Brilon. Neue Wahlbezirke für Brilon: Welche Bereiche sich ändern, wo alles bleibt und warum die Stadt Tradition über Zahlen stellt.

Wer in Brilon seine Stimme abgibt, erwartet vor allem eines: dass sie zählt – gleich viel wie die jeder anderen Wählerin und jedes anderen Wählers. Doch wie schafft man es, in einer flächenmäßig so großen Stadt mit ihren 19 teils sehr unterschiedlichen Wahlbezirken, die Wahlgerechtigkeit sicherzustellen, ohne gewachsene Strukturen zu zerstören? Genau diese Frage steht am 9. Januar im Mittelpunkt des Wahlausschusses. Die Stadtverwaltung hat eine Vorlage erarbeitet, die in fünf Bezirken Anpassungen vorschlägt, während andere unverändert bleiben sollen. Grundlage hierfür sind die Wahlberechtigtenzahlen, die laut Verwaltung anhand des Melderegisters zum Stichtag 30. April 2024 erhoben worden seien.

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Ausgangssituation: Anforderungen des Kommunalwahlgesetzes

Nach § 4 KWahlG darf die Anzahl der Wahlberechtigten in einem Bezirk maximal um 15 Prozent von der durchschnittlichen Zahl der Wahlberechtigten nach oben oder unten abweichen. In Ausnahmefällen seien auch Abweichungen bis zu 25 Prozent zulässig, sofern dies zur Wahrung räumlicher Zusammenhänge notwendig sei. So liegt die absolute Untergrenze bei 824 Wählern, die maximal zulässige Obergrenze bei 1273 Wählern. Der Durchschnitt, von dem sich diese Zahlen ableiten, beträgt 1098 Wahlberechtigte. Die Verwaltung betont in ihrer Vorlage, dass der Wahlausschuss in diesen Fällen eine detaillierte Begründung liefern müsse. Ziel ist es, Wahlbezirke zu schaffen, die einerseits rechtlich einwandfrei und andererseits sozial und geografisch nachvollziehbar seien.

Aktuell würden vier der insgesamt 19 Wahlbezirke die 15-Prozent-Grenze überschreiten, darunter der größte Wahlbezirk „Müggenborn/Schulzentrum“ und der kleinste Bezirk „Niederes Quartal“. Dies geht aus den vorgelegten Zahlen der Verwaltung hervor. Insgesamt umfasst das Wahlgebiet 20.861 Wahlberechtigte, mit einem Durchschnitt von 1.098 pro Wahlbezirk​​.

Geplante Änderungen in der Kernstadt

Nach Angaben der Stadt sollen in fünf Wahlbezirken Anpassungen vorgenommen werden. Besonders im Fokus stehe der Bezirk „Niederes Quartal“, der mit 905 Wahlberechtigten derzeit deutlich unter dem Durchschnitt liege. Hier plane die Verwaltung, zusätzliche Wahlberechtigte aus den benachbarten Bezirken „Helle“ und „Itzelstein/Hollemann“ zu integrieren. Konkret gehe es um Bewohner der Straßen „Am Renzelsberg“ und „Anne-Frank-Straße“, insgesamt 78 Personen. Diese Änderung würde sicherstellen, dass der Bezirk wieder innerhalb der 15-Prozent-Grenze liege, so die Stadtverwaltung.

Im Wahlbezirk „Müggenborn/Schulzentrum“ sei dagegen eine Reduktion der Wahlberechtigten notwendig, da dieser Bezirk mit 1.266 Personen die Obergrenze überschreite. Laut Vorlage solle ein Teil der Altenbürener Straße mit 45 Wahlberechtigten dem benachbarten Bezirk „Oberes Quartal“ zugeordnet werden.

Ländliche Bezirke bleiben unverändert

Der Wahlbezirk „Thülen“ soll bleiben, wie er ist – und das aus gutem Grund. Mit nur 827 Wahlberechtigten liegt er zwar deutlich unter der 15-Prozent-Grenze, doch die Verwaltung hält eine Erweiterung für wenig sinnvoll. Die geografische Isolation des Bezirks mache eine Neuordnung schwierig, heißt es in der Beschlussvorlage. Ein Eingriff würde die gewachsenen Ortsstrukturen stören und den räumlichen Zusammenhang aufbrechen. Die Argumentation der Stadt folgt dabei einer klaren Linie: Im Kommunalwahlrecht gehe es nicht nur um Zahlen, sondern vor allem um die Identifikation der Wähler mit ihrem Bezirk. Der Ortsvorsteher, der neben den Ratsmitgliedern gewählt wird, solle die spezifischen Interessen seines Ortsteils vertreten – und die seien in Briloner Außenbezirken so unterschiedlich wie die Topografie des Hochsauerlands. Wer Wahlberechtigte aus anderen, weit entfernten Teilen Brilons in den Bezirk „Thülen“ integriere, schaffe damit eher neue Probleme, statt alte zu lösen. Die Sorgen und Anliegen dieser Menschen würden kaum Berührungspunkte mit den Herausforderungen vor Ort haben, so die Einschätzung der Verwaltung.

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Ähnliche Überlegungen gelten für den Wahlbezirk „Hoppecke“, der mit 932 Wahlberechtigten genau einen Wähler unterhalb der Grenze liegt: Auch hier werde die Wahrung der gewachsenen Ortsstrukturen höher bewertet als die strikte Einhaltung der Zahlenvorgaben​. Abschließend wird von der Verwaltung darauf hingewiesen, dass die vom Wahlausschuss zu beschließende Wahlbezirkseinteilung rechtlich nur für die Kommunalwahlen bindend ist. Es sei jedoch jahrzehntelange Verwaltungspraxis, diese Wahlbezirkseinteilung analog bei allen anderen Wahlarten anzuwenden, so die Stadt.