Hüsten/Bruchhausen. Die Kegelbrüder von „Lecco Mio“ aus Hüsten treffen sich einmal im Monat im Gasthof Köster. Doch die Bahnen in den Gasttätten sind wenig nachgefragt.

Ein Donnerstagabend im Spätsommer. Die Uhr zeigt 19.15 Uhr. Vor dem Gasthof Köster in Hüsten haben sich die sechs Kegelbrüder Henning, Georg, Udo, Roman, Jürgen und Thomas bei einem frisch gezapften Bier eingefunden. Der Siebte im Bunde - Robert Dickner - fehlt heute. Niemand macht Anstalten, in die Gaststätte hineinzugehen, um zur Kegelbahn zu gelangen. Thomas Nolte gesteht dann auch freimütig: „Speziell im Sommer bleiben wir hier abends oft hängen. Manchmal geht man dann gar nicht runter zum Kegeln, sondern bleibt den ganzen Abend hier oben an der frischen Luft, trinkt und plaudert lieber.“

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Der sportliche Ehrgeiz hält sich bei den meisten Kegelbrüdern in Grenzen. „Wenn wir spielen, schaut man, dass man nicht Letzter wird, damit man sich keinen Spruch einfängt. Und wenn es mal gut läuft, drückt man lieber dem anderen mal einen Spruch rein“, sagt Henning Britten. Im Gespräch merkt man schnell: Hier handelt es sich um eine lustige Truppe, bei der viel gelacht wird und nicht jeder Satz ganz so ernst genommen werden sollte. Gegründet wurde der Kegelclub 1996 in Bruchhausen unter dem Namen „Lecco Mio“. In der Anfangszeit war das Hotel zur Post die Hauptanlaufstelle. Später wechselte man den Spielort und landete bei Köster in Hüsten.

Der Kegelclub
Thomas Nolte schiebt keine ruhige Kugel, er wirft sie die Gasse entlang. © Eric Claßen | Eric Claßen

Während sich draußen Tische und Stühle immer mehr füllen, berichtet Jürgen Reinold - Spitzname „Ferdi“ - über die Anfangszeit. Der Kassierer des Clubs gehört zusammen mit Georg Figgen zu den einzigen beiden verbliebenen Gründungsmitgliedern der Keglergemeinschaft. In den Anfangsjahren habe eine große Fluktuation geherrscht. Kegler kamen und gingen auch wieder. Seit 2008 ist das Team in der jetzigen Zusammensetzung aktiv. „In den 80er- und 90er-Jahren war es nicht einfach, überhaupt eine Bahn zu finden, weil es so viele Clubs gab und Kegeln total angesagt war. Ein Verschieben von Terminen war damals undenkbar, weil die Bahn weg gewesen wäre. Heutzutage ist das längst nicht mehr der Fall“, erinnert sich Georg Figgen.

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Zusammengefunden hatte sich das bunte Trüppchen in Bruchhausen über den Fußball. Fast alle der Kegelbrüder haben dort gekickt. Georg Figgen - gerne als „Ede“ bezeichnet - war beispielsweise der Trainer von Thomas Nolte. Altersmäßig ist die Truppe bunt gemischt. Von Anfang 40 bis Mitte 60 ist alles zu finden. Einmal im Monat wird sich bei Köster in der Regel getroffen. „Manchmal ist das wirklich ein Mittel zum Zweck“, sagt Udo „Theo“ Wienke. Die Motivation zum Spielen komme dann während des Abends. Dabei wird dann zusammen gegessen und natürlich auch getrunken. Standesgemäß Pils und Schnaps.

Reisen und eine skurille Tradition

Wettbewerbe gegen andere Kegelclubs gibt es für „Lecco Mio“ nicht. Stattdessen regelmäßige Ausflüge und einmal im Jahr eine große Tour. Portugal, Spanien, Frankreich, Österreich, die USA. Für die Kegelbrüder gab es schon so einiges zu sehen. Zwar spucke man nicht ins Glas, „aber wir sind auch nicht die Typen, die dann morgens schon direkt in die Kneipe wandern, um sich volllaufen zu lassen“, berichtet Georg Figgen. Man schaue sich vor Ort auch interessiert Sehenswürdigkeiten an. Mittlerweile zum festen Ritual sei der Besuch von Friedhöfen im Ausland geworden. Nicht zuletzt liegt das an der Berufswahl der Mitglieder Roman Dembinski und Thomas Nolte. Dembinski ist Friedhofsgärtner, Nolte Bestatter. Der Rest der Truppe hat sich an die Marotte mittlerweile gewöhnt und findet es sogar gut. „Man lernt was“, sagt Henning Britten.

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Damit das Geld in der Kegelkasse stimmt, hat Jürgen Reinold den Blick über die Finanzen. Wer beim Kegeln das Bändchen mit Glöckchen berührt, muss zahlen. Ein bisschen Schadenfreude von den Kegelbrüdern gibt es umsonst dazu. Alexandros Kolios, Wirt im Gasthof Köster, ist froh, dass der Kegelclub aktiv ist. „Leider wird das Interesse am Kegeln immer weniger. Die jungen Leute haben andere Interessen, wollen zum Beispiel lieber boweln.“ Aktuell seien noch ein paar Clubs bei ihm aktiv, in den Sommermonaten werde das aber auch noch weniger. „Einige der Clubs haben sich zu Stammtischen gewandelt. Die kegeln gar nicht mehr, sondern treffen sich bei mir auf ein paar Bier“, sagt der Wirt.

Der Kegelclub
Roman Dembinski versucht, genau zu zielen.  © Eric Claßen | Eric Claßen

Trotz des nachlassenden Interesses wolle er die Bahnen nicht schließen. Auch wenn der Betrieb ihn einiges kostet. „Die Bahnen müssen regelmäßig poliert und defekte Teile erneuert werden. Das ist auf Dauer nicht ganz so billig.“ Er wisse aber auch gar nicht, was er im Keller des Gasthofes anstelle der Bahnen einrichten sollte. „Mein Vater hat eine Gastronomie in Plettenberg, der hat auch noch Kegelbahnen und betreibt diese trotz sinkender Nachfrage weiter.“

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Das Trüppchen von „Lecco Mio“ hat keine Ambitionen, das Kegeln aufzugeben. Dafür seien die Stunden zusammen viel zu lustig und schön. Und dabei lasse sich auch so prima über Gott und die Welt diskutieren, auch wenn man nicht immer derselben Meinung ist, heißt aus der Gruppe. Eine Satzung gebe es nicht. „Wir entscheiden in der Regel alles, was wir machen, einstimmig“, sagt Henning Britten. Seine Überzeugung ist: „Ein Kegelclub tut jedem gut.“ Die anderen lachen und bestellen noch eine letzte Runde, dann geht es runter in den Kegelkeller.

Unten angekommen, wird das Abendessen bestellt. Dazu gibt es natürlich noch ne Runde Bier plus Schnaps. Zum Überbrücken der Wartezeit auf das Essen rollen dann doch noch an diesem Abend ein paar Kugeln. Und obwohl der Ehrgeiz sich in Grenzen hält, gibt es doch einen Anflug von Freude, wenn alle neun Kegel umkippen.