Arnsberg/Neheim. Machen Sie mit beim Teatron Theater! Interaktive Aktion diesen Samstag auf dem Schlabberkappes. Tacheles sprechen auf dem grünen Sofa.

„Ich wünsche mir, dass in Arnsberg auch zukünftig geflüchtete Leute willkommen sind“, sagt Hena (18), „Ich fühle mich schon nach dieser kurzen Zeit als Arnsbergerin.“ Sie ist eine von mehreren Protagonisten, die bereits auf „dem grünen Sofa“ im JBZ Liebfrauen in Arnsberg Platz nehmen durften, um über ihre ganz persönlichen Wünsche für Arnsberg als „Stadt der Zukunft“ zu sprechen.

Die junge Afghanin lebt seit etwa eineinhalb Jahren im Stadtgebiet, absolvierte kürzlich ihren Schulabschluss nach der zehnten Klasse und visiert das Abitur an. „Ich habe so viel gelernt in dieser Zeit, dass ich gern nach dem Abitur eine Ausbildung bei der Stadtverwaltung Arnsberg machen möchte“, sagt sie. Denn sie freut sich insbesondere darüber, dass Mädchen und Frauen in Deutschland Mitspracherechte haben - und dass sie nicht, wie in ihrer Heimat Afghanistan, ausgeschlossen werden. „In meinem Heimatland ist ab der 6. Klasse kein Schulbesuch für Mädchen mehr möglich. Dort wird Mädchen und Frauen die Bildung verwehrt.“

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Am 29. Juni wird „das grüne Sofa“ auf dem Schlabberkappes im Brökelmanns Park in Neheim stehen und jedermann bzw. „jederfrau“ die Möglichkeit bieten, an diesem Projekt teilzunehmen - ganz gleich, ob mit oder ohne Kamera. Denn auch, wenn das Teatron Theater die Interviews auszugsweise in seiner Premiere und den weiteren Aufführungen verwenden möchte, so ist es an jeder Person selbst, diesem zuzustimmen oder „nur“ die eigene Meinung loszuwerden. So oder so - mitmachen ist alles.

„Wie stelle ich mir meine Stadt der Zukunft vor?“

Hena wird mit ihren Zukunftswünschen Teil einer ganz besonderen Darbietung des Teatron Theaters im Zuge der „Theadipolis“ (Ein Mitmach-Projekt). Das auf drei Jahre angelegte Projekt beginnt in diesem Jahr mit Frauen aller Altersgruppen, die sich im Zeitraum von März bis September aus spezifisch weiblicher Perspektive über das Zusammensein in der Stadt Arnsberg austauschen werden.

„Wie stelle ich mir meine Stadt der Zukunft vor? Welche Räume – konkrete und mentale – brauche ich, um ein glückliches, sicheres, hoffnungsvolles, kreatives Leben führen zu können?“ Diese und viele weitere, noch zu entdeckenden Fragen werden in dieses partizipatorische Projekt einbezogen - und in Form einer besonderen Theaterdarbietung in der Premiere am 6. September um 20 Uhr in der Kulturschmiede präsentiert.

Unterschiedliche Zielgruppen

Das Projekt des ersten Jahres (2024) hat als Zielgruppe Frauen aller Generationen, um die spezifisch weibliche Sicht auf unsere Stadt zu erforschen. Im zweiten Jahr (2025) wird eine integrative Gruppe angestrebt, die auch (nicht nur) Menschen mit besonderen Herausforderungen einschließt. Und im dritten Jahr (2026) wird der Kreis auf alle Interessierten ausgeweitet, und alle Gruppen werden in einem großen Finale zu Wort kommen.

Weitere Informationen unter https://teatron-theater.de oder auf Instagram und Facebook.

„Jedes Jahr werden in einer großen Theater-Collage aus Szenen, Monologen, Filmen, Liedern die Ergebnisse vorgestellt – vorbereitet und begleitet von öffentlichen Proben, Theater-Gesprächen und Straßenaktionen“, so Ursula Almagor (63), Dramaturgin des Teatron Theaters. Eine Chance für jedermann und „jederfrau“ in der Stadt Arnsberg, sich einzubringen und ide Zukunft mitzugestalten. „Es ist eine andere Art von Kommunikation als ein laffes Gespräch am Tisch“, ergänzt Yehuda Almagor (64), „und letztlich entsteht eine ganz andere Qualität des Materials.“

Mit Herzblut im Teatron Theater

Es ist die Partizipation einer jeden Person, die Yehuda und Ursula Almagor direkt überzeugte, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Denn es ist auch ihnen selbst wichtig, die Zukunft der Stadt Arnsberg mitgestalten zu können.

Der gebürtige Israeli lebt seit gut 40 Jahren in Deutschland - wurde noch in Israel Schauspieler und Regisseur. Auch Ursula Almagor lebte eine Zeit lang in Israel, studierte vormals Literaturwissenschaften und wechselte nach und nach immer mehr in die Dramaturgie.

Gemeinsam gründeten sie 1991 das Teatron Theater als „freies professionelles Theater“. Bis 2008 war es mit zahlreichen Gastspielen auf nationalen und internationalen Bühnen und Festivals in Deutschland, Europa, den USA, Russland und Israel vertreten. Parallel dazu arbeitet das kreative Team seit 1996 kontinuierlich in Arnsberg, seit 2004 in der KulturSchmiede Arnsberg als feste Spielstätte. „Das Besondere unserer aktuellen Arbeit ist, dass wir in diesem Projekt eben nicht mit professionellen Schauspielerinnen und Schauspielern arbeiten, sondern mit jeder bzw jedem, der möchte“, sagt Ursula Almagor, „wir sind sozusagen ein autobiografisches, dokumentierendes Theater - das ist spannend.“

„Wir möchten mit den Menschen über ernsthafte Fragen sprechen. Gerne auch mit jüngeren Menschen - wie jetzt auch auf dem grünen Sofa.“

Yehuda Almagor
Regisseur Teatron Theater

Yehuda Almagor ergänzt: „Das mindert jedoch nicht die Qualität und den Inhalt unserer Projekte - ganz im Gegenteil: Wir sind nach wie vor klassisch orientiert. Wir möchten mit den Menschen über ernsthafte Fragen sprechen. Gerne auch mit jüngeren Menschen - wie jetzt auch auf dem grünen Sofa.“

Das grüne Sofa unterwegs in Neheim

Das gesamte Projekt sei das Herzstück eines groß angelegten Projekts, das die Stadt Arnsberg aktuell betreibe, um auch die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen vor Ort kennenzulernen und sie am Zukunftsgeschehen teilhaben zu lassen. „Die Ergebnisse aus den offenen Proben, in denen bereits Menschen interviewt wurden, wurden bereits gesichtet“, bestätigt Birte Flügge (45), Projektkoordinatorin „Theadipolis“ der Stadt Arnsberg, „aus diesen Ergebnissen ging hervor, dass insbesondere die Digitalisierung, aber auch die Gewalt bzw. Angst von Frauen in der Öffentlichkeit die zwei am meisten angesprochenen Themen darstellen.“

Und was geschieht nach der Auswertung? Mit den anstehenden Themen werden die entsprechenden Fachabteilungen der Stadt Arnsberg konfrontiet, um - ebenfalls beispielsweise in Arbeitsgruppen mit Bürgerinnen und Bürgern - mögliche Lösungsansätze zu finden. Birte Flügge freut sich daher auf die Ergebnisse - auch diejenigen vom Schlabberkappes am Samstag.

Die vielen Protagonisten aus dem JBZ Liebfrauen und aus den offenen Proben des Teatron Theaters, wie Hena, sind bereits Teil des gewünschten großen Ganzen - und all diejenigen, die am Samstag nicht zum Schlabberkappes kommen können, erhalten auch am 10. August nochmal von 9 bis 11 Uhr auf dem Wochenmarkt in Neheim und von 11 bis 13 Uhr in der Stadtbücherei Neheim die Gelegenheit mitzumachen.