Arnsberg. Sterbenskranken jungen Müttern oder Vätern eine Stimme geben: Diesen Ansatz verfolgt die Organisation Familienhörbuch – jetzt auch in Arnsberg.
„Die Stimme bleibt – und damit die Erinnerung“: Über die Erstellung eines professionellen Audiohörbuchs erhalten sterbenskranke junge Mütter oder Väter die Möglichkeit, mit den eigenen Worten und der eigenen Stimme ihr Leben Revue passieren zu lassen – und damit ihren minderjährigen Kindern ein bleibendes Zukunftsgeschenk zu hinterlassen.
Seit Kurzem gibt es mit der Journalistin Martina Schneider auch im Hochsauerlandkreis eine ausgebildete Familien-Audiobiografin.
Spenden dringend nötig
Das Familienhörbuch finanziert sich ausschließlich aus Spenden, um die Hörbücher den Familien kostenfrei übergeben zu können.Weil derzeit starker Spendenrückgang, aber eine hohe Nachfrage nach Hörbüchern besteht, gibt es leider vorübergehend einen Produktionsstopp. Neue Teilnehmer werden auf eine Warteliste gesetzt, sobald wieder Geld da ist, werden neue Hörbücher produziert.
„Wir bergen den Schatz der eigenen Lebensgeschichte. In den Gesprächen nehme ich die jungen Väter oder Mütter mit auf einen Spaziergang durch deren Erinnerungen, sei es im eigenen Zuhause, am Krankenbett oder im Hospiz“, erklärt die 56-jährige Arnsbergerin, die sich ehrenamtlich auch im ambulanten Hospizdienst Sternenweg engagiert.
Drei Stunden oder drei Tage
Die Länge der Aufzeichnungen hänge vom Gesundheitszustand der Teilnehmer ab. „Es kann drei Tage oder drei Stunden dauern. Doch immer entsteht ein buntes Kaleidoskop, in dem das Wesen von Mama oder Papa eingefangen wird. Wer mag, kann seinen Kindern dabei auch eine Geschichte erzählen, sein Lieblingslied singen oder musizieren – das Hörbuch soll so authentisch und persönlich wie möglich sein,“ umreißt Martina Schneider die vielfältigen Facetten der Darstellung. Aus den Aufnahmen gestalten Tontechniker und Sounddesigner im Anschluss ein professionelles Hörbuch. Die Kölner Hörfunkjournalistin Judith Grümmer, Initiatorin des Familienhörbuchs, weiß nach Dutzenden von Audiobiografien, wie wichtig es den Betroffenen ist, ihren Angehörigen diesen akustischen Gruß zu hinterlassen: „Die meisten Eltern haben Angst, dass sich ihre Kinder eines Tages nicht mehr an ihre Stimme erinnern können.“
Sehr bereicherndes Erlebnis
Die Rückblende in die Vergangenheit erleben die Teilnehmer als sehr bereichernd, hat Judith Grümmer erfahren: „In der Krankenphase geht es vornehmlich um Defizite und Verluste. Doch im Hörbuch blicken die Erzählenden weniger auf die abgeernteten Felder als vielmehr auf die vollen Scheunen ihres Lebens.“ Das Familienhörbuch ist für die Erkrankten ein kostenfreies Angebot, das sich ausschließlich durch Spenden finanziert.
„Rund 30 Hörbücher konnten wir in der ersten Jahreshälfte 2021 bereits realisieren“, erklärt Judith Grümmer. 16 Projektteilnehmer stünden derzeit noch auf der Warteliste. „Doch sobald für weitere Hörbücher die Finanzierung gesichert ist, können wir auch diesen jungen Vätern oder Müttern das Signal geben: Ton ab, Aufnahme läuft.“
Kontakt für den HSK: Martina Schneider, 02932 – 510664 oder Familienhörbuch.de