Wiemeringhausen. Das kleine Dorf Wiemeringhausen an der B 480 erstickt im Verkehr. Ana Luckas ist Mutter von zwei Kindern. Sie will das nicht einfach hinnehmen.

Wiemeringhausen, ein kleines Dorf an der Bundesstraße 480 im östlichen Hochsauerlandkreis, wird täglich von tausenden Fahrzeugen durchquert. Vom Motorrad bis zum tonnenschweren LKW. Für Ana Luckas, junge Mutter von zwei Kindern und engagierte Bewohnerin des Dorfes, ist das kein hinnehmbarer Zustand. Sie setzt sich energisch für Maßnahmen ein, um die Sicherheit der Bewohner, vor allem der Kinder, zu verbessern. „Wir stehen hier sprichwörtlich an der Straße“, sagt Ana Luckas. „Der Bürgersteig ist so schmal, dass man als Fußgänger in Armeslänge an den vorbeifahrenden LKW steht. Insbesondere für Kinder ist das lebensgefährlich.“

Verkehrszunahme durch Sperrungen und Pandemie

Seit der Sperrung der Rahmedetalbrücke und der Corona-Pandemie hat der Verkehr auf der B480 nach Daten von Straßen.NRW um etwa 20 Prozent zugenommen. Die Straße ist eine wichtige Verbindung für den Schwerlastverkehr, der oft mit hoher Geschwindigkeit durch den Ort donnert. Zusätzlich erschweren schlecht funktionierende Regenabläufe die Situation. „Bei Regen werden Fußgänger regelmäßig von Spritzwasser überzogen, wenn die LKW vorbeifahren“, berichtet Luckas.

„„Hier wird klar der Autoverkehr über die Sicherheit der Fußgänger gestellt“

Ana Luckas
engagierte Mutter

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Problematische Infrastruktur

Eine Bedarfsampel im Ortskern ist die einzige Überquerungsmöglichkeit für Fußgänger. Doch diese Ampel ist schlecht einsehbar und sorgt häufig für gefährliche Situationen. „Die Phasen sind so kurz, dass man mit Kinderwagen oder langsameren Fußgängern kaum rechtzeitig auf die andere Straßenseite kommt“, erklärt Luckas. Straßen.NRW, die zuständige Behörde, habe trotz mehrfacher Beschwerden und einer Ortsbegehung bisher nur minimale Anpassungen vorgenommen. Die Verlängerung der Ampelphase sei mit der Begründung abgelehnt worden, dass längere Rotphasen mehr Autofahrer zu Übertretungen verleiten würden. „Hier wird klar der Autoverkehr über die Sicherheit der Fußgänger gestellt“, kritisiert Luckas.

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Ana Luckas mit ihren Kindern. Der Bürgersteig an der B 480 ist sehr schmal. © Bastian Honekamp | Bastian Honekamp

Seit über einem Jahr im Austausch mit den Behörden

Seit über einem Jahr setzt sich Ana Luckas für die Verbesserung der Verkehrssicherheit in Wiemeringhausen ein. Ihr intensiver Austausch mit der zuständigen Behörde war jedoch bisher nur von begrenztem Erfolg gekrönt. Nach mehreren schriftlichen Eingaben und einem Vor-Ort-Termin von Vertretern von Straßen.NRW, dem Hochsauerlandkreis, der Stadt Olsberg sowie der Polizei folgten lediglich kleinere Anpassungen wie das Nachziehen von Markierungen. Doch grundlegende Änderungen blieben aus. Die zuständigen Vertreter argumentierten, dass umfangreichere Maßnahmen nicht praktikabel seien, da sie den Verkehrsfluss beeinträchtigen könnten. Für Luckas ein unhaltbarer Zustand: „Die Sicherheit der Menschen, besonders der Kinder, sollte an erster Stelle stehen.“

Grünstreifen als Lösung?

Auch die Nachbarorte leiden unter dem stetig wachsenden Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße, die die direkte Verbindung zwischen dem beliebten Touristenziel Winterberg und der A46 bildet. Gegenüber Wiemeringhausen hat Niedersfeld jedoch den Vorteil, dass die beidseitigen Bürgersteige breiter gebaut wurden und dass an vielen Stellen kleine Grünflächen oder Parkplätze zusätzlich eine physische Barriere zwischen den Menschen und der Straße herstellen. Das ist laut Luckas ein deutliches Sicherheitsplus und macht den gesamten Ort direkt fußgängerfreundlicher als Wiemeringhausen.

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Tausende Fahrzeuge brettern jeden Tag über die B 480.  © Bastian Honekamp | Bastian Honekamp

„Diese Entwicklung zeigt, dass unser Dorf zunehmend unter dem Verkehr leidet und dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen.“

Ana Luckas
über die Entwicklung des Verkehrs

Auch Studien belegen, dass Grünstreifen den gefühlten Sicherheitsabstand erhöhen und die Wahrscheinlichkeit von Unfällen deutlich reduzieren. In vielen Gemeinden, die ähnliche Probleme hatten, konnten Grünstreifen zudem die Attraktivität des Straßenraums für Anwohner steigern. Da eine ähnliche Umsetzung aufgrund des Platzmangels zwischen den Häusern auf beiden Seiten der Bundesstraße vermutlich nicht umsetzbar ist, wünschen sich viele Bewohner andere Lösungen, um mehr Verkehrssicherheit im Ort herzustellen.

Engagement der Bewohner

Die Wiemeringhauser setzen sich seit vielen Jahren für eine verbesserte Verkehrssituation in Wiemeringhausen ein. Seit Juni 2023 nutzen einige von ihnen den belgischen Dienstleister Telraam, um den Verkehr systematisch zu erfassen. Durch eine automatische und datenschutzkonforme Zählung des Verkehrs wurden alarmierende Zahlen bekannt: Täglich fahren in der Spitze bis zu 10.000 Autos und 2.000 LKWs durch den Ort. Auch offizielle Zahlen von Straßen.NRW bestätigen das subjektive Empfinden vieler Anwohner. Eine Dauerzählstelle am Winterberger Ruhrdamm – ebenfalls an der B480 gelegen - zeigte, dass der durchschnittliche Schwerlastverkehr zwischen 2019 und 2023 um 51 Prozent gestiegen ist. Während 2019 noch 1.067 schwere Fahrzeuge täglich registriert wurden, waren es 2023 bereits 1.610. „Diese Entwicklung zeigt, dass unser Dorf zunehmend unter dem Verkehr leidet und dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen“, sagt Luckas.

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Tempo 30 und verbesserte Sichtbarkeit der Ampelanlage als Ziel

Ana Luckas betrachtet die Einführung einer Tempo-30-Zone als entscheidenden Schritt, um die Sicherheit und Lebensqualität in Wiemeringhausen nachhaltig zu verbessern. Seit Oktober 2024 stärkt eine Novelle in der Straßenverkehrsordnung die Möglichkeiten der Kommunen, um Tempo 30 auf Bundesstraßen aus Gründen des Lärm- und Klimaschutzes sowie zum Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer anzuordnen. „Indem wir diese Regelung mit unseren Argumenten verknüpfen, können wir hoffentlich Fortschritte erzielen“, erklärt Luckas. Sie betont zudem, dass Wiemeringhausen nicht allein ist: Die Bewohner stehen in Kontakt mit anderen Ortschaften entlang der B480, wie Züschen und Antfeld, wo ebenfalls konkrete Schritte für Tempo-30-Anträge unternommen werden. Hier liegt der Fokus besonders auf dem Aspekt des Lärmschutzes.

Zukunftsperspektiven

Straßen.NRW plane zwar eine Erneuerung der Fahrbahn und eine Umstellung der Ampelanlage auf LED bis 2026, so Luckas. Deswegen ist es ihr wichtig jetzt nochmal auf dieses Thema aufmerksam zu machen und zugunsten der Verkehrssicherheit zu beeinflussen, bevor man in zwei Jahren vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Sie verspicht sich davon auch, dass die B480 dadurch ihren begrenzenden Charakter, der das Dorf aktuell in zwei Hälften teilt, ein Stück weit einbüßt.