Düdinghausen. Sie haben Haare und keine Wolle. Sie müssen nicht geschoren werden und sie sind eine eigene Rasse. Im HSK treffen sich Halter besonderer Schafe.

Früher hat es sich gelohnt, ein Schaf zu scheren und die Wolle zu vermarkten. Statt 1,80 bis 2,30 Euro pro Kilo je nach Qualität bekommt ein Schafhalter aber heute nur noch einen Bruchteil dessen: 20 bis 80 Cent. Lässt man extra einen Scherer kommen, kostet der auch noch. Und wer so eine „Daisy“-Rasur selbst machen möchte, der verliert schnell die Lust. Da muss jeder Handgriff sitzen. Gelernt ist gelernt. Daher gibt es immer mehr Züchter, die sogenannte Haarschafe züchten. Die müssen nicht geschoren werden, haben ein Fell wie ein Reh oder ein Hase, liefern trotzdem Fleisch und kommen außerdem ihrer Aufgabe als Landschaftspfleger nach.

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Am Wochenende hat in Düdinghausen die Jahresversammlung des „Nolana-Netzwerks Deutschland e.V.“ stattgefunden. Rund 80 Züchter aus der ganzen Republik, die sich mit dem Thema „Haarschaf“ befassen, haben dort in der „Pönstube“ der Schützenhalle getagt. Einer von ihnen ist Hansi Gerbracht, der zugleich Webmaster des Vereins ist und die Versammlung in sein Heimatdorf geholt hat. Und gleich zu Anfang erklärt er erstmal, was es mit dem Namen „No Lana“ auf sich hat. „Der Begriff ist ein Phantasiegebilde, das sich aus dem englischen Wort ,No‘ und dem spanischen Begriff ,lana‘ für Wolle zusammensetzt. Also: Keine Wolle.“ In der Tat werden die Tiere im Winter mit dichtem Haarkleid geboren, im Spätsommer entwickelt sich eine dichte Unterwolle, die die Tiere im Frühjahr flöckchenweise abwerfen. Der Gang zum Figaro ist nicht mehr nötig.

Rolf Minhorst, 1. Vorsitzender des Nolana-Netzwerk Deutschland, mit Hans Gerbracht (links).
Rolf Minhorst, 1. Vorsitzender des Nolana-Netzwerk Deutschland, mit Hans Gerbracht (links). © privat | Privat

Er und sein Vater hatten schon immer Spaß an der Schafhaltung. Und nachdem die für den Sauerländer Nebenerwerb üblichen drei Kühe nicht mehr im Stall stehen, ziehen große schwere Rassen wie zum Beispiel die Texel-Schafe ein. „Wir haben mit vier, fünf Tieren angefangen und hatten später bis zu 40. Zum Scheren kam ein Fachmann zu uns raus, irgendwann hatte der mal Rückenprobleme und konnte das nicht mehr, dann haben wir es selbst gemacht und eine Stunde für ein Schaf gebraucht. Das ist eine enorm anstrengende Arbeit. Und sie bringt nichts mehr ein.“ Als dann irgendwann die Scheune abbrennt und der landwirtschaftliche Nebenerwerb sowieso neu ausgerichtet werden soll, fällt bei den Gerbrachts die Entscheidung: Schafe ja, aber ohne das Woll-Getöse und in einer anderen Gewichtsklasse.

Wiltshire Horn, Dorper oder Barbados Blackbelly

„Es gibt einfach Rassen, die sind sehr stark bewollt und sehr massig und schwer. Wir haben ein paar Kreuzungstiere dazu gekauft, uns auf kurzes Haar konzentriert und mussten anfangs leider auch viele Tiere aussortieren, um nur mit den Besten weiterzumachen. Man weiß ja leider auch nie, wo die Mendel’sche Vererbungslehre durchschlägt. Aber nach drei, vier Generationen und durch die Einkreuzung von Tieren anderer Züchter war das Ergebnis schon bald sehr gut“, erklärt Gebracht. U.a. werden so exotisch klingende Rassen wie Wiltshire Horn, Dorper oder Barbados Blackbelly eingekreuzt.

Nach und nach gründet sich bundesweit ein loser Zusammenschluss von Schafhaltern, die alle dasselbe Ziel haben: nämlich wirtschaftliche Schafe zu züchten, die keine Wolle produzieren und die daher nicht geschoren werden müssen. Schon nach drei Jahren steigt die Zahl derer, die der Projektleitung mit Namen und Adresse bekannt sind, rasant an. Bis 2005 ist das „Nolana Netzwerk Deutschland“ nur eine Interessengemeinschaft ohne Statuten, die in erster Linie der Informationsverbreitung dient. Aber im Laufe der Zeit zeigt sich, dass mit zunehmender Intensität der Projektarbeit ein Verein mit Statuten und Funktionsträgern an die Stelle des informellen Netzwerkes treten muss. Allein schon, um die vielfältigen Koordinierungsarbeiten zu bewältigen. Daher gründet im März 2006 eine Reihe meinungsführender Nolana-Züchter einen Förderverein mit dem Namen „Nolana-Netzwerk Deutschland“. Und nach Tagungen mit 30 bis 35 Teilnehmern in den vergangenen Jahren sind es nun mehr als 80, die u.a. zum Informationsaustausch nach Düdinghausen gekommen sind, außerdem waren rund 50 Tiere zu sehen. Gerbracht: „Wir haben es letztlich im Laufe der Zeit geschafft, zwei neue Schafrassen zu züchten, die 2018 auch offiziell anerkannt wurden. Sie heißen Nolana und braunes Haarschaf“.

Es geht nicht nur um die Fleischvermarktung

Dem Düdinghauser Schafzüchter geht es primär nicht um die Fleischvermarktung. Für ihn ist das Ganze ein großes Hobby. Er mag die Tiere, die alle einen Namen haben, und ist durchaus stolz darauf, maßgeblich an der Zucht einer neuen Spezies von Schafen beteiligt gewesen zu sein. Als die Rasse als solche ihre formelle Anerkennung bekam, wurden im Zuchtbuch auch die sogenannten Gründertiere aufgelistet - darunter auch Schafe aus dem Stall in Düdinghausen. 95 Prozent der Tiere von Hansi Gerbracht landen wieder in der Zucht. Sie werden in sogenannten Herdenbüchern geführt – ähnlich wie bei Bullen oder Pferden - von einem „Körmeister“ nach Kriterien wie Wolle, Bemuskelung, äußeres Erscheinungsbild oder Fruchtbarkeit unter die Lupe genommen. Und die Züchter schauen genau, welcher Bock möglicherweise das beste Genmaterial für die nächste Zucht mitbringt.

Am Wochenende gab es interessante Vorträge und natürlich waren auch Nolana und Braune Haarschafe ausgestellt. „Miss Sauerland“ bei den Nolana wurde ein Tier aus der Zuchtstätte von Herbert Kampen, Voerde-Spellen, „Mister Sauerland“ ein typtreuer Bock aus der Zuchtstätte Jan Fleischfresse, Kalletal. Bei den Braunen Haarschafen siegte ein weibliche Tier von Jan Engelmeyer aus Üxheim, „Mister Sauerland“ , wurde der Zuchtbock „Hans Harry“, aus der Zucht des Lokalmatadors Hansi Gerbracht.  An den Pferchen gab es zudem ausreichend Gelegenheit zum Austausch und Kennenlernen. Abends saßen die Züchter in lammfrommer Runde zusammen. Ob es Lammkeule oder -kotelettes gab? Das müsste man nochmal „haarscharf“ recherchieren…

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Weitere Infos zum Thema gibt es auf der Internetseite der Züchter unter www.nolana-schafe.de. oder auf der Homepage von Hans Gerbracht unter www.braunes-haarschaf.de