Arnsberg. Der Berliner ist bekannt für seine leidenschaftliche Art. In Arnsberg gibt er Eltern Tipps, wie sie ihre Kinder gegen Mobbing schützen können.

Die sechste Veranstaltung der Reihe „Alles Kinderkacke oder was?“ fand jetzt im Sauerlandtheater statt, organisiert vom Stadtelternbeirat Arnsberg. Thema: „Ene mene muh, Gewalt ist kein Tabu!“ Johanna Ostermann, 1. Vorsitzende des Stadtelternbeirats, moderierte die gut besuchte Veranstaltung. 300 Zuschauer verfolgten den Livestream über YouTube, der auch nachträglich abrufbar ist. 

Klare und direkte Ansprache

Eingeladen war Carsten Stahl, ein deutscher Anti-Mobbing-Coach mit „Berliner Schnauze”, der vor allem durch seine Arbeit in Schulen und in den Medien bekannt ist. Ein Mann, der polarisiert und niemals den Mut verliert, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Carsten Stahl ist bekannt für seine kompromisslose Haltung gegen jegliche Art von Gewalt und seinen emotionalen, leidenschaftlichen Stil. Er ist überzeugt, dass nur eine klare und direkte Ansprache Kinder, Eltern und Politiker erreichen kann. Dies gelang ihm zweifellos im Sauerlandtheater. 

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Früher selbst in der Berliner Unterwelt aktiv, entschied sich Stahl nach eigenen Erfahrungen mit Gewalt und Kriminalität, sein Leben zu ändern und sich gegen Gewalt und Mobbing einzusetzen. Als Vater erlebte er, wie sein Sohn kurz nach der Einschulung von älteren Kindern zusammengeschlagen wurde. So erfuhr er, wie die gängigen Reaktionen bei Lehrern, Schulleitern und Schulämtern ausfallen. Sie bleiben oft mindestens untätig, sagt Stahl, Kind und Eltern würden nicht ernst genommen. Oft komme es sogar zur Täter-Opfer-Umkehr. In solchen Fällen wird das Opfer für das Geschehene verantwortlich gemacht oder zumindest mitschuldig dargestellt, während das Verhalten des Täters relativiert wird. Erst als Stahl drohte, den Vorfall öffentlich zu machen, kam Bewegung in den Fall.  

Stahl machte klar, dass er den Lehrern keinen Vorwurf mache; sie seien oft hilflos. Vielmehr prangert er die Untätigkeit von Schulämtern und Politikern an, die in der Pflicht seien, auf die zunehmenden Mobbingprobleme und die steigende Gewaltbereitschaft zu reagieren. Er fordert mehr Prävention an Schulen. 

Aktuelles aus Arnsberg

Auch die Eltern trügen eine besondere Verantwortung, ihren Kindern Werte wie Respekt und Toleranz zu vermitteln. Eine große Gefahr sei das Cybermobbing, das in den vergangenen Jahren zugenommen habe. Plattformen wie Tiktok seien dabei besonders problematisch. Obwohl Tiktok den Zugang erst ab 16 Jahren erlaube, nutzten schon Grundschulkinder die App – meist unbeaufsichtigt. Viele Kinder bekämen zu früh ein Smartphone und würden in eine Welt eingeführt, die sie nicht verstehen und in der sie schutzlos seien. 

Leidenschaftlicher Appell 

Carsten Stahl rief dazu auf, als Gesellschaft zusammenzustehen und Mobbing gemeinsam zu bekämpfen. Nur durch ein starkes Netzwerk aus Schulen, Eltern und der Politik könne man Mobbing, insbesondere Cybermobbing, bekämpfen. Kinder hätten das Recht, in einer sicheren Umgebung aufzuwachsen. Es ist Stahls Ziel, in der Prävention nachhaltige Lösungen für Schulen und Eltern zu bieten, um Mobbingsituationen, Traumata und Suizide zu verhindern. 

Mittlerweile hat Stahl es auch geschafft, eine App auf den Markt zu bringen. Seit drei Monaten gibt es die „Stoppt Mobbing“-App. Sie hat sich der Mission verschrieben, gemeinsam gegen Mobbing, Gewalt, Vorurteile, Hass, Rassismus und Ausgrenzung in der Gesellschaft, besonders jedoch unter Kindern und Jugendlichen, vorzugehen.

Praktische Tipps für Eltern 

In der anschließenden Diskussion schilderten zwei betroffene Mütter ihre Erfahrungen mit Mobbing und die fehlende Unterstützung durch Schulen und Behörden. Sie baten um Rat. Stahl gab klare Empfehlungen: Das Problem dürfe nicht ignoriert, die Sorgen des Kindes müssten ernst genommen werden. Erste Ansprechpartner seien die Klassenlehrer, dann Sozialarbeiter - und zuletzt die Schulleitung.

Stadtelternbeirat Arnsberg: Johanna Ostermann und Ramona Wissemann-Gellert
Stadtelternbeirat Arnsberg: Johanna Ostermann und Ramona Wissemann-Gellert © WP | Livia Krimpelbein

Helfe niemand, solle man sich an das Schulamt wenden und wenn dort auch nicht geholfen wird, gebe es noch den Weg, die Medien einzuschalten. Eltern sollten sich nicht einschüchtern lassen und immer zu zweit zu Gesprächen gehen. Eine gute Möglichkeit sei es auch, durch Demonstrationen auf die Problematik aufmerksam zu machen und die Politik zum Handeln zu bewegen. Carsten Stahl rief auch die anwesenden Kinder dazu auf, nicht wegzusehen und mutig einzugreifen oder Hilfe zu holen. Diesen Rat solle jeder Mensch befolgen – egal ob Lehrer, Eltern, Sozialarbeiter, Schulleitungen, Behörden oder Politiker. 

Info: Der Stadtelternbeirat Arnsberg engagiert sich für die Interessen von Eltern von Kindergartenkindern und unterstützt bei Fragen. Seit Februar 2023 werden in öffentlichen Foren unter dem Titel „Alles Kinderkacke oder was?“ verschiedene Themen diskutiert.