Arnsberg/Sundern. Städte warten auf detailliertere Daten zur Prognose zur Grundsteuerentwicklung. Betreffen aber wird die Reform jeden Bürger - aber wie?
Die Grundsteuerreform stellt den Kommunen und ihren Kommunalpolitikern in Arnsberg und Sundern noch ein dickes Paket Hausaufgaben. Auch nach der Benennung der „aufkommensneutralen Hebesätze“ durch das Land NRW für jede einzelne Stadt fehlt es an konkreten Daten, um im Detail und sicher zu benennen, wie sich die Reform auf jeden einzelnen Grundstücksbesitzer auswirkt. Fakt ist: Von der Grundsteuer B ist direkt oder indirekt jeder Bürger betroffen.
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Gibt es für Arnsberg oder Sundern bereits Beispielrechnungen, wie sich die Reform auf einzelne Grundstücksformen in Arnsberg auswirken kann?
„Es gibt keine Beispielrechnungen“, teilen die Städte Arnsberg und Sundern in einer gemeinsamen Reaktion auf eine Anfrage unserer Zeitung mit. Das Land hat aber zum 20. Juni 2024 die „aufkommensneutralen Hebesätze“ bekannt gegeben. In den nächsten Wochen will das Land zusätzliche Listen für die Städte mit den neuen Bewertungsinformationen zur Verfügung stellen. „Erst dann ist eine genaue Analyse in den Steuerämtern der Städte Arnsberg und Sundern überhaupt möglich, die Wirkung der Grundsteuerreform auf die verschiedenen Grundstücksarten zu ermitteln und anhand anonymisierter Beispiele darzustellen“, so Alicia Sommer, Sprecherin der Stadt Sundern. Aber selbst dies werden dann noch keine endgültigen Werte sein, weil die tatsächlichen Hebesätze erst durch die städtischen Räte beschlossen werden müssen. Ein Gesetzentwurf zu einer differenzierten Grundsteuer - da soll nach Wohn- und Nicht-Wohngrundstücken unterschieden werden - kann dabei noch zu erheblichen Veränderungen in der Bewertung führen und den Kommunen und ihrer Politik noch andere Gestaltungsmöglichkeiten geben.
Was ist Grundsteuer A und was ist Grundsteuer B in NRW?
Bei der Grundsteuer unterscheidet man zwischen der Grundsteuer A und B. Die Grundsteuer B gilt für bebaute und für unbebaute Grundstücke. Für landwirtschaftliche Betriebe fällt hingegen die Grundsteuer A an.
Wie ist das Verhältnis von Wohn- und Gewerbeflächen in Arnsberg und Sundern?
Auch hier gibt es noch keinen klaren Überblick. „Ohne die zusätzlichen Datenlieferungen des Landes und die Analysen der Steuerämter der Städte können hierzu keine Angaben gemacht werden“, heißt es. Bei dem differenzierten Hebesatz soll zwischen Wohn- und Nicht-Wohngrundstücken unterschieden werden. Zu den Nicht-Wohnflächen gehören dabei noch weit mehr mehr Grundstücksarten als die Gewerbeflächen - zum Beispiel die unbebauten Grundstücke. Welche Grundstücke und Grundstücksgrößen zu den Gewinnern oder Verlierern gehören werden, wollen beide Städte ohne genaue Daten-Grundlage noch nicht benennen.
Wie sind die aktuellen Hebesätze in Arnsberg und Sundern?
Die aktuellen Hebesätze in Sundern betragen für die Grundsteuer A 335 Prozent und für die Grundsteuer B 576 Prozent. Eine Besonderheit in Sundern ist, dass der Winterdienst in die Hebesätze „eingepreist“ ist, also keine separaten Winterdienstgebühren erhoben werden. In Arnsberg wurden die Hebesätze für 2024 in der jüngsten Ratssitzung festgesetzt - für die Grundsteuer A 299 Prozent und für die Grundsteuer B 573 Prozent.
Was soll sich in Sundern ändern?
Um nach Wirken der Grundsteuerreform dennoch Steuereinnahmen in gleicher Höhe zu haben, schlug das Land die aufkommensneutralen Hebesätze für jede Kommune vor. In Sundern betragen die aufkommensneutrale Hebesätze für die Grundsteuer A 233 Prozent (anstatt jetzt 335 Prozent) für die Grundsteuer B 828 Prozent (anstatt jetzt 576 Prozent). Bei den differenzierten Hebesätzen für die Grundsteuer B Wohngrundstücke 684 Prozent und Grundsteuer B Nichtwohngrundstücke 1225 Prozent.
Was kann sich in Arnsberg ändern?
In Arnsberg betragen die vorgeschlagenen aufkommensneutrale Hebesätze für die Grundsteuer A 307 Prozent (anstatt jetzt 299 Prozent) und für die Grundsteuer B 716 Prozent (anstatt jetzt 573 Prozent). Bei den differenzierten Hebesätzen wurden für Arnsberg für die Grundsteuer B Wohngrundstücke 572 Prozent und für die Grundsteuer B Nichtwohngrundstücke 1093 Prozent vorgeschlagen. Die Hebesatzangaben auf der Seite des Finanzministeriums NRW berücksichtigen aber nicht, dass der Rat in Arnsberg erst jetzt die Hebesätze für 2024 festgelegt hatte.
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Berücksichtigen Anpassungen der Hebesätze im Rahmen des Haushalte 2024 schon die möglichen Auswirkungen der Grundsteuerreform?
Die Stadt Sundern hat mit ihrem beschlossenen Haushalt 2024 keine Veränderung der Hebesätze für die Grundsteuer vorgenommen. „Für die Haushaltsplanung haben die Umsetzung der Grundsteuerreform und die neuen Hebesätze jedoch direkt keine Auswirkungen, denn es gilt zunächst einmal die Aufkommensneutralität“, so Alicia Sommer. Aufkommensneutral bedeutet, dass jede Gemeinde nach Umsetzung der Reform ihr Grundsteueraufkommen insgesamt stabil halten kann, also im Jahr 2025 in Summe ähnlich viel Grundsteuer einnimmt wie in den Jahren vor der Reform. Die Reform als solche ist also kein Grund dafür, dass sich das Aufkommen verändert. „Aufkommensneutralität bedeutet jedoch nicht, dass die individuelle Grundsteuer für den Grundstückseigentümer gleichbleibt“, so die Sprecherin. Denn wenn die Neubewertung ergebe, dass ein Grundbesitz vergleichsweise stark an Wert zugelegt hat, dann steigt dafür zukünftig die Grundsteuer - auch wenn sich das Gesamtaufkommen vor Ort nicht erhöht. Die Stadt Arnsberg hat einen Doppelhaushalt 2024/2025 auf. Dabei wird für 2025 von einem aufkommensneutralen Hebesatz ausgegangen. Insofern sollten die geplanten Grundsteuereinnahmen 2024 und 2025 für die Stadt Arnsberg fast identisch sein.
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Sind besonders extreme Fälle zu erwarten?
Derzeit liegen noch keine Beispielrechnungen vor. „Realistische Berechnungen sind erst auf Basis der vom Rat beschlossenen Hebesätze für 2025 möglich“, so Alicia Sommer. Diese werden, besonders unter Berücksichtigung der erwarteten neuen Gesetzgebung zum differenzierten Hebesatz, voraussichtlich in beiden Städten in den Sitzungen im Herbst 2024 beschlossen. Alle Berechnungen vor den Hebesatzfestsetzungen der Räte werden somit „was wäre wenn“- Beispiele, die aufgrund von Annahmen getroffen werden.
Was will die Politik?
Die Politik in Arnsberg und Sundern hat schon jetzt angekündigt, den Prozess der Grundsteuer-Gestaltung intensiv zu begleiten. Klar: Die Stadträte entscheiden über die ab 2025 gültigen Hebesätze. In Arnsberg ist allen Beteiligten klar, dass die nun für 2024 rückwirkend beschlossenen Hebesätze zum Ende des Jahres mit Blick auf die Grundsteuerreform erneut diskutiert werden müssen. In den Fokus rücken dann Auswirkungen auf Gewerbetreibende, Eigenheimbesitzer, Besitzer von noch unbebauten Wohngrundstücken und vor allem auch auf Mieter, auf die mögliche Steuererhöhungen umgelegt werden dürften. Die politische Diskussion über die Höhe der künftigen Grundsteuer wird dann vermutlich schon durch die Kommunalwahl 2025 geprägt sein.