Arnsberg. Ein neues Telenotarzt-System wird im Hochsauerlandkreis aktuell auf den Weg gebracht. Der Rat der Stadt Arnsberg hat die Weichen dafür gestellt.

Der Telenotarzt soll kommen. Aktuell werden die Grundlagen geschaffen, ein Telenotarztsystem im Hochsauerland einzuführen und damit die rettungsdienstliche Versorgung qualitativ zu verbessern. Der Rat der Stadt Arnsberg hat am Dienstagabend eine wichtige Weiche hierfür gestellt. Bei einer Enthaltung und keiner Gegenstimme stimmten die Ratsmitglieder für die Fortschreibung des Bedarfsplans für den Rettungsdienst.

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Schon 2020 hatte das Land das TNA-System auf den Weg gebracht. Die südwestfälischen Kreise Märkischer Kreis, Kreis Soest, Hochsauerlandkreis, Kreis Olpe und Kreis Siegen-Wittgenstein sowie der Oberbergische Kreis hatten sich erfiolgreich um eine gemeinsame Telenotarztzentrale beworben und treten nun als Trägergemeinschaft auf. Im HSK fielen 2022 rund 32.500 Rettungsdiensteinsätze an. Bei der Finanzierung des Systems werden die Kreise und Kommunen anteilig zur Kasse gebeten. Der Versorgungsbereich Arnsberg wird sich im Jahr 2025 mit rund 31.200 Euro beteiligen müssen (inkl. Anteil des Rettungsdienstes Hagelstein).

Digital gestützte Fernbegleitung durch Notärzte

Darum geht es: Das TNA-System soll es einem speziell ausgebildeten Notarzt, der sich zum Beispiel in einer Leitstelle aufhält, ermöglichen, sich per Telemetrie in den Rettungswagen am Einsatzort zuzuschalten und das dort tätige Rettungsdienstpersonal anzuleiten und zu unterstützen. Zu diesem Zweck können dem Telenotarzt über Funkverbindung benötigte Daten und Messwerte oder auch Fotos und Videos - abhängig von der Ausbaustufe - übermittelt werden.

Ferner kann der TNA den Transport vom Einsatzort ins Krankenhaus oder die Verlegung von Notfallpatienten aus heimischen in entferntere Krankenhäuser begleiten. Während seiner Tätigkeit hat er die Möglichkeit, bestimmte medizinische Maßnahmen oder Medikamentengaben anzuordnen.

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„Für das nichtärztliche Personal im Rettungsdienst stellt die Einführung des TNA-Systems eine Verbesserung der Handlungssicherheit und eine Sicherung der qualitativen Patientenversorgung sowie eine begleitende Rückfallebene dar“, heißt es in der Verwaltungsvorlage der Stadt Arnsberg. Die Stadt betreibt einen Rettungsdienst. Darüber hinaus könnten bei Sekundärverlegungen zeitintensive Einsätze für Notarzteinsatzfahrzeuge (NEFs) entfallen, da in Abhängigkeit des Patientenzustandes die ärztliche Transportbegleitung durch einen Telenotarzt erfolgen kann. „Somit stehen die NEFs dann für Primäreinsätze zur Verfügung“, heißt es.

Hans-Heiner Decker

„Wir sollten in Begleitung solcher technischen Innovationen und Konzepte sehr wachsam bleiben, um eine Entmenschlichung der Medizin zu vermeiden!“

Hans Heiner Decker

Bei der Einführung des Telenotarztes gibt es aber eine Prämisse, auf die die auch die Stadt Arnsberg Wert legt. Nämlich die, „dass der TNA keinen Ersatz für Einsätze mit erkennbarer Notwendigkeit eines Notarztes vor Ort darstellt, sondern vielmehr als Ergänzung zum bestehenden Notarztsystem dient“. Das sieht auch Dr. Hans-Heiner Decker, Arnsberger Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, so: „Tele-Notarzt ist ein grundsätzlich sinnvolles Instrument, mit moderner digitaler Technik Lücken im Versorgungsnetz zu überbrücken“, stellt er fest, „allerdings muss Sorge getragen werden dafür, dass diese technisch möglichen Errungenschaften, die auch die Qualität punktuell verbessern können.“

Ersthelfer ausgrenzen

Für Ministerien und „Finanzhüter bei den Krankenkassen“ dürfe die Einführung nicht zum Anlass genommen werden, den Einstieg in die Notfallmedizin zu erschweren und insbesondere altbewährte und erfahrene Rettungskräfte wie Notärzte, Sanitäter und ehrenamtliche Ersthelfer je nach Beliebigkeit auszugrenzen. „Derartige Entwicklungen hat es in den vergangenen 20 Jahren mehrfach gegeben! Diese beweisen, dass die Bürokratie auf hohem Niveau lebt und die Wertschätzung bei den Bürokraten dem Rettungspersonal gegenüber eine sehr relative ist!“, warnt Hans-Heiner Decker, „wir sollten also in Begleitung solcher technischen Innovationen und Konzepte sehr wachsam bleiben, um eine Entmenschlichung der Medizin zu vermeiden!“

Marcel Kaiser

„ Der Telenotarzt wird gerade in ländlichen Regionen eine zusätzliche Versorgungssicherheit bieten. Wir sind nach meiner Einschätzung gut für den Betrieb gerüstet.“

Marcel Kaiser

In den Startlöchern sitzt der private Arnsberger Rettungsdienst Hagelstein, der vom HSK für rettungsdienstliche Aufgaben beauftragt ist. „Der Telenotarzt wird im gesamten Land eingeführt und ist bereits in anderen Region wie Aachen oder Ostwestfalen im normalen Rettungsdienst integriert. Von daher freuen wir uns auf den Moment, in dem es auch bei uns in den Regelbetrieb geht“, sagt Geschäftsführer Marcel Kaiser. Der HSK habe den Rettungsdienst bereits bestens auf eine entsprechende Umsetzung vorbereitet.

So seien alle Hagelstein-Fahrzeuge bereits für den Betrieb des Telenotarztes umgerüstet worden. „Ebenfalls haben bereits 15 Prozent unserer Notärzte die entsprechende Weiterbildung zum Telenotarzt erhalten. Ein Weiterbildungsangebot zum Telenotarzt wollen wir auch in Kürze bei uns etablieren“, so Kaiser. Er ist auch Geschäftsführer des Instituts für Notfallmedizin (INM) Arnsberg GmbH an der Universität Witten-Herdecke. Kaiser setzt Hoffnungen in das System. „Der Telenotarzt wird gerade in ländlichen Regionen eine zusätzliche Versorgungssicherheit bieten. Wir sind nach meiner Einschätzung gut für den Betrieb gerüstet.“

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