Hallenberg. Freilichtbühne Hallenberg startet nahc der Pause wieder durch: Medin Jakupovic begeistert als Aladin, Gerhard Knecht reist als Phileas Fogg.
Eins vorweg: Bühnenarbeit ist Teamarbeit. Der Erfolg oder Misserfolg einer Inszenierung hängt nicht an einer Person. Die Chemie innerhalb des Ensembles muss stimmen, das Miteinander-Agieren muss passen, man muss Rücksicht nehmen und man darf Impulse geben. Klein darf ganz groß sein, Groß muss sich klein machen können. Insofern könnte man an dieser Stelle alle 160 Akteure und Akteurinnen auf der Bühne und viele weitere hinter den Kulissen in den Vordergrund rücken. Aber das geht nicht.
- Premiere in Hallenberg: Wie man in 80 Tagen um die Welt reist
- Premiere: Aladin und die Wunderlampe
- Spielpause auf der Freilichtbühne Hallenberg
Insofern stehen Medin Jakupovic und Gerhard Knecht nur stellvertretend für alle, die als Freilichtbühnenmitglied jede Menge Freizeit opfern und in diesem Jahr schon viele Menschen ihre Alltagssorgen vergessen ließen. An diesem Wochenende nimmt die Freilichtbühne Hallenberg nach ihrer Sommerpause den Spielbetrieb wieder auf. Und dann ist Medin Jakupovic wieder als Hauptdarsteller in „Aladin und die Wunderlampe“ zu sehen, während Gerhard Knecht als Phileas Fogg „In 80 Tagen um die Welt“ reist.
„Es ist gibt mehrere Gründe, warum ,Aladin‘ ein ganz besonderes Stück ist“, sagt Medin Jakupovic. Selten habe man mit fast 100 Personen ein derartig großes Ensemble gehabt, mit dem man bei jeder Aufführung richtig tolle Bilder auf der Bühne erschaffe. „Und die Bärbel Kandziora hat die Geschichte so angelegt, dass sie ein echtes Familienstück geworden ist. Es gibt Musik, Tanz, Action, bunte Kostüme, Spannung, Witz – einfach alles“, gerät der 21-Jährige, der im wirklichen Leben eine Ausbildung zum Kaufmann für Marketingkommunikation macht, ins Schwärmen. Drei Wochen hat er die Wunderlampe nun ruhen lassen. „Ja, da schaltet man schon ein wenig ab. Es liegen aber auch aufregende Wochen hinter uns allen. Die Proben waren aufwändig und bis zur Premiere sind wir Spieler alle irgendwie isoliert. Wir wissen, wie das Stück läuft, aber wir wissen ja nicht, wie es beim Publikum ankommt. Die Premiere – das war ein ganz toller Moment. Wenn man merkt, dass es funktioniert und wenn man spürt, dass man Teil von etwas Großem ist…“
Medin findet, dass alle Rollen unglaublich gut besetzt sind, dass die individuellen Eigenarten und Facetten jeder Figur schon in den Charakteren der Darstellern von Natur aus angelegt sind. „Manchmal müssen wir uns gar nicht groß verstellen. Es gibt eine Szene mit Prinzessin Jasmine, wo wir uns beide einig sind: Lass und einfach wir sein.“ Und noch ein Aspekt ist Medin beim diesjährigen Familienstück aufgefallen. „Die Vormittagsaufführungen, wenn Kinder oder Schulklassen da sind, und die Nachmittagstermine mit einem Gemisch aus großen und kleinen Zuschauenden, unterscheiden sich sehr, was Energie und Stimmung angehen. Es wird an anderen Stellen gelacht und die Energie der Kinder ist einfach unbeschreiblich. Sie trägt auch uns als Spieler und sie ist die Antwort auf die Frage, die im Rahmen der langen Proben immer wieder mal hochkommt: Warum mache ich das Ganze eigentlich?“ Genau für diese Momente, wenn Kinder kreischen, jubeln und sich zum Schluss ein Autogramm auf den Unterarm geben lassen.
Wer mitspielt, ist mit Haut und Haaren dabei. Und Medin erzählt die Geschichte einer Mitspielerin, die an einem Tag morgens erst zu einer Abiprüfung in die Schule musste, dann zur Aladin-Aufführung zurückkam und dann zur nächsten Abi-Prüfung wieder ins Gymnasium gefahren ist. Hut ab!
Den Hut auf im Erwachsenenstück hat der 48-jährige Gerhard Knecht. Von Kindesbeinen an und familiär geprägt, ist die Bühne für den Hallenberger, der Anwendungsbetreuer bei IT NRW ist, wie ein zweites Zuhause. Oft hat er kleinere Rollen gespielt, in denen immer wieder sein komödiantisches Talent durchblitzte, oder aber in der Technik mitgearbeitet. Der reiselustige Gentleman ist für ihn die erste große schauspielerische Herausforderung auf der Naturbühne. „Nachdem mich unser Spielleiter Philipp Mause mit dem Satz: ,Ich habe ein Attentat auf Dich vor‘ angerufen hatte, habe ich erstmal eine gute Woche lang mit mir gerungen. Den Phileas Fogg zu spielen, so viel Text zu lernen, derart präsent im Mittelpunkt zu stehen – das hatte ich eigentlich nicht vor.“ Aber Regisseur Uwe Bautz, der das Stück mit vielen witzigen Ideen angereichert und einmal komplett auf links gedreht hat, sowie seine Freunde machten ihm Mut. „Ich habe es irgendwie auch als eine Chance gesehen. Und als Uwe Bautz mir dann erklärt hat, dass es nicht ums Reisen geht, sondern darum, wie das Reisen die Menschen verändert, wie sie sich entwickeln, da wurde ich neugierig.“
Der 48-Jährige lässt den Phileas Fogg so über die Kontinente fahren, wie es Gerhard Knecht als Gerhard Knecht tun würde – immer mit englischer Etikette und mit Sauerländer Humor. Das gibt der ganzen Geschichte sehr viel Authentizität. Und auch er schätzt die eingeschworene Gemeinschaft innerhalb des Ensembles. „Wir haben von Anfang an gut miteinander harmoniert und schon bei den ersten Proben viel miteinander gelacht.“ Spannend ist für ihn der Perspektivwechsel vom Techniker, der schnell reagieren muss, wenn das Mikrofon mal aussetzt, hin zum Schauspieler, der dann schnell und laut ins Mikro seines Mitspielers sprechen muss. „Ich konnte mir auch bislang nicht vorstellen, wie wichtig Textsicherheit ist und dass man sich auf das Stichwort seines Gegenübers so unbedingt verlassen können muss…“
Klar, spornen auch Gerhard Knecht die Reaktionen und Energien des Publikums beim Spielen an. Aber noch etwas anderes motiviert ihn immer aufs Neue: „Ich bin der Meinung, dass jeder Zuschauer/jede Zuschauerin ein Anrecht darauf hat, eine hundertprozentige Leistung zu bekommen. Und das tun wir hier alle.“ Ob bei Facebook, im Gästebuch der Bühne oder nach Spielschluss, wenn die Darsteller der großen und kleinen Rollen gemeinsam die Requisiten wieder einsammeln – immer wieder gibt es positives Feedback: „Gut gemacht, klasse gespielt, wir kommen nächstes Jahr wieder!“
Bevor beide Ensembles wieder durchstarten, gibt es je eine Wiederaufnahmeprobe. Songs, Choreographien oder auch ganze Szenen werden noch einmal durchgespielt. „Mit dem Lampenfieber ist es bei mir ganz unterschiedlich. Vor der zweiten Aufführung war ich nervöser als vor der ersten. Aber das lag auch daran, dass wir bis zur Premiere jeden Tag geprobt hatten und dann eine Woche Pause dazwischenlag“, sagt Gerhard Knecht, der im wirklichen Leben eigentlich kein Weltenbummler ist. „Eine Weltreise würde mich nicht reizen. Island ist ein Land, das ich mir gern mal anschauen würde. Mallorca war, glaube ich, bislang meine weiteste Reise. Aber ich finde, wir leben hier in einer Region, wo andere Urlaub machen.“
Naja, er reist ja auch ab Freitag noch neunmal „In 80 Tagen um die Welt“ und Medin Jakupovic muss auch als Aladin ja auch nur an seiner Wunderlampe reiben, um sich irgendwohin zu wünschen. Schauspieler müsste man sein….
Die nächsten Spieltermine: „In 80 Tagen um die Welt“ an diesem Freitag um 20 Uhr und „Aladin“ an diesem Samstag um 15.30 Uhr. Karten und Infos: www.freilichtbuehne-hallenberg.de