Winterberg. Gastronomen in HSK und in Winterberg kämpfen mit Mehrwertsteuer-Rücknahme und hohen Energiepreisen. Zwei Gastronomen berichten:
Die Gastronomen rund um Winterberg werden durch die Rücknahme der Mehrwertsteuer-Senkung zum 1. Januar 2024 stark belastet. 95 Prozent der Unternehmen in Südwestfalen spüren negative wirtschaftliche Auswirkungen. Das geht aus einer aktuellen Befragung der drei IHKs Arnsberg, Hagen und Siegen unter 127 Gastronomiebetrieben hervor. Zahlreiche Betriebe berichten demnach von einem Kundenrückgang, weniger Gewinn und Umsatz sowie einem veränderten Kundenverhalten.
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Leute achten mehr auf ihr Geld
Das kann auch Jan Homann bestätigen. Er betreibt die Homberg Jause in Züschen bei Winterberg. Aktuell habe er zwar seine Preise nicht erhöhen müssen, aber das sei am Ende auch nur eine Frage der Zeit. Besonders die Energiepreise machten dem Gastronomen schwer zu schaffen. „Die Gaspreise alleine. Wahnsinn! Wahnsinn!“, schimpft er. Auch bei seinen Gästen spüre man natürlich eine Zurückhaltung bei den Essensbestellungen, klagt er. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation habe er da natürlich vollstes Verständnis. Grundsätzlich stelle sich die Politik aber, seiner Meinung nach, nicht die Frage, wie man Gastronomen unterstützen, sondern was man ihnen wegnehmen könne.
Timo Brune ist der Inhaber der Nordhangjause unterhalb des Kahlen Asten. Er hat bereits die Preise angehoben. Aber „moderat“, wie er berichtet. So kostet seine Brotzeitplatte, das sogenannte Sauerländer Jausenbrettl, einen Euro mehr. Auch die Getränkepreise wurden um fünf Prozent angehoben. „Die Leute achten schon mehr auf ihr Geld. Aber das ist natürlich verständlich“, sagt er. Trotzdem verzeichne er keinen spürbaren Rückgang der Gästezahlen. Insbesondere an den Wochenenden liefe das Geschäft gut. Trotzdem: „Die Leute trinken vielleicht ein Bierchen weniger“, sagt er.
Gastronomen stecken in einem Dilemma
Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen: „Die Gastronomen stecken in einem Dilemma. Auf der einen Seite haben sie es mit Mehrbelastungen, etwa durch hohe Energiepreise und gestiegene Arbeitslöhne zu tun, zu denen sich nun noch die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung gesellte; auf der anderen Seite sind die Möglichkeiten, die Kosten weiterzugeben, strukturell begrenzt. Am Ende können sie es eigentlich nur falsch machen.“ Jeder zweite Gastronom berichte bereits von weniger Kunden und von weniger Umsatz je Kunde. Höhere Preise hätten das Verhalten der Verbraucher spürbar verändert. Die zuletzt gesunkene Inflationsrate und die aktuellen Lohnzuwächse konnten die Konsumlaune der Kunden offenkundig kaum antreiben.
Die Folgen sind: Neun von zehn Unternehmen mussten aufgrund der Rücknahme der Mehrwertsteuer-Senkung ihre Preise erhöhen. Zudem hat die Branche mit Anpassungen von Produkten und Menüs (43 Prozent) und Einsparungen im Wareneinkauf (19 Prozent) reagiert.
Problematische Finanzlage
„Zwei von drei Gastronomiebetrieben klagen über eine problematische Finanzlage. Auch die Gefahr einer drohenden Insolvenz ist dreimal so hoch wie in allen anderen Branchen“, betont SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat. Die Zukunftsaussichten der heimischen Gastronomen seien weiterhin schlecht. So würden 70 Prozent der Unternehmen aus dem Gastgewerbe rückläufige Gewinne seit Jahresbeginn melden. Auch gebe es kaum Investitionsbereitschaft in der Branche. Es brauche nun wirtschaftspolitischer Impulse, um eine Schließungswelle im Gastgewerbe zu verhindern. „Denn ein attraktives und vielfältiges gastronomisches Angebot trägt wesentlich zur Standortattraktivität in unseren Städten und Gemeinden bei“, so Geruschkat.
Jörg Nolte, Hauptgeschäftsführer der IHK Arnsberg, fordert daher, das Gastgewerbe zumindest bei der Bürokratie zu entlasten: „Schon 2021 hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer in einer Studie nachgewiesen, dass die Gastbetriebe durchschnittlich 14 zusätzliche Stunden pro Woche aufbringen müssen, um 100 bis 125 komplexe Vorschriften zu erfüllen. Dabei geht es etwa um die Kassenrichtlinie oder die Datenschutzgrundverordnung. Diese ‚Überstunden‘ fallen meist bei den Firmeninhabern selbst an. Mit Vereinfachungen und mehr Digitalisierungen, zum Beispiel bei der Dokumentation von Hygienevorschriften oder beim Aufbewahren von Unterlagen, könnte die Politik vielen Gastronomen die Arbeit erleichtern.“