Neheim. Nach öffentlichem Aufschrei: Teure Krebstherapie für Neheimer Dustin Aßhoff wird von Krankenkasse übernommen. Sie hatte sich erst geweigert.
Keine zwei Wochen ist es her, dass Dustin Aßhoff aus Neheim einen Spendenaufruf auf der Internetplattform „GofundMe“ veröffentlicht hat. Nach der niederschmetternden Diagnose, dass er an einer seltenen Krebsart erkrankt ist und die Krankenkasse die Kosten für eine ganz besondere Immuntherapie nicht zahlen will, hatte sich der 24-Jährige schon fast damit abgefunden, dass er kein „Ausnahmefall“ sei - so stand es zumindest im Ablehnungsbescheid für die Kostenübernahme der Techniker Krankenkasse. Die Therapie mit dem besonderen Arzneimittel „Atezolizumab“ kostet für das erste halbe Jahr rund 80.000 Euro.
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„Dustin war am Boden zerstört, wollte schon aufgeben und war kurz davor, den Mut zu verlieren“, erinnert sich seine Mutter Sabine Aßhoff. Doch Familie, Freunde und Bekannte halten zu ihm. Sogar sein Fußballverein, der SV Hüsten 09, ruft die Mitglieder und Fans zur Spendenbereitschaft auf. Am Ende kommen bei GoFundMe 74.845 Euro zusammen, bis Dustin die Aktion selber stoppt. Denn die Krankenkasse lenkt ein.
Doch die Geschichte von Anfang an: Im Dezember 2023 entdeckt Dustin Aßhoff eine kleine Zyste an seinem Gesäß. Sie stört ihn kaum. „Wird schon wieder weggehen“, denkt er. Doch aus der Zyste wird eine unangenehme Geschwulst. „Wenn ich mich hinsetzen wollte, spürte ich plötzlich einen stechenden Schmerz“, erinnert er sich. Er geht im April dieses Jahres zu seinem Hausarzt. „Dieser schickte mich zum Chirurgen.“
Es folgt ein Ärztemarathon. Der Befund erfordert schnelles Handeln: Krebs - ein sogenanntes Weichteilsarkom. Es muss umgehend entfernt werden. „Und leider hat sich nach der OP herausgestellt, dass der Krebs in die Lunge gestreut hat“, so Dustin. Der behandelnde Onkologe empfiehlt - statt der üblichen Chemotherapie - eine Behandlung mit dem Arzneimittel „Atezolizumab“ - der einzig in den USA zugelassenen Substanz bei dieser Krankheit. Doch die Krankenkasse lehnt ab. In der Begründung heißt es: „Dieses Arzneimittel ist nicht für die Behandlung Ihrer Krankheit zugelassen. Es kann nur in besonderen Ausnahmefällen auf einem Kassenrezept verordnet werden.“
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Auf Nachfrage unserer Zeitung antwortet die Techniker Krankenkasse zunächst nicht. Währenddessen startet der Aufruf im Internet und wir berichten über den Fall. Kaum eine Woche vergeht und es sind fast 50.000 Euro zusammenkommen. Sogar Bekannte, wie beispielsweise Mouhamed Adlouni, sind mit der Spendendose in der Neheimer Fußgängerzone unterwegs, in die Passanten insgesamt 170 Euro einwerfen. Dustin ist von der Spendenbereitschaft überwältigt. „Ich finde es schön, dass so viele Menschen helfen, die mich größtenteils gar nicht kennen“, sagt er. Seine Eltern wollten schon einen Kredit bei der Bank aufnehmen Nun freuen sich, das dies nicht nötig zu sein scheint.
Der Bericht in unserer Zeitung und im Netz wird fast 80.000 Mal gelesen und mehr als 70.000 Euro kommen bei der Spendenaktion zusammen, als die Krankenkasse plötzlich einlenkt und am 20. August einen Brief an Dustin schickt: „Unter Berücksichtigung der sozialmedizinischen Aspekte bewilligen wir den Antrag auf Atezolizumab bei Ihnen, während der ambulanten Behandlung für die Dauer von sechs Monaten. Ist eine weitere Behandlung mit diesem Arzneimittel notwendig, beantragen Sie bitte rechtzeitig, vor Ablauf der Frist, eine weitere Kostenübernahme.“
Spendengelder sind eingefroren
Einen Tag später meldet sich zudem die Pressestelle der Techniker Krankenkasse bei der WP mit dem Statement: „Bezüglich der beantragten Immuntherapie für Herrn Asshoff gibt es gute Neuigkeiten. Herr Asshoff und sein behandelnder Arzt haben uns in den vergangenen Tagen in einem Widerspruch ausführlich dargelegt, dass die vom Gutachter des medizinischen Dienstes aufgezeigten vertraglichen Behandlungsalternativen nicht möglich sind. Diese Argumente können wir gut nachvollziehen. Deshalb unterstützen wir die Therapie von Herrn Asshoff mit dem Medikament Atezolizumab für die beantragte Dauer von sechs Monaten. Eine entsprechende Bewilligung haben wir Herrn Asshoff umgehend auf dem digitalen Weg zugesandt.“
Ende gut - alles gut. Jetzt muss Dustin nur noch gesund werden. „Die Spendengelder sind zurzeit ‚eingefroren‘ und werden zu gleichen Teilen an die Deutsche Krebshilfe, die Sarkomforschung und an das Hospiz Raphael übergeben“, da ist sich die Familie einig. Wir berichten zum gegebenen Zeitpunkt darüber.