Wennigloh . 25 Alpakas bekommen die Wolle herunter: Das ist ein echtes Schauspiel auf dem Ennerthof. Es sind immer auch Besucher dabei - so auch diesmal.

Wenn Othello, Romeo und Valentino auf Tour gehen, dann ist zwar kein Drama a la Shakespeare zu erwarten, dennoch geht es den Arnsberger Exoten einmal im Jahr, im wahrsten Sinne des Wortes, an den Kragen. Welches Alpaka bekommt einen modischen Kragen geschoren? Wem steht eher ein Vokuhila (vorne kurz, hinten lang) zu Gesicht? Wer darf mit einem ganz klassischen Scherenschnitt wieder zurück auf die Wiese? Da wird sich mit Peter und Gaby Pfeiffer kurz beraten und dann kann es auch schon weiter gehen.

Aus dem jährlichen Scheren hat sich im Laufe der Zeit ein Hoffest entwickelt, denn Nachbarn, Ortsansässige und Alpaka-Fans von nah und fern kommen gerne vorbei, um sich das Spektakel anzusehen. Bei frischen Waffeln und einer Tasse Kaffee können Fragen gestellt werden, die Lena Schulte-Stiefermann gerne beantwortet. Zur Unterstützung hat sie auch ein paar freiwillige Helfer dabei. Die Wolle wird gesammelt und dann zur weiteren Verarbeitung an das produzierende Gewerbe geschickt.

Alpaka-Faser ist insbesondere für Winterbekleidungen sehr beliebt. Denn sie ist geruchsneutral und sogar geeignet für Allergiker, da keine Wollfette (Lanolin) nachweisbar sind. Gemäß dem Alpaka Zucht Verband Deutschland kann je Tier etwa ein bis vier Kilogramm Alpaka-Wolle geschoren werden – und das in mehreren sogenannten Feinheitsstufen (je nach Alter des Tieres).

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Der Ennerthof in Wennigloh ist ein Traditionshof, der seit 1535 existiert. Geführt von Roland Schulte-Stiefermann und seiner Frau Lena war die Anlage, bis vor einigen Jahren, ein Milchbauernhof. Als die Milchpreise weiter stiegen, lohnte sich der Milchverkauf nicht mehr. Die ersten Alpakas von einer Zucht aus Plettenberg und weitere aus Sundern-Westenfeld waren zu dem Zeitpunkt schon auf dem Ennerthof.

Pflege musste gelernt werden

Pflege, Halftern, tierärztliche Versorgung, vor allem aber der Umgang mit dem Flucht- und Distanztier mussten geübt werden, damit man auf den Touren auch mit Schrecksituationen umgehen lernte. Lena Schulte-Stiefermann, die bis dato noch in Vollzeit als Logopädin arbeitete, war gleich Feuer und Flamme, wie sie im Interview erzählt. „Mein Mann schwärmte total von den Alpakas und da bin ich dann voll mit eingestiegen.“ Von erfahrenen Züchtern kauften sie und ihr Mann Roland dann weitere Alpakas. Die Tiere nennt sie liebevoll ihre „Jungs“. Selbst züchten wollen die beiden nicht.

Fine-Tuning am Kragen. . .
Fine-Tuning am Kragen. . . © Nicole Herrmann | Nicole Herrmann

Die 25 männlichen Alpakas mit so ausgefallenen Namen wie Bruno, Cosmo und Diego sind sehr neugierig, wenn Besuch da ist, und schauen sich die Menschen, mit denen sie spazieren gehen wollen, gut an. Die Namen enden übrigens alle auf „o“ und wurden auch schon einmal, als Roland und Lena Schulte-Stiefermann keine Namen mehr einfielen, auf Facebook abgestimmt. Da setzten sich dann Smudo und Campino durch. Der Älteste im Bunde ist Cosmo und mit seinen 17 ½ Jahren zwar noch ganz rüstig, aber nicht mehr so belastbar wie die Nesthäkchen Santo oder Miro, die mit ihren zwei Jahren wie junge Spunde über den Hinterhof springen.

Kinderkrankheiten

Christo tapert ganz vorsichtig über den Hofplatz, denn seitdem er an einer Augenkrankheit leidet und nicht mehr so gut sehen kann, ist er etwas vorsichtiger geworden. Ja, auch Kinderkrankheiten machen vor Alpakas nicht halt. Angefangen bei Milben über Würmer oder auch eine Entzündung des Kieferknochens, die leider nicht gut ausging, hatte Lena Schulte-Stiefermann schon so einige tierische Erlebnisse mit dabei. Die wenigen Tierärzte in der Region, die auch Kameliden (Säugetiere aus der Ordnung der Paarhufer) behandeln, haben ihre Arbeit bisher richtig gut gemacht, sagt die Besitzerin.

„Mit einer Tierheilpraktikerin, Homöopathie, Bioresonanz, Blutegel Therapie, Heilpilzen und Akupunktur haben wir schon einiges ausprobiert.“ Mit der Blutegel-Therapie konnte Apollo sogar im letzten Jahr das Ohr gerettet werden. Wenn dann mal Zähne zu lang gewachsen sind, die gekürzt werden müssen, die Nägel an den Zehen geschnitten werden oder, wie an diesem Tag, die Wolle geschoren werden muss, dann ist die Welt auf dem Ennerthof im Lot.

Lena Schulte-Stiferman bringt das letzte Alpaka zur Wiese.
Lena Schulte-Stiferman bringt das letzte Alpaka zur Wiese. © Nicole Herrmann | Nicole Herrmann

Das letzte Alpaka bringt die Chefin selber zur Wiese, während Peter Pfeiffer und sein Team das Handwerkszeug wieder aufräumen. Und als dann alle Besucher und Helfer gegangen sind, ist auch für Lena Schulte-Stiefermann und den Ennerthof der aufregende Tag beendet. „Nachdem ich abends meine Kinder ins Bett gebracht habe, schaue ich nochmal nach den Alpakas und dann habe ich auch Feierabend“.

Wer Lust hat, sich das Scheren einmal selber anzuschauen oder auch an einer der Touren teilzunehmen, kann sich auf der Webseite unter ennerthof.de weiter informieren.