Hochsauerlandkreis. Während Brilon und Bigge zufrieden auf die Ergebnisse blicken, macht sich im St. Franziskus-Hospital Winterberg Ernüchterung breit. Die Details.

Die Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen wirbelt die Kliniklandschaft durcheinander. Das Ziel: Mehr Qualität, weniger Wettbewerb – aber auch längere Wege für Patienten. Auch betroffen sind die Kliniken in Winterberg, Brilon und Bigge.

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Nordrhein-Westfalen wagt mit der Reform einen Bruch mit alten Strukturen, der als Antwort auf jahrzehntelange Probleme im Gesundheitswesen verstanden werden kann. Überkapazitäten, wirtschaftliche Schieflagen und der zunehmende Fachkräftemangel haben eine Neuausrichtung unausweichlich gemacht. Das Ziel: Ein System schaffen, das nicht nur effizienter, sondern auch nachhaltiger ist. Im Vergleich zu anderen Bundesländern wie Bayern oder Baden-Württemberg, die ähnliche Reformen planen, geht NRW einen besonders konsequenten Weg, indem es Qualität klar über die Anzahl der Betten stellt. Minister Laumann spricht von einem „meilensteinhaltigen Umbau.“ Ziel sei es, den ruinösen Wettbewerb zwischen Krankenhäusern zu beenden, die sich bislang oft gegenseitig das Wasser abgegraben haben. Stattdessen soll jedes Haus sich auf das konzentrieren, was es am besten kann.

René Thiemann, Geschäftsführer im Krankenhaus Maria-Hilf Brilon.
René Thiemann, Geschäftsführer im Krankenhaus Maria-Hilf Brilon. © Krankenhaus | Krankenhaus

Maria-Hilf in Brilon

Das städtische Krankenhaus Maria-Hilf in Brilon.
Das städtische Krankenhaus Maria-Hilf in Brilon. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Das Städtische Krankenhaus Maria-Hilf in Brilon hat Grund zur Erleichterung. René Thiemann, der Geschäftsführer, klingt fast zufrieden: „Für uns gab es keine Überraschungen. Unsere Rolle im östlichen Hochsauerlandkreis wird bestätigt.“ Besonders in der Kardiologie und Chirurgie bleibt Brilon stark positioniert. Mit den neuen, höheren Fallzahlen für die Leistungsgruppe „EPU/Ablation“ setzt das Haus ein Ausrufezeichen.

Franziskus-Hospital Winterberg

Im Franziskus-Hospital Winterberg sieht die Lage anders aus. Ja, das Haus bleibt erhalten. Doch die Träume von einer Ausweitung des Angebots sind geplatzt. Künftig konzentriert sich Winterberg auf die Basisversorgung: Allgemeine Innere Medizin, Chirurgie, Geriatrie und Intensivmedizin. Gerade im Winter, wenn die Skipisten Unfallopfer fordern, bleibt dies essenziell.

Elisabeth-Klinik in Bigge

Die Klinik in Bigge.
Die Klinik in Bigge. © Elisabeth-Klinik Bigge | Elisabeth-Klinik Bigge

Die Elisabeth-Klinik in Bigge bleibt ein wichtiger Standort im Hochsauerlandkreis und konzentriert sich auf eine ausgewählte Palette von Leistungen. Dazu gehören die Allgemeine Innere Medizin, die Komplexe Rheumatologie sowie die Allgemeine Chirurgie. Zudem werden spezialisierte Eingriffe wie die Endoprothetik für Hüfte und Knie, inklusive Revisionen, angeboten. Auch Wirbelsäuleneingriffe gehören weiterhin zum Angebot, ebenso wie die Geriatrie und die Intensivmedizin.

Ehrgeiziges Ziel

Die Krankenhausreform hat ein ehrgeiziges Ziel: Krankenhäuser mit internistischer und chirurgischer Grundversorgung sollen für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein. Doch gerade in ländlichen Regionen wie dem Hochsauerlandkreis bleibt dieser Standard eine Herausforderung. Wer spezielle Behandlungen wie ein Bauchaortenaneurysma oder eine Stammzellentransplantation benötigt, muss längere Wege in Kauf nehmen. Diese Veränderungen stellen die Qualität über die Quantität – ein Prinzip, das richtig klingt, aber auch Opfer verlangt. Für viele Patienten und ihre Familien bedeutet das häufig, sich auf eine neue Realität einzustellen, in der medizinische Versorgung nicht mehr um die Ecke, sondern oft nur in spezialisierten Zentren verfügbar ist.

Es gab auch Protest

Nicht jede Entscheidung wurde kampflos akzeptiert. In Menden gelang es engagierten Bürgern, den Erhalt einer Stroke Unit zu erwirken. „Das könnt ihr so nicht machen“, sagten die Protestierenden – und sammelten 19.000 Unterschriften. Auch in Bad Berleburg bewirkte ein Schulterschluss aus Politik und Bevölkerung eine Ausnahmegenehmigung für die Senologie, die eigentlich aus dem Katalog gestrichen werden sollte. Diese Beispiele zeigen, dass Proteste die Gestaltung des Wandels beeinflussen können – wenn sie gut organisiert sind und auf breite Unterstützung treffen.

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System im Umbruch

Ob die Reform am Ende als Erfolg gewertet wird, hängt nicht nur von den Krankenhäusern ab, sondern auch davon, wie gut es gelingt, die Menschen in den betroffenen Regionen mitzunehmen. Denn ein Gesundheitssystem ist mehr als eine Ansammlung von Bilanzen und Fallzahlen – es ist eine Frage des Vertrauens.