Hochsauerlandkreis. Im Sauerland verändert sich die Glücksspiel-Landschaft spürbar: Die Zahl der Spielhallen und Umsätze geht allerdings nicht überall zurück.

Die Zahl der Spielhallen und Geldspielgeräte in Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren einen deutlichen Rückgang erlebt. Zwischen Anfang 2022 und Anfang 2024 ging die Zahl der Spielhallenstandorte um rund acht Prozent zurück, womit landesweit noch 1.858 Standorte verzeichnet wurden. Parallel dazu nahm die Zahl der Konzessionen für Glücksspielbetreiber um elf Prozent auf insgesamt 2.548 ab, wie aus einer Auswertung der Landesfachstelle Glücksspielsucht der Suchtkooperation NRW hervorgeht, die am Dienstag in Bielefeld präsentiert wurde. Mit diesen Entwicklungen geht auch ein Rückgang der gemeldeten Geldspielgeräte einher – etwa 35.800 Automaten wurden zu Beginn des Jahres registriert, was ebenfalls einem Minus von acht Prozent im Vergleich zu 2022 entspricht. Auffällig ist zudem, dass sich die Zahl der spielhallenfreien Kommunen auf mittlerweile 78 erhöhte – ein Anstieg von zehn Prozent in den letzten zwei Jahren.

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Schrumpfende Spielhallenlandschaft im Hochsauerlandkreis

Diese landesweite Entwicklung spiegelt sich auch im Hochsauerlandkreis wider, so auch in Brilon. Während es im Jahr 2016 noch vier Spielhallen mit insgesamt elf Konzessionen gab, ist die Zahl der Spielhallen bis 2024 auf drei und die Anzahl der Konzessionen auf sieben gesunken. Auch die Umsätze der Spielhallenbetreiber zeigen einen Abwärtstrend: Lag der Gesamtumsatz im Jahr 2020 noch bei rund 3,7 Millionen Euro, reduzierte sich dieser bis 2024 auf etwa 3,2 Millionen Euro – ein Rückgang um rund eine halbe Million Euro. Insgesamt kommen in Brilon laut Studie ein Spielgerät auf 280 Einwohner, in Olsberg liegt dieser Wert bei 725,45. 

Anders gestaltet sich die Situation in der Stadt Marsberg, wo seit 2016 unverändert eine Spielhalle besteht. Dort sind die Umsätze entgegen dem allgemeinen Trend nicht rückläufig. Im Gegenteil: Während im Jahr 2020 noch Einnahmen in Höhe von etwa 411.778 Euro erzielt wurden, stieg dieser Betrag bis 2024 auf rund 459.504 Euro an. Für die Stadt Winterberg liegen aus den letzten Jahren keine Daten vor.

Erste Erfolge der Regulierung, aber kein Grund zur Entwarnung

Die Landesfachstelle Glücksspielsucht sieht in den sinkenden Zahlen einen Hinweis auf die Wirkung der seit Jahren intensivierten Regulierungen sowie auf verstärkte Maßnahmen zur Suchtprävention. „Es gibt erste Erfolge der Regulierungen und verstärkten Maßnahmen zur Suchtprävention“, heißt es aus der Landesfachstelle. Doch trotz dieser positiven Entwicklung bleiben die Geldspielgeräte ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Branche. Auch im Jahr 2024 machten die Automaten mit einem geschätzten Gesamtkasseninhalt von über 1,17 Milliarden Euro nach wie vor einen erheblichen Anteil am Glücksspielmarkt aus.

Besondere Sorge bereitet der Landesfachstelle zudem das wachsende Ausmaß des illegalen Glücksspiels in Deutschland, das in vielfältigen Formen auftrete: Von manipulierten Geldspielautomaten über illegale Online-Plattformen bis hin zu nicht genehmigten Spielbanken. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, forderte die Fachstelle eine stärkere personelle Ausstattung von Ordnungsbehörden und Polizei. Nur so könne das Problem „mit aller Entschiedenheit bekämpft“ werden.

Globale Perspektive: Glücksspielsucht als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit

Die Problematik ist allerdings keineswegs auf Deutschland begrenzt. Eine aktuelle Veröffentlichung im Fachmagazin „The Lancet“ warnt vor einer dramatischen Zunahme der Schäden, die durch Glücksspielsucht verursacht werden. Eine Kommission aus Experten verschiedener Fachbereiche kommt darin zu dem Schluss, dass Glücksspiel mittlerweile „eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit“ darstellt. Zu den negativen Folgen zählen nicht nur physische und psychische Gesundheitsschäden, sondern auch soziale Probleme wie der Verlust von Arbeitsplätzen, finanzielle Notlagen, das Risiko häuslicher Gewalt und ein erhöhtes Suizidrisiko.

Weltweit sind schätzungsweise fast 450 Millionen Menschen von den negativen Auswirkungen des Glücksspiels betroffen, wobei etwa 80 Millionen unter einer Glücksspielstörung oder problematischem Spielverhalten leiden. Besonders bedrohlich ist die Lage in sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen und in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen, die oft nicht über die notwendigen Regulierungsmechanismen verfügen.

Die Rolle der Digitalisierung und das wachsende Online-Glücksspiel

Einen wesentlichen Faktor für den Anstieg der Glücksspielsucht sieht die Kommission in der Digitalisierung. „Jeder, der ein Mobiltelefon besitzt, hat heute 24 Stunden am Tag Zugang zu einem Casino in seiner Tasche“, warnt Heather Wardle von der Universität Glasgow, eine der Vorsitzenden der Kommission. Vor allem die Bereiche Online-Sportwetten und Online-Casinos verzeichneten ein enormes Wachstum, was das Problem weiter verschärft. Dieses „phänomenale Wachstum“ sei auch das Resultat ausgeklügelter Marketingstrategien, die es den Nutzern erleichtern, mit dem Glücksspiel zu beginnen, und es ihnen gleichzeitig erschweren, wieder aufzuhören.

Auch Kinder und Jugendliche geraten zunehmend in den Fokus der Kritik. Sie würden nicht nur routinemäßig mit Glücksspielwerbung konfrontiert, sondern häufig auch durch in Videospiele eingebettete Glücksspielmechanismen angezogen. „Kinder und Jugendliche sind besonders anfällig für die Verlockungen des leichten Geldes“, erklärt Kristiana Siste von der Universität Indonesia, Mitautorin des Berichts.

Forderung nach einem neuen Regulierungsansatz

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Angesichts der bedrohlichen Entwicklungen fordert die Kommission ein Umdenken in der Regulierung des Glücksspiels. Es sei an der Zeit, Glücksspiele ähnlich wie andere süchtig machende Substanzen, etwa Alkohol oder Tabak, zu behandeln. Dazu gehöre auch, den Zugang zu Glücksspielangeboten einzuschränken und gefährdete Bevölkerungsgruppen besser zu schützen. Ein internationales und effektives Regulierungssystem sei notwendig, um die Folgen des kommerziellen Glücksspiels auf die öffentliche Gesundheit weltweit einzudämmen. Mit Material von KNA/DPA