung oder Steigerung von Gewalt und Aggression erfolgreich zu verhindern“, hofft Richard Bornkessel. In den Trainings werde sowohl theoretisches Basiswissen um deren Entstehung vermittelt als auch die verbale Deeskalation in verschiedenen Situationen im Team geübt. Theoretisches Wissen werde dabei mit praktischen Übungen kombiniert und vereinfache somit den Einstieg in die Thematik. „Die Trainings zielen darauf ab, unsere Mitarbeitenden in bedrohlichen oder eskalierenden Situationen professionell zu unterstützen“, sagt Alexander Huckschlag, Bereichspflegeleitung Psychiatrie und Deeskalationstrainer im Klinikum Hochsauerland. Das Training solle die Handlungsfähigkeit in direkten Gewaltsituationen aufrechterhalten, ein angstfreies Arbeitsumfeld schaffen, das Verletzungsrisiko für Mitarbeitende und Gäste oder Klienten verringern, die Fähigkeit zur Früherkennung potentieller Gewaltsituationen verbessern und die Kommunikation sowie Zusammenarbeit im Team stärken.
Deutschlandweit sind Übergriffe auf Personal in Notaufnahmen ein Thema. Zahlen zum Thema sind allerdings rar. Zwar sind Mitarbeiter, die von Gewaltereignissen betroffen waren, angehalten, einen entsprechenden Meldebogen auszufüllen. „Es ist aber davon auszugehen, dass viele Mitarbeitende mittlerweile eine hohe Resilienz haben und gar nicht mehr alle Fälle aktenkundig werden“, mutmaßt die Krankenhausgesellschaft in NRW. Jene Meldebögen seien bisher auch eher hausinterne Instrumente und würden nicht zentral gesammelt und ausgewertet.
Susanne Hille, Fachbereichsleiterin Gesundheit und Soziale Dienste NRW bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, sagt auf Nachfrage dieser Zeitung: „Nach den Berichten unserer Mitglieder in den Notfallambulanzen gehen wir davon aus, dass diese Zwischenfälle auch in nordrhein-westfälischen Krankenhäusern zunehmen. Ein sensibler Umgang mit dem Problem erfordert nach gewerkschaftlicher Auffassung, dass alle Fälle von verbaler und körperlicher Gewalt dokumentiert und angezeigt werden.“