Hochsauerlandkreis. Verteidigungsminister Boris Pistorius will den Auswahlwehrdienst einführen. Der Vorschlag stößt im Sauerland auf wenig Gegenliebe.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will mit einem neuen Modell des Wehrdienstes die Abschreckungsfähigkeit der Bundeswehr wiederherstellen. Dazu wolle er schrittweise einen „Auswahlwehrdienst“ einführen, sagte der Minister vergangene Woche in Berlin. Angesicht des Interesses setze er zunächst auf einen freiwilligen Wehrdienst von sechs bis zu siebzehn Monaten.

Veränderte Bedrohungslage

Als Hintergrund nannte Pistorius eine veränderte Bedrohungslage durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Experten gingen davon aus, dass Russland ab 2029 in der Lage sein werde, einen Nato-Staat anzugreifen. Pistorius will die rund 400.000 Männer im Alter von 18 Jahren dazu verpflichten, einen Online-Fragebogen zu Interessen und Qualifikationen ausfüllen. Auch Frauen sollen befragt werden, aber ohne Antwortpflicht. Eine Frauen-Wehrpflicht setze eine Grundgesetzänderung voraus; dazu aber sei die Zeit zu kurz, so Pistorius. Von den Befragten sollen rund 40.000 ausgewählt und gemustert werden. Auf viel Gegenliebe stößt sein Vorschlag im Sauerland nicht.

Sauerländer sehen die Idee kritisch

Auf eine WP-Frage zu dem Thema äußern sich die Sauerländer kritisch. Margit Seipel fürchtet sich um die Zukunft ihrer Kinder, wenn sie an den Wehrdienst denkt: „Ich hab schon genug geheult, als ich meine Kinder im inneren Auge im Krieg sah. Nee, lieber nicht. Frieden auf der Welt ist besser als Krieg.“ Simone Jung sieht das ähnlich: „Garnichts. Unsere Jungs müssen nicht für andere Länder in den Krieg ziehen.“

Warum werde zwischen Frauen und Männer unterschieden

Einige bemängeln aber auch den Unterschied, der zwischen Frauen und Männern gemacht wird. Ein WP-Leser schreibt: „Jahrelang dieser Genderterror und jetzt bei sowas wird wieder unterschieden? Der eine fühlt sich wieder als Frau, der nächste denkt er ist ein Fuchs und der Schlaue macht von seinem 1 mal im Jahr Geschlechtertausch gebrauch. Entweder alle mit 18 oder keiner und für unsere aktuell Kriegshungrigen oben am besten keiner.“ Uwe Schumann hat einen gänzlich anderen Vorschlag, der sich aber ebenfalls sowohl an Frauen als auch an Männer richtet: „Viel wichtiger ist meiner Meinung nach ein verpflichtender Zivildienst für Jungen und Mädchen, um Menschen die in der Pflege arbeiten, zu unterstützen! Wer das nicht möchte kann ja Ersatzdienst an der Waffe machen.“ Eine weitere WP-Leserin schreibt: „Grundsätzlich eine gute Sache, nur würde ich ein Jahr für junge Frauen und Männer bevorzugen. Diese sollten die Wahl zwischen einem Dienst in sozialen Einrichtungen oder Dienst bei der Streitkräften haben.“

erteidigungsminister Boris Pistorius zur Frage der Wehrpflicht in der Bundeswehr.
erteidigungsminister Boris Pistorius zur Frage der Wehrpflicht in der Bundeswehr. © ddp images/Chris Emil Janßen | Chris Emil Janßen

Pläne seien zu lasch

Einige sehen Pistorius‘ Vorstoß aber auch als zu lasch an: „Wird höchste Zeit. Bin zwar schon Ü50, aber können mich auch gern fragen. Wäre dabei. Irgendwer muss ja unser Land verteidigen falls es mal nötig werden sollte“, so Rene P. Sandra Biene: „Ich halte die derzeitige Herangehensweise zu verweichlicht. Jeder Jugendliche, unabhängig von Geschlecht, sollte meiner Meinung nach entweder einen Wehrdienst oder ein soziales Jahr absolvieren. Es ist entscheidend, dass wir die Bundeswehr wieder in einen funktionierenden Zustand bringen und dringend zusätzliche Unterstützung im sozialen Bereich benötigen.“ Und Uschi Hartrich betont: „Wehrdienst hat noch keinem geschadet. Wir brauchen eine gut aufgestellte Bundeswehr…“

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„Reaktivierung der Wehrpflicht durch die Hintertür“

Pistorius plant einen Grundwehrdienst von sechs Monaten für Heimatschutzsoldaten. Wer zwölf bis siebzehn Monate dienen möchte, solle in die Strukturen der Bundeswehr eingebunden werden. Dabei solle der Dienst attraktiv und sinnstiftend sein und zusätzliche Qualifikationen ermöglich. Der Sold soll demnach derselbe sein wie für die derzeit Grundwehrdienstleistenden. Die Gesamtkosten bezifferte der SPD-Politiker auf 1,4 Milliarden Euro im Jahr.

Vorhaben sei unzureichend

Der Verteidigungspolitische Sprechers der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), bewertete das Vorhaben als unzureichend. „Weder handelt es sich um eine Pflicht, noch wird die Wehr adäquat gestärkt“, sagte er der Funke-Mediengruppe. Die SPD-Vorsitzende trat ebenfalls in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe für die Beibehaltung der Freiwilligkeit ein. Selbstbestimmung sei entscheidend für die Akzeptanz der Demokratie, so Esken. Auch der FDP-Politiker Marcus Faber wollte zunächst auf Freiwilligkeit setzen, wie er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte.

Die „Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) kündigte Widerstand gegen die Pläne an. Dies sei eine „Reaktivierung der Wehrpflicht durch die Hintertür“, sagte deren Sprecher Ralf Buchterkirchen. mit dpa

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