Brilon. Als Marc seinen Ehering im Schnee verliert, ist Peter Hoffmann aus Brilon sofort zur Stelle. Denn: Er ist ein besonderer Schatzsucher.
Er ist futsch, das vielleicht wichtigste Schmuckstück, das jemand besitzen kann: Der Ehering. So geschehen vor kurzem am Briloner Kino, als Marc plötzlich keinen Ring mehr am Finger hatte. Verschwunden im Schnee. Peter Hoffmann hat sich direkt auf den Weg gemacht - mit seiner Sonde. Er und seine Partnerin Sabine Gerbracht-Peters sind lizensierte Sondengänger. Nur wenig später kann Marc also seinen Ehering wieder an den Finger stecken. Und Peter Hoffmann hat seinen Job erledigt. Jedenfalls einen kleinen Teil davon.
Seit Jahrzehnten sind die Briloner auf der Suche nach neuen Schätzen
Eigentlich ist Peter Hoffmann (61) erst durch seine Lebenspartnerin, die er liebevoll „mein Mädel“ nennt, auf seine neue Leidenschaft gestoßen. Sabine Gerbracht-Peters (54) geht schon seit Jahrzehnten auf die Suche nach historischen Schätzen. 2019 erwischt sie die Liebe, wie sie sagt. Er zieht von Franken aus zu ihr nach Brilon. Jetzt leben sie gemeinsam in der gemütlichen Wohnung in der Briloner Innenstadt, dessen Wohnzimmer Schätze aus der Steinzeit beherbergt. In Vitrinen und Regalen liegen Fossilien, Mineralien und Funde aus der Steinzeit. Ein blauer Glasknopf glänzt hinter der Scheibe. Ein Glas voll Munition aus dem Weltkrieg wirkt fast, als würden hier bleierne Murmeln gesammelt. Hufeisen aus dem 18. Jahrhundert stehen nebeneinander. Ein patriotischer Ring mit dem Eisernen Kreuz, zerbeult und mitgenommen, liegt neben einem Kinderring mit roten Augen. Ein dicker Löwenkopf-Klopfer thront zwischen Mineralien, die manchmal fast golden glänzen. Der stark mitgenommene Lauf eines Gewehrs ist ein starker Kontrast zu den kleinen, scharfkantigen und jahrhundertealten Messerspitzen, die man als Laie für dünne Steine halten würde.
Munitionskugeln haben sie schon rund um Brilon gefunden
Schätze, die das Briloner Paar bei ihren Sondengängen entdeckt hat. Ein ganz normales Hobby oder schlichtes Schatzsuchertum steckt nicht dahinter. Davon distanzieren sich die beiden. „Das sind wir nicht.“ Peter Hoffmann holt einen dicke Ordner vom Tischende. Er zeigt die Grabungserlaubnis des Hochsauerlandkreises. Wenn die Sonde anschlägt, dürfen die beiden auch bis zum Mutterboden graben, um zu sehen, was die Sonde entdeckt hat. Er zeigt auch die Betretungserlaubnis des LWL. Damit dürfen sie sogar in Naturschutzgebieten suchen. Und er zeigt Listen und Tabellen von den zahlreichen Funden, die sie alle in die Archäologie geschickt haben. „Dort werden sie untersucht und es wird durch die Archäologen bestimmt, was wir gefunden haben und aus welcher Zeit es stammt. Die Funde werden dort katalogisiert und dann an uns zurückgeschickt, aber die Archäologie weiß genau, wo die Stücke dann sind. Veräußern dürfen wir sie dann nicht mehr“, erklärt Sabine Gerbracht-Peters. Manchmal behält die Archäologie auch die Funde. Wie zuletzt ein Bleibarren aus der römischen Kaiserzeit, 900 v. Chr. „Das tat natürlich weh, dass wir den abgeben mussten“, sagt die Brilonerin schmunzelnd. Dennoch ist sie stolz auf den Fund. „Das ist archäologisch total wertvoll.“
Zu jedem Fund können die Briloner etwas erzählen
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Sie ist geschichtlich schon lange interessiert, besonders an der Steinzeit. Ihren Partner steckt sie damit an. Gemeinsam gehen sie „sondeln“, meistens auf gepflügten Feldern und in Absprache mit den Bauern. Sondengänge sind also nicht das ganze Jahr über möglich. „Im Prinzip dürfen wir überall im Hochsauerlandkreis losziehen, aber uns interessiert vor allem die Geschichte in Brilon“, so Sabine Gerbracht-Peters. Und zähneknirschend gibt sie zu: „Mein Mann ist ein echter Glücksritter.“ Sie lacht. „Ich war ewig auf der Suche nach einem Steinbeil, er hat eines gefunden.“ Ein schwarzer, glatter Stein. Steinzeit. Den beiden ist es wichtig, dass ihre Funde zum Anfassen sind. „Wer ein Steinbeil sieht, der vergisst es wieder. Hat man es aber in der Hand gehabt, ist das ganze viel einprägsamer.“ Das Paar überlegt sogar, ihre Funde auch für Briloner zugänglich zu machen, wie ein Tag der offenen Tür. Zu stolz sind sie, um die Funde für sich zu behalten. Zu gerne erzählen sie Geschichten zu den Funden.
Sondengehen ist ein zeitaufwendiges Hobby
Es ist ein zeitaufwendiges Hobby. Manchmal sind die beiden Stundenlang auf dem Feld. Finden sie etwas, reinigen sie es daheim mit destilliertem Wasser, katalogisieren es, dokumentieren den Fundort und senden es Richtung Archäologie. „Wenn andere Schützenfest feiern, findet man uns auf dem Feld“, sagt Sabine Gerbracht-Peters. „Und manchmal, wenn wir etwas besonderes finden, dann mache ich auch mal ein kleines Tänzchen auf dem Feld.“ Wichtig ist ihnen, sich von den illegalen Schatzsuchern zu distanzieren. „Wir sind in Foren im Internet unterwegs und oft sind da Menschen, die keine Erlaubnis haben und einfach nur nach etwas wertvollem suchen, was sie verkaufen können. Sowas machen wir nicht“, sagt Peter Hoffmann. „Einmal hat jemand sogar eine kleine Rakete ausgegraben und sie in die Kamera gehalten. Das ist natürlich nicht schlau, sondern sogar extrem gefährlich.“
Kampfmittelräumdienst musste schon anrücken
Auch bei Funden der Briloner Sondengänger musste schon der Kampfmittelräumdienst anrücken. „Wir haben mal deutsche Munition gefunden, ein Magazin mit sechs Schuss aus dem Zweiten Weltkrieg. Das rühren wir natürlich nicht an“, sagt Hoffmann. Sie rufen dann das Ordnungsamt, allerdings war auch der Mitarbeiterin des Ordnungsamtes die Beseitigung zu heikel, dann kommt der Kampfmittelbeseitigungsdienst. „Wir haben schon oft Dinge in dieser Art gefunden, denn in Brilon oder Essentho gab es viele Kampfhandlungen“, erklärt Gerbracht-Peters. Ihr Partner ergänzt: „Ungefährlich ist das alles nicht, gerade wenn Kinder das beim Spielen finden.“
Das schönste für ihn: Menschen zu helfen
Ungefährlich und nahezu schön ist allerdings, wenn Peter Hoffmann Menschen wirklich helfen kann. Wie Marc vor dem Briloner Kino oder dem älteren Ehepaar, dem er bei seiner Brotzeit an einem Acker im Sommer begegnete. „Sie suchten am Feldrand nach etwas und ich fragte kurzerhand. Die Frau hat mir erzählt, sie hat ihren Verlobungsring hier verloren, den ihr Mann ihr vor 43 Jahren geschenkt hat. Ich half ihr und konnte den Ring nach fünf Minuten wiederfinden. Das sind Erfolgserlebnisse, an die ich noch lange denken werde.“
Als nächstes wollen die beiden am Hexenstein graben, derzeit warten sie auf eine Genehmigung. Vielleicht finden sie dort noch Unikate aus der Zeit der Hexenverbrennung. Sabine Gerbracht-Peters: „Es macht einfach richtig Spaß, Geschichte zu entdecken.“
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