Arnsberg. Wesco ist Geschichte. Jetzt geht es um die Zukunftsperspektive für das alte Hüstener Fabrikgelände. Das ist Futter für den Wahlkampf.
Ein echtes Filetstück - ohne Frage. Das Wesco-Gelände zwischen Bahnhof Neheim-Hüsten und der Ruhr ist nicht nur ein Ort von beeindruckender Industriegeschichte, der aufgrund des beklagenswerten Endes des im Frühjahr durch Insolvenz zerschlagenen Traditionsunternehmens viele Emotionen rührt. Es ist ein höchst attraktiver Platz mit Potenzial für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung.
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Nun scheiden sich aber die Geister, wie damit umzugehen ist. Die Stadtverwaltung und Bürgermeister Ralf Bittner reklamieren für sich, das Thema der Nachnutzung von Beginn an auf dem Schirm gehabt zu haben. Bittner will Projektentwickler und Geldinstitute zusammenbringen. Aktuell sind Gebäude und Grundstücke noch Gegenstand zweier getrennter Insolvenzverfahren. Aus Teilen der Lokalpolitik kommt die Forderung, dass die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen sollte, um aktiv gestalten zu können.
Dass dieser Vorschlag ausgerechnet aus der Ecke kommt, die gerade erst von der Stadtverwaltung eine strenge Prüfung verlangt hat, ob und wo sich die Kommune zum Sparen von laufenden Kosten und zugunsten einer Verbesserung der Einnahmeseite von Liegenschaften trennen könnte, lässt aufhorchen. Ganz so einfach ist es nämlich nicht: Ein städtischer Kauf der Fläche gibt der ja durchaus klammen Kommune zwar deutlich mehr Einfluss auf die Entwicklung des Areals als bei einer Übernahme durch einen wildfremden Investor, doch geht damit auch das Risiko komplett auf die Stadt und damit auf die Allgemeinheit über.
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Was, wenn sich Grundstücke und Gebäude schwerer vermarkten lassen als gewünscht? Was, wenn sich Ideen der Stadt für die Nutzung - egal, ob Wohnen oder Gewerbe - so schnell oder absehbar gar nicht realisieren lassen, weil nötige Partner nicht mitspielen? Was, wenn der Grundbesitz durch zu lange selbst zu tragenden Unterhalt oder gar durch bei Industriegeländen nie auszuschließende Altlastenfunde, über viele Jahre hinweg nach der einmaligen Kauf-Investition weiter nur Kosten erzeugt? So etwas muss genau abgewägt werden - und müsste übrigens in einem transparenten politischen Konsens geschehen. Ansonsten wäre absehbar, dass das Wesco-Gelände im Fall einer Stagnation über kurz oder lang zu einem politischen Zankapfel werden würde.
Wahlkampf lässt sich damit jetzt schon machen. Ein Bürgermeister will selbstverständlich unter Beweis stellen, dass er Visionen für dieses emotional aufgeladene Gelände hat. Und die politischen Gegenspieler würden natürlich gerne aufzeigen, dass der Bürgermeister mögliche Chancen nicht ergreift. Die Forderung nach dem Kauf durch die Stadt erzeugt zweifellos politischen Druck: Kauft die Stadt nicht, kann eine politische Opposition daraus Untätigkeit ableiten, sofern nichts anderes Sichtbares passiert.
Am Ende aber müssen alle ein Interesse daran haben, dass so bald wie möglich eine Zukunftsperspektive für das Filetstück aufgezeigt wird. Einfache Lösungen gibt es da ganz sicher nicht. Das schlimmste wäre, wenn das altehrwürdige Wesco-Areal zu einer über Jahre hinweg nicht entwickelten Industriebrache würde. Ein schlüssiges Konzept aus einem Guss für die gesamte Fläche wäre wünschenswert - gleichgültig, wer es am Ende macht.