Arnsberg. Start mit neuer Doppelspitze an der Caritasschule Mariannhill: Warum sich Leiterin Nicole Thurau-Stoeck eine andere Schule gar nicht vorstellen kann...
„Back to School“ heißt es zur Wochenmitte auch an der Caritasschule Mariannhill in Arnsberg. Ohne Michael Wendt, der die Schule 16 Jahre lang leitete und im Juli in den Ruhestand wechselte. Die bisherige Konrektorin Nicole Thurau-Stoeck übernimmt, ihr zur Seite steht als (derzeit noch kommissarische) Stellvertreterin Christina Winterscheid. Im Gespräch mit der Redaktion berichtet die neue Chefin über die Herausforderung, an einer Förderschule zu unterrichten.
Auch interessant
Mussten Sie überlegen, sich auf die Stelle als Leiterin zu bewerben – oder ist man auf Sie zugegangen?
Natürlich habe ich darüber nachgedacht, aber es war schon immer mein beruflicher Traum. Eine solche Aufgabe übernimmt man nicht einfach so. Neben den zu erbringenden Prüfungen war mir immer sehr bewusst, dass Schulleitung sehr anspruchsvoll und herausfordernd ist. Hat man dann aber das Glück die „perfekte“ Schule - mit einer wunderbaren Schülerschaft, mitgehenden Eltern, einem hoch motivierten und unterstützenden Kollegium sowie einem Träger, der immer ansprechbar und tragend ist - zu haben, dann überlegt man nicht lange. Nur wenn alle zusammen den Weg gehen, nur dann kann ja auch Schulleitung funktionieren und Freude machen. Zusätzlich haben Michael Wendt und das Kollegium immer wieder formuliert, dass sie sich das wünschen und vorstellen können. Auch von Seiten des Trägers wurde dies signalisiert. Mit dieser Rückendeckung und den Erfahrungen aus meiner Konrektorenzeit war es nicht schwer, sich für diese Stelle zu bewerben. Ich kann mir eine andere Schule auch gar nicht vorstellen. Auch ist es aus familiärer Sicht gut machbar. Mein Sohn ist erwachsen. Schulleitung fordert viel Zeit und Engagement.
Sie waren zuvor bereits Konrektorin, kennen die Schule sehr genau – ein Vorteil?
Ja, das empfinde ich als Vorteil. Ich begleite seit 2017 die verschiedenen Prozesse in der Schule, kenne das Kollegium und den Träger. So kann die Arbeit weitergehen. Herr Wendt hat die Voraussetzungen für die Umsetzung des angedachten pädagogischen Konzeptes (Montessori) gelegt. Ich freue mich sehr darauf, das mit dem Kollegium in den kommenden Jahren umzusetzen. Dass ich bleibe und die Funktion der Schulleitung übernehme, gibt allen Beteiligten Sicherheit und Kontinuität. Vor allem auch unseren Schülern. Als klar wurde, dass Herr Wendt geht, haben sie sehr oft gefragt ob ich bleibe. Es gibt aber auch mir viel Sicherheit und Kraft. Denn ich weiß, dass ich mit dem Kollegium und dem Träger sehr gut und vertrauensvoll zusammenarbeite. Das ist wichtig, die Herausforderungen sind für alle in einem System Schule sehr groß. Ich freue mich aber, dass Christina Winterscheid, als kommissarische Konrektorin, von außen in unser System kommt. Nicht nur, dass sich die Aufgaben zu zweit viel besser tragen lassen, sie bringt neue Ideen und Erfahrungen mit - und schaut mit ganz anderen Augen auf die Strukturen der Schule. Das weitet den Blick und bringt neue Impulse und Ideen.
Ihr Vorgänger hinterlässt große „Fußstapfen“ – werden Sie trotzdem Veränderungen in Angriff nehmen?
Das ist richtig. Michael Wendt war ein sehr engagierter Schulleiter, dem immer ein gutes Arbeitsklima wichtig war. Vor allem die Schülerschaft lag ihm sehr am Herzen. Das wir jetzt dieses neue Schulgebäude genießen dürfen ist sein Verdienst. Viele Jahre hat er dafür gekämpft, dass wir endlich die Räumlichkeiten bekommen, die wir für unsere besondere Schülerschaft und die damit verbundene sehr individuelle Arbeit brauchen. Mir ist es sehr wichtig, dass diese Fußstapfen immer sichtbar bleiben. Würde ich in sie treten, würde es ja bedeuten, wir gingen Rückwärts. Ich möchte zurückblicken und die Fußstapfen sehen können. Ja, natürlich nehmen wir Veränderungen in Angriff. Schul- und Unterrichtsentwicklung ist ein steter, laufender Prozess - der nie stillsteht. Mit dem Schulumbau und den tollen räumlichen Möglichkeiten ist es unser Ziel, das pädagogische Konzept auf die Montessori-Pädagogik auszurichten. Schon jetzt arbeiten wir in vielen Teilen danach. Nun soll es professionalisiert werden. Das braucht Zeit und eine sehr gute Vorbereitung.
Als Leiterin hat man mehr administrative Aufgaben, unterrichten Sie künftig weiterhin wie gewohnt?
Auf jeden Fall, wenn auch in einem sehr geringen Umfang. Ich arbeite unendlich gerne mit Schülern und Kollegen im Unterricht zusammen. Auch möchte ich so den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen pflegen und selber erfahren, was an Herausforderungen zu bewältigen ist, was gut läuft und wo Hilfen nötig sind. Nur dann kann ich als Leitung mit dem Kollegium die pädagogische Arbeit immer wieder anpassen. Auch kann ich so verstehen, wo „der Schuh“ im Alltag drückt. Es ist für mich nicht vorstellbar, überhaupt nicht mehr zu unterrichten. Ich bin ja auch weiter Lehrerin - mit großer Freude.
Auch interessant
Wie „ticken“ Sie als Pädagogin, was ist ihnen besonders wichtig im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern?
Die Kinder und Jugendlichen sind das Wichtigste in unserem System. Sie morgens in der Schule begrüßen zu dürfen, mit ihnen zu lachen und zu lernen, aber auch zu streiten, sie um mich zu haben erfüllt mich mit absolutem Glück und einer tiefen inneren Zufriedenheit. Diese Kinder schenken einem so unfassbar viel, das ist mit Worten nicht auszudrücken. Das muss man einfach einmal im Schulalltag erleben. Mir ist es sehr wichtig, dass wir alle mit Respekt und Achtung unseren anvertrauten Schülern entgegentreten. Unsere Schüler bringen viele Talente mit, diese gilt es zu entdecken und zu fördern. Auch ist es mir persönlich sehr wichtig, ihnen Selbstbewusstsein und Selbstliebe mitzugeben. Sie sollen lernen und spüren, dass sie so wie sie sind wunderbar sind, auch in ihren Besonderheiten. Alle bringen sie Fähigkeiten mit, diese gilt es zu fördern. Aber auch die Schwächen zu erkennen, damit umzugehen lernen und daran zu arbeiten. Alles Aufgaben, die es eigentlich in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, unabhängig davon ob sie Beeinträchtigungen haben oder nicht, im Fokus stehen müssten.
14 Klassen, 144 Schülerinnen und Schüler
Die Caritasschule Mariannhill ist eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Das Kollegium, aktuell 43 Lehrerinnen und Lehrer, hat zur Aufgabe, die Schüler zu einem möglichst eigenständigen Leben zu befähigen. Abgedeckt wird der Bereich Arnsberg/Sundern.
Derzeit gibt es 14 Klassen, die Nachfrage nach einem Platz an der Förderschule steigt stetig. Besonders wichtig für das Lernen sind, neben den Pädagogen, auch sogenannte Integrationshelfer, die die Kinder und Jugendlichen individuell, über das Lernen hinaus, betreuen (z.B. auch mal Windeln wechseln...). Hier wird noch Verstärkung gesucht - Info, Kontakt:
Caritas-Schule Mariannhill, Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung, Mariannhillerweg 2 in 59821 Arnsberg, Telefon 02931-5450911, Mail schule@caritas-arnsberg.de , Homepage https://caritas-schule-mariannhill.de/
Unsere Arbeit ist nur um einiges komplexer. Natürlich gehört die Vermittlung der verschiedenen Lerninhalte zu unseren Aufgaben. Das Hauptziel unserer Schulform ist es jedoch, die Kinder und Jugendlichen in ihrer Lebenspraxis zu fördern, so dass sie später so selbstständig wie nur möglich leben können. Dazu gehört der lebenspraktische Unterricht, der unsere Pädagogik bestimmt. Das Besondere ist, dass wir sehr viel Zeit mit unseren Kindern verbringen. Für unsere Schülerschaft sind wir mehr als nur „Schule“. Wir sind ein ganz wichtiger Lebensraum für sie.
Wo möchten Sie „ihre“ Schule in fünf Jahren sehen?
In fünf Jahren, das ist eine kurze Zeit für das System Schule. In fünf Jahren sollte das pädagogische Konzept für die Montessoripädagogik stehen und die Fortbildungen sollten laufen. Ebenso sollten die ersten Klassen mit neuen Möbeln ausgestattet sein, die dieses pädagogische Konzept bilden. Zusätzlich gibt es neue Richtlinien für unsere Schulform. Die Implementation läuft schon und wird mit Sicherheit in dem genannten Zeitraum vollzogen sein. Wichtig ist mir aber auch, dass wir auch dann dieses tolle, unterstützende, tragende Arbeitsklima haben. Das ist die Voraussetzung für alles. Unsere Schule wird von verschiedenen Säulen getragen. Jede Säule muss stabil sein, keine steht für sich. Träger, Schulleitung, Kollegium, Integrationshelfer, Schülerschaft und vor allem auch die Eltern. Auch in fünf Jahren sollten diese Säulen so standfest und gegenseitig tragend sein wie sie es jetzt sind.
Erzählen Sie unseren Lesenden ein wenig über „Nicole Thurau-Stoeck privat“?
Ich lese sehr gerne Thriller, treibe zum Ausgleich Sport. In den Ferien liebe ich es, zu wandern. Die Familie gibt Halt und Unterstützung, dafür bin ich sehr dankbar.