Winterberg. Eine Veränderungssperre bremst das Bauprojekt in der Innenstadt Winterberg. Investoren hadern mit den Regeln. Darum geht es konkret:
Eigentlich wollte die Stadt Winterberg das Grundstück am Waltenberg 62 in der Winterberger Innenstadt ersteigern. Doch gegen das Gebot von zwei Millionen Euro der Schönbach Gmbh aus Gilching bei München hatte sie keine Chance. Die Stadt hätte sich an der Stelle generationengerechten und bezahlbaren Wohnraum, ähnlich wie im Wohnprojekt „Rinschen Park“ in Meschede vorstellen können. Stattdessen plant die Schmallenberger 3K-Projekt GmbH im Auftrag des bayerischen Investors ein Gebäude mit bis zu 50 Eigentumswohnungen. Doch bislang ist auf dem Areal außer einem Schild, das den Bau ankündigt, nichts geschehen. Laut der Pressesprecherin der Stadt Winterberg, Rabea Kappen, liege aktuell auch noch immer keine Baugenehmigung vor. Darüber zeigt sich Bernd Kotthoff von 3K „irritiert“, wie er gegenüber der WP betont. Sogar ein Aus des Projektes könnte drohen.
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Herausforderungen bei der Baugenehmigung
Die Erteilung einer Baugenehmigung setze die Zulassung einer Ausnahme von der im Bereich des Grundstücks Am Waltenberg 62 erlassenen Veränderungssperre voraus. Diese Veränderungssperre wurde erlassen, um das allgemeine, dauerhafte Wohnen im Plangebiet zu stärken und zusätzliche Ferienwohnungsnutzungen einzuschränken, so die Sprecherin. Der Bau- und Planungsausschuss hatte der notwendigen Zulassung einer Ausnahme von der Veränderungssperre in seiner Sitzung Anfang April nicht zugestimmt, da insbesondere die Stellplatzfrage für das Projekt aus Sicht der Stadt nicht ausreichend geklärt sei. Nach den vorgelegten Planungen sei ein Überfahren der im Bereich des Grundstücks vorhandenen öffentlichen Grünflächen und öffentlichen Stellplätze erforderlich.
Überarbeitungen und Abstimmungsbedarf
„Der Investor und das beauftragte Planungsbüro haben im Übrigen erklärt, dass es Überlegungen gäbe, die derzeitigen Planungen noch einmal zu erarbeiten. Diese Planungen sollen dann noch einmal mit der Stadt abgestimmt werden“, sagt Kappen. Ein Zeitplan seitens des Investors liege der Stadt nicht vor. Der meldet sich gegenüber der WP zu Wort.
Projekt könnte scheitern
Davon kann auch Bernd Kotthof von dem Schmallenberger Planungsbüro 3k ein Liedchen singen. Er möchte eigentlich das Bauprojekt umsetzen, scheitert aber an der Veränderungssperre, die ihm die Stadt Winterberg auferlegt hat. „Viele Familien können sich den Bau eines Eigenheims nicht mehr leisten und haben deshalb auch ein Interesse an einer größeren Eigentumswohnung in dem geplanten Objekt angemeldet.“ Doch aktuell drohe das gesamte Projekt zu scheitern, warnt er. Besonders „irritiert“ sei er darüber, dass die Stadtverwaltung nun darauf poche, dass dort nur Erstwohnsitze verkauft werden dürfen. Dies sei, aus seiner Sicht, zum Start des Projektes, kein Thema gewesen. Natürlich habe man gewusst, dass dort keine Ferienwohnungen entstehen sollen, das habe man von Anfang gewusst und respektiert, aber diese Vorgabe gefährde den gesamten weiteren Prozess.
Ein weiteres Problem: Der Bauausschuss bewertet die Nutzung der Geh- und Parkflächen im Bereich der Straße „Am Waltenberg“ als kritisch. Nach der aktuellen Planung sei, so die Stadtverwaltung, die Zufahrt zu insgesamt 25 Stellplätzen über diese öffentlichen Flächen vorgesehen. Ein Problem, das bei der vergangenen Ausschuss-Beratung deutlich wurde: Dadurch würden zwölf öffentliche Stellplätze in diesem Bereich wegfallen. Deshalb, so Kotthoff, habe man bereits Lösungsvorschläge vorgelegt. So könnte man, zum Beispiel, Wohnungen zu größeren Einheiten zusammenlegen und zum einen die Nachfrage von Familien nach mehr Platz bedienen und zum anderen die vorgegebene Anzahl von Stellplätzen reduzieren.
Zwar habe es, laut Kotthoff, Gespräche dazu mit der Stadt gegeben, doch bislang ohne Erfolg. „Wenn die Vorgaben so bleiben wie sie sind, könnte dieses Bauprojekt scheitern. Aktuell sind wir schachmatt gesetzt.“
Stadtentwicklung und Wohnungsmarkt
Die Stadt sei nach wie vor daran interessiert, eine einvernehmliche Lösung mit dem Investor zu erzielen. Grundlage dafür sei dabei die Umsetzung der mit der Neuaufstellung des Bebauungsplanes verbundenen Planungsziele. Dabei sei der Stadt bewusst, so Kappen, dass die derzeitigen Baukosten die Umsetzung von Bauprojekten nicht nur unwesentlich erschwere. „Grundsätzliche und langfristige städtebauliche Zielvorstellungen sollten durch die derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht infrage gestellt werden. Diese haben Rat und Verwaltung in den letzten Jahren gemeinsam erarbeitet und diese sind damit auch Leitlinien für Investoren“, sagt Bürgermeister Michael Beckmann.
Ziele und Maßnahmen der Stadt
Die Verzögerung hat natürlich auch Auswirkungen auf den schon lange angespannten Wohnungsmarkt in dem Urlaubsort. Bezahlbarer Wohnraum bleibt rar - viele Ferienwohnungen setzen diejenigen unter Druck, die eine bezahlbare Wohnung finden wollen. „Die Stärkung des allgemeinen, dauerhaften Wohnens im Stadtgebiet ist ein aufwändiger und vielschichtiger Prozess. Dies ist allen Beteiligten bewusst. Ein Schritt zur Erreichung der Zielsetzung ist die Anpassung der bestehenden Bebauungspläne. Die Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 20 Am Waltenberg erfolgt dementsprechend ausdrücklich mit der Zielsetzung, das allgemeine dauerhafte Wohnen im Plangebiet zu stärken“, erklärt Pressesprecherin Kappen. Die Festschreibung dieser Zielsetzung sei nur im Rahmen eines förmlichen und zeitlich sehr aufwändigen Neuaufstellungsverfahrens möglich.
Zukunftsperspektiven und Strategien
„Ausreichender Wohnraum, bedarfsgerecht und bezahlbar. Dieses Thema steht weit oben auf unserer Agenda. So haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder kommunales Bauland entwickelt. Auch wollen wir eine Wohnungsgesellschaft gründen. Im ersten Schritt soll im Fichtenweg oberhalb des Tennisplatzes ein Apartmenthaus für Singles, Paare und Azubis entstehen“, heißt es vonseiten der Stadt. Neben den bauleitplanerischen Möglichkeiten zur Steuerung der Ferienwohnungsnutzung prüfe die Verwaltung derzeit auch noch weitere Instrumente beziehungsweise Stellschrauben mit Steuerungswirkung. Außerdem soll ein Beherbergungskonzept als strategisches städtebauliches Entwicklungskonzept erarbeitet werden. „Ziel der gesamten Aktivitäten ist es dabei, auf die Vielzahl von Anträgen im Bereich der Ferienhäuser nicht nur zu reagieren, sondern wieder zu agieren“, sagt Kappen.