Hochsauerlandkreis. Müssen wir künftig noch Müll trennen? Künstliche Intelligenz soll Müll effizienter sortieren. Das sagen die Experten von Lobbe:

Es ist eine Frage, die sich vermutlich jeder schon einmal gestellt hat, während er den Joghurtbecher ausspülte, den Pizzakarton zerkleinerte oder die leere Shampooflasche in die gelbe Tonne warf: Warum muss ich das eigentlich noch selbst machen? In einer Welt, in der Roboter Autos zusammenbauen, Künstliche Intelligenz (KI) Krebsdiagnosen stellt und Algorithmen unsere Playlists zusammenstellen, scheint es doch nur eine Frage der Zeit, bis Maschinen auch den Müll für uns sortieren. Warum also müssen wir immer noch selbst Hand anlegen, wenn es um die Trennung von Papier, Plastik und Biomüll geht?

Michael Wieczorek ist Geschäftsführer der Lobbe Entsorgung.
Michael Wieczorek ist Geschäftsführer der Lobbe Entsorgung. © WP | Sandra Krosa

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Die Antwort darauf ist komplexer, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Sie führt uns in die Welt der modernen Abfallwirtschaft, in der Technologie zwar eine immer größere Rolle spielt, der Mensch aber nach wie vor unverzichtbar ist. Um mehr darüber zu erfahren, haben wir uns an die Firma Lobbe gewandt, die in dieser Region für die Müllabfuhr zuständig ist. Die Antworten waren ebenso überraschend wie aufschlussreich.

Eine der modernsten Abfallsortieranlagen steht in Iserlohn bei der Firma Lobbe. Hier wird der Müll der
Eine der modernsten Abfallsortieranlagen steht in Iserlohn bei der Firma Lobbe. Hier wird der Müll der "gelben Tonne" sortiert, gereinigt und dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt. Im Bild: die Sortieranlage wird mit Radladern befüllt. © MATTHIAS GRABEN

Die Technologie ist da – aber sie hat ihre Grenzen

Seit 2015 betreibt Lobbe in Iserlohn-Stübbeken eine Sortieranlage für Leichtverpackungen aus der gelben Tonne oder dem gelben Sack. Dort landen auch die meisten Abfälle aus dem Hochsauerlandkreis. Die Anlage verarbeitet jährlich 105.000 Tonnen Wertstoffe und setzt dabei auf eine Kombination aus Nahinfrarot-Scannern, Magnetabscheidern und Wirbelstromabscheidern. Das Ergebnis: Papier, Aluminium, Weißblech und Kunststoffe werden getrennt und recycelt. Die Recyclingquote liegt bei über 50 Prozent.

Obwohl Künstliche Intelligenz in der Müllsortierung zum Einsatz kommt, bleibt der Mensch unverzichtbar. Warum das so ist, erklärt Lobbe.
Obwohl Künstliche Intelligenz in der Müllsortierung zum Einsatz kommt, bleibt der Mensch unverzichtbar. Warum das so ist, erklärt Lobbe. © dpa | Harald Tittel

Doch damit nicht genug. Im Rahmen eines Forschungsprojekts testet Lobbe derzeit den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in dieser Anlage. Die KI soll dabei helfen, Kunststoffverpackungen noch schneller und präziser zu erkennen. Ein besonders wichtiger Aspekt: Die KI kann auch Batterien oder Lithium-Ionen-Akkus identifizieren, die häufig Ursache für Brände in den Aufbereitungsanlagen sind. „Wenn diese direkt am Anfang der Sortierung herausgefiltert werden, kann das solche Brände verhindern“, erklärt Michael Wieczorek, Geschäftsführer der Lobbe Umweltservice GmbH & Co KG.

Die Zukunft der Mülltrennung: KI und Kreislaufwirtschaft

Die Technologie schreitet also voran, und Lobbe investiert weiter in die Zukunft. In Menden entsteht derzeit eine neue Sortieranlage, die auf modernster Umwelttechnologie basieren und KI zur präzisen Erfassung und Trennung von Wertstoffen nutzen wird. Die Anlage wird bis zu 140.000 Tonnen Leichtverpackungen pro Jahr verarbeiten und soll eine „außergewöhnlich hohe Rückgewinnung von Wertstoffen“ ermöglichen, wie Wieczorek betont. Durch die hohe Sortier- und Verwertungsquote sollen zudem erhebliche CO2-Einsparungen erreicht werden.

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Doch trotz aller technologischen Fortschritte bleibt der Mensch ein zentraler Akteur: „Die wertvollste Sortierung macht immer noch der Mensch“, sagt Wieczorek. „Trotz aller Technik und Unterstützung kann jeder schon gleich zu Beginn einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem er seinen Abfall richtig und bestmöglich trennt.“

Warum wir noch selbst trennen müssen

Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen gibt es nach wie vor Materialien, die selbst modernste Maschinen nicht zuverlässig voneinander trennen können. Verpackungen, die aus mehreren Materialschichten bestehen, sind ein gutes Beispiel. „Einige Verpackungen bestehen aus vielen unterschiedlichen Materialschichten, die auch moderne Maschinen in der Sortieranlage nicht voneinander trennen können“, erklärt Wieczorek. Solche Verpackungen lassen sich nur selten stofflich verwerten.

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Ein weiteres Problem sind Fehlwürfe. Essensreste in der gelben Tonne oder Videokassetten im Papiercontainer stören den Sortierprozess massiv. „Die korrekte Vorsortierung und konsequente Mülltrennung geht uns alle an – auch privat“, betont Wieczorek. Auch in Zukunft sollten Verbraucherinnen und Verbraucher darauf achten, ihre Tonnen sortenrein zu befüllen.

Die Herausforderungen der KI

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Mülltrennung bietet zwar enormes Potenzial, ist aber auch mit Herausforderungen verbunden. KI-basierte Systeme müssen verschiedene Materialien präzise erkennen und unterscheiden können. Das ist besonders schwierig bei Mischmaterialien, verschmutzten Gegenständen oder neuen, schwer identifizierbaren Materialien. Zudem benötigen KI-Modelle hochwertige Trainingsdaten, deren Sammlung, Kategorisierung und Annotation zeit- und ressourcenintensiv ist.

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Am Ende, so Wieczorek, wird die größte Herausforderung darin bestehen, alle beteiligten Akteure – von Unternehmen über die Politik bis hin zu den Verbrauchern – auf eine gemeinsame Linie zu bringen. „Und dies zu unser aller Gunsten – dem Umwelt- und Klimaschutz“, sagt er.