Arnsberg. Die ernste Lage des Haushalts zwingt zu 41 Gegenmaßnahmen. Bürgermeister: „Wir wollen keine beschlossenen Projekte streichen“.

Die Stadt Arnsberg stellte am Donnerstag im Rat in ihrem Doppel-Haushaltsentwurf 2024/25 der Politik 41 Konsolidierungsmaßnahmen vor, um das Abdriften des städtischen Haushalts in die Überschuldung zu verhindern und zugleich alle bisher beschlossenen und schon angelaufenen Investitionsprojekte umsetzen zu können. Als „Kompromiss“ und „alternativlose Lösung“ wird der Politik auch eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern vorgeschlagen.

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Die Lage

Der 2. Beigeordnete und Kämmerer Rainer Schäferhoff spricht von einer „dramatischen Verschlechterung der Haushaltssituation“. Ursprünglich war die Stadt in ihren Planungen für die kommenden Haushaltsjahre von Jahresergebnissen von minus 3,3 Millionen (2024), minus 0,8 Millionen (2025) und plus 0,8 Millionen Euro (2026) ausgegangen. Eingepreist war da aber noch die Möglichkeit, Mehrbelastungen aus der Pandemie und des Ukraine-Krieges aus dem Haushalt zu isolieren. Dieses sogenannte CUIG-Gesetz aber entfällt nun doch ab 2024. Auf der einen Seite gibt es nur geringe Mehreinnahmen und durch höhere Energie- und Sozialkosten und die Inflation höhere Ausgaben.

So ergibt sich für 2023 ein Fehlbedarf von 11,6 Millionen Euro, für 2024 einer von 17,6 Millionen Euro und für 2025 einer in Höhe von 23,3 Millionen Euro. Von 2024 bis Ende 2028 befürchtet Rainer Schäferhoff einen Gesamtfehlbedarf in Höhe von 111,2 Millionen Euro. „Das ist eine Situation wie wir sie zuletzt 2011 hatten, als Arnsberg in die Haushaltssicherung gerutscht und zum Stärkungsparkt verpflichtet war“, so Schäferhoff.. Bedrohlich: Das Eigenkapital würde - ohne Gegenmaßnahmen - ab 2026 ins Minus rutschen (-66,6 Millionen Euro). Der aktuelle Schuldenstand der Stadt liegt bei den Investitionskrediten bei 85 Millionen Euro (Abschluss 2022) und bei den Liquiditätskrediten bei 76 Millionen Euro (2022) und im Abschluss 2023 bei 99 Millionen Euro. „Schulden sind nicht das Problem, aber eine Stadt muss sie tragen können“, sagt Schäferhoff.

Wir wollen ein finanziell handlungsfähiges Arnsberg. Beschlossene Maßnahmen sollen umgesetzt werden.
Ralf Paul Bittner - Bürgermeister der Stadt Arnsberg in einer Videobotschaft

Die Ziele

Die Stadt will ihre strategischen Ziele für ein nachhaltiges, klimaneutrales und smartes Arnsberg unverändert verfolgen. „Wir wollen ein finanziell handlungsfähiges Arnsberg“, sagt der aktuell noch erkrankte Bürgermeister Ralf Bittner in einer Videobotschaft an den Rat. Beschlossene Projekte sollen umgesetzt werden. „Und wir haben aktuell so viele Investitionen wie schon seit 50 Jahren nicht mehr“, so Bittner. In der Planung des eingebrachten Doppelhaushaltes 2024/25 sind Investitionen in Höhe von 25,4 Millionen Euro für Infrastruktur, 4,3 Millionen Euro für Digitalisierung, 31,6 Millionen Euro für Bildung und 43,8 Millionen Euro für Klima, Resilienz und Nachhaltigkeit genannt. Die Rathaussanierung schlägt mit rund 27 Millionen in 2024/25 zu Buche, wobei die Abschreibungen dafür im Haushalt erst ab 2026 wirksam werden.

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Die Haushaltsrisiken

Verschlechterte Parameter der Haushaltsplanung sind neben dem Wegfall der CUIG-Regelungen die Inflation, der hohe Tarifabschluss mit den Auswirkungen auf Beamtenbesoldung und Pensionsrückstände, Erhöhung der Zinsaufwendungen, Ausgabensteigerungen im Bereich der Jugendhilfe und ein Anstieg der Kreisumlage.

Die Lösungen

In den Jahren bis 2028 soll der Fehlbedarf in Höhe von 111,3 Millionen Euro durch diverse Maßnahmen kompensiert werden. 50,4 Millionen Euro sollen die 41 Ideen einbringen, ab 2026 dürfen nach dem NKF-Weiterentwicklungsgesetzt Verlustvorträge (in Höhe von 14,2 Millionen Euro) und ein sogenannten Globaler Minderaufwand 21,4 Millionen Euro haushalterisch eingerechnet werden. In den Jahren 2024/25 und 2026 wird die Ausgleichsrücklage in Höhe von 25,2 Millionen Euro den dann verbleibenden Fehlbetrag ausgleichen. Die Verlustvorträge fallen der Stadt später auf die Füße, machen den Haushalt zunächst aber genehmigungsfähig.

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Die Konsolidisierungsmaßnahmen

Rund 30,6 Millionen Euro sollen 28 Maßnahmen zur Aufwandsreduzierung (z.B. Personalkosten, Energiekosten, Prozessoptimierung, Festschreibung der freiwilligen Leistungen auf Stand 2024/25) einbringen. 19,9 Millionen Euro sollen durch 13 Maßnahmen zur Ertragssteigerung erzielt werden. Im Mittelpunkt dabei stehen die vorgeschlagenen Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuern.

Unternehmen (hier im Gewerbegebiet Gut-Nierhof II Vosswinkel) in Arnsberg müssen sich auf höhere Gewerbesteuern einstellen.
Unternehmen (hier im Gewerbegebiet Gut-Nierhof II Vosswinkel) in Arnsberg müssen sich auf höhere Gewerbesteuern einstellen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Geplante Steuererhöhung

Der Kämmerer schlägt vor, das erstmals seit 2013 die Steuerschraube in Arnsberg gedreht werden soll. Eine Erhöhung der Grundsteuer A soll um rund 50 Hebesatzpunkte (20 Prozent) erfolgen und 15.200 Euro jährlich einspielen. Die für alle Hausbesitzer relevante Grundsteuer B soll um 75 Hebesatzpunkte (14 Prozent) steigen und 1,91 Millionen Euro jährlich bringen. Die Gewerbesteuer soll um rund 15 Hebesatzpunkte (3 Prozent) steigen und ein jährliches Plus von 1,811 Millionen Euro in den Haushalt bringen. Für Wohneigentümer heißt das eine jährliche Erhöhung von rund 48 Euro im Jahr bei Einfamilienhäusern, 36 Euro im Jahr bei Eigentumswohnungen und knapp 16 Euro im Jahr pro Wohnung in Mehrfamilienhäusern. „Damit läge Arnsberg bei der Steuerhöhe im Mittelfeld der umliegenden Kommunen und bei Städten in gleicher Einwohnergröße“, erläutert Schäferhoff. Bei den Gewerbesteuern würde sich Arnsberg im Vergleich zu umliegenden Kommunen im oberen Mittelfeld und bei vergleichbaren Städten im Mittelfeld bewegen.

Die Konsequenz

„Die Herausforderung wird sein, dass wir es nicht mit einem Haushaltssicherungskonzept zu tun haben und trotzdem verantwortungsvoll handeln“, so Rainer Schäferhoff. Ralf Bittner bewirbt den Haushaltsentwurf als „den besten Kompromiss, um handlungsfähig zu bleiben“. Er weiß auch, dass die Kommunalpolitik mit Haushaltsanträgen kommen wird. Klar sein dürfte, dass die folgende Haushaltsdebatte angesichts der Kommunalwahl 2025 auch für erste große politische Statements genutzt wird. Wichtig sei, so die Stadtverwaltung, dass eine Überschuldung bis 2028 trotz weiterer jährlicher Haushaltsdefizite und steigender Liquiditätskredite verhindert werden kann.