Brilon/Bochum. Bochumer Landgericht verhandelt gegen mutmaßliche Zigarettenfälscher mit einem Steuerschaden von 13,6 Mio. Euro. Heute startete die Verhandlung:
Im November 2023 gelang Ermittlern in Brilon ein spektakulärer Erfolg: Mitten in der Stadt entdeckten Staatsanwaltschaft und Zollfahnder in den ehemaligen Nolte-Hallen und im Gewerbegebiet Almerfeldweg eine illegale Zigarettenfabrik. Nun stehen die drei mutmaßlichen Haupttäter vor dem Bochumer Landgericht. Die Angeklagten mit deutschem Pass sollen zwischen Juni und November 2023 an der Produktion und dem Verkauf von täglich bis zu 2,4 Millionen gefälschten und unversteuerten Zigaretten beteiligt gewesen sein. Der Steuerschaden beläuft sich laut Anklage auf über 13,6 Millionen Euro.
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Erhebliche Mengen sichergestellt
Bei der Razzia beschlagnahmten die Ermittler seinerzeit mehr als 26 Millionen illegal produzierter Zigaretten sowie sieben Tonnen Feinschnitt, Vormaterialien und Tabak, wie die Staatsanwaltschaft Bochum im November des vergangenen Jahres mitteilte. Der durch die sichergestellten unversteuerten und gefälschten Zigaretten entstandene Steuerschaden wird auf fünf Millionen Euro geschätzt. „Es handelte sich um eine hochprofessionelle Anlage, betrieben von einer hochorganisierten Tätergruppierung“, so die Sprecherin des Zollfahndungsamts.
Prozessauftakt in Bochum
Zum Prozessauftakt am Bochumer Landgericht äußerten sich die 38 bis 49 Jahre alten Angeklagten nicht zu den Vorwürfen. Ihre Verteidiger kündigten jedoch Geständnisse an. Die Staatsanwaltschaft strebt nach eigenen Angaben Strafen zwischen drei und sechs Jahren Haft an. Die Zigaretten wurden nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft für den Schwarzmarkt produziert, ein großer Teil soll nach Frankreich geschmuggelt worden sein. Der erste Hinweis auf die illegale Produktion kam laut Staatsanwaltschaft von polnischen Behörden, woraufhin umfangreiche Ermittlungen eingeleitet wurden.
Erschreckende Details
Zwölf weitere Verdächtige wurden bereits in früheren Prozessen zu Bewährungsstrafen verurteilt. Für den aktuellen Prozess sind am Bochumer Landgericht noch Verhandlungstage bis Mitte September angesetzt. Im Februar standen bereits 13 mutmaßliche Bandenmitglieder vor dem Schöffengericht in Arnsberg. Der Gerichtsreporter Klaus Linder von der Westfalenpost berichtete über teilweise erschreckende Details: Ein Angeklagter erzählte, er sei mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine nach Arnsberg gekommen und habe Arbeit gesucht. Über eine Zeitungsanzeige habe man ihm Bauarbeiten in Brilon angeboten, die er in einer alten Werkshalle erledigte. Anschließend sei ihm die Fertigung von Zigaretten angeboten worden. Er und andere hätten diesen Job angenommen, jedoch nie Geld erhalten und die Halle wochenlang nicht verlassen dürfen. „Mein Mandant hat dort wie ein Sklave gelebt. Seine Ausweise wurden ihm abgenommen“, sagte die Anwältin. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung. Der Haftbefehl wurde aufgehoben, sodass der Angeklagte das Gericht als freier Mann verließ.
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Obwohl Brilon der Hauptschauplatz der Razzia war, wurden laut Staatsanwaltschaft insgesamt 20 Wohn- und Geschäftsräume im Rheinland, Ruhrgebiet und Sauerland durchsucht. Das ermittelnde Zollfahndungsamt Essen erhielt Unterstützung von Europol, weiteren Zollfahndungsämtern, der Polizei und dem Technischen Hilfswerk. Mit Material von DPA