Hochsauerlandkreis. Der Immobilienmarkt war zuletzt hart: Wie der Traum vom Eigenheim im Sauerland wieder greifbar wird – Tipps von Experten.
Die Lage auf dem Immobilienmarkt war lange prekär. Hohe Zinsen und ungewisse Zeiten haben Käuferinnen und Käufer abgeschreckt. Langsam allerdings scheint sich die Situation zu entspannen. Nicole Hengesbach, Bereichsleiterin Privatkunden und PrivateBanking der Sparkasse Hochsauerland, sowie Thorsten Heggen, Pressesprecher VerbundVolksbank OWL, beantworten nun die drängendsten Fragen rund um den Hauskauf.
Welche finanziellen Voraussetzungen sollte ein potenzieller Hauskäufer aktuell mitbringen?
Nicole Hengesbach betont, dass in erster Linie die monatliche Zins- und Tilgungsrate für den Kunden tragbar sein müsse. „Wir beraten unsere Kunden und empfehlen einen Erwerb nur dann, wenn nach Abzug aller fixen und variablen Kosten noch ein Puffer für die Rücklagenbildung vorhanden ist.“ Es sei von Vorteil, wenn bereits Eigenkapital angespart worden sei: „Mindestens die Kaufnebenkosten, das sind z.B. die Grunderwerbsteuer, Notarkosten oder auch Maklergebühren, sollten mit Eigenkapital finanziert werden können.“ Sie empfiehlt, dass mit dem Aufbau von Eigenkapital möglichst früh begonnen werden sollte. Beispielsweise über das klassische und bekannte Bausparen. Thorsten Heggen erklärt, dass in der Beratung vorab alle Lebensumstände betrachtet und die Realisierbarkeit eines Hauskaufs bewertet werde. Berücksichtigt werden dabei unter anderem die gestiegenen Lebenshaltungskosten und die sonstigen laufenden Kosten des Kunden. „Wir empfehlen unseren Kunden, bei einer Finanzierung mindestens 15 Prozent Eigenkapital einzukalkulieren. Wesentlich ist, dass Kunden die monatlichen Belastungen tragen können und daneben zum Beispiel auch Rücklagen bilden können. Dazu ist vor allem ein stabiles, verlässliches Einkommen notwendig.“ Letztendlich sei es laut Hengesbach wichtig, dass die Wohnträume zu den finanziellen Möglichkeiten passen, so könne auch mit einem vermeintlich geringeren Einkommen der Traum der eigenen Immobilie wahr werden. „Durch die Einbindung von Fördermöglichkeiten wie z.B. Wohnriester, Angebote der KfW oder der NRW.Bank kann die Finanzierung vergünstigt werden.“
Welche Faktoren beeinflussen die Zinssätze für Hypothekendarlehen?
Bezogen auf den einzelnen Kunden sind das laut Heggen zum Beispiel die Laufzeit des Darlehens, die Dauer der Zinsbindung, die Bonität des Kunden und die Höhe der Besicherung. „Hinzu kommen Entwicklungen am Kapitalmarkt, die Geldpolitik der EZB, das allgemeine wirtschaftliche Umfeld und eine mögliche Unterstützung durch Förderprogramme der öffentlichen Hand.“
Welche aktuellen Marktbedingungen machen jetzt einen guten Zeitpunkt für den Hauskauf aus?
Heggen erklärt: „Nach einer Phase steigender Immobilienpreise sind die Preise schrittweise wieder zurückgegangen und stabilisieren sich aktuell.“ Er gehe derzeit nicht davon aus, dass die Preise weiter spürbar fallen werden. „Der Markt wird dementsprechend enger, die Nachfrage steigt. Dies kann zukünftig wieder zu einer Preissteigerung bei Immobilienkäufen führen.“ Ein günstiger Moment also? Hengesbach betont: „Es ist sicherlich schwierig von den „richtigen“ Marktbedingungen zu sprechen. Vor einigen Jahren waren die Zinssätze auf einem historischen Tief, damit verbunden stieg die Nachfrage nach Grundstücken und Immobilien und ließ die Preise in die Höhe schnellen. Dann kamen wir in die Phase der hohen Inflation mit steigenden Zinsen, jetzt sehen wir eine leichte Entspannung bei den Immobilienpreisen und es stehen potenziellen Käufern wieder mehr Immobilienangebote zur Verfügung.“ Auf die richtige Marktbedingung zu warten sei daher kaum möglich.
Wie wirken sich die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen auf die Hypothekenzinsen aus?
„Nachdem die Inflation lange auf historisch hohem Niveau war und auch die Zinsen ansteigen ließ, flachen die Teuerungsraten inzwischen wieder ab, so dass auch die EZB kürzlich in einem ersten Schritt den Leitzins wieder leicht um 0,25 Prozentpunkte gesenkt hat. Ob weitere Zinssenkungsschritte folgen und inwieweit sich dies auf die aktuell noch relativ stabilen Zinssätze für Kreditnehmer auswirkt, bleibt abzuwarten. Wir beobachten die Entwicklungen an den Zinsmärkten sehr genau“, so Heggen.
Welche Faktoren beeinflussen die Zinssätze für Hypothekendarlehen?
Hengesbach betont: „Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst die Baufinanzierungszinsen auf vielfältige Weise. Wir haben jetzt die erste Zinssenkung der EZB gesehen, allerdings hat das eher Auswirkungen auf die kurzfristigen Zinsen.“ Die Inflation in der Euro-Zone sei weiterhin hoch, daher verlangten Investoren mehr Geld wenn sie in lang laufende Bundesanleihen investieren. „Dadurch steigen auch die Pfandbriefrenditen und somit sehen wir weniger Entspannung bei den Baufinanzierungszinsen als von potenziellen Baufinanzieren erhofft.“
Wie sieht die Prognose für die Entwicklung der Immobilienpreise im Sauerland in den nächsten Jahren aus?
Thorsten Heggen will nicht in die Glaskugel blicken: „Die langfristige Preisentwicklung ist von diversen allgemeinen wirtschaftlichen Faktoren abhängig und lässt keine belastbare Prognose für die nächsten Jahre zu. Kurzfristig gehen wir davon aus, dass die Preise auf einem stabilen Niveau verbleiben werden.“ Nicole Hengesbach erklärt auch, dass die Prognosen für das Sauerland eine Stabilisierung der Preise zeigen würden. „Der Sauerländer wünscht sich eine eigene Immobilie, es gibt aber nur begrenzte Neubautätigkeiten. Wir sehen den Immobilienmarkt im Sauerland auch langfristig als attraktiv an, gerade das gestiegene Interesse an Regionen abseits der Ballungsgebiete spielt dabei eine Rolle.“
Wie beraten Sie Kunden, die unsicher sind, ob sie jetzt kaufen oder noch warten sollten?
Thorsten Heggen findet es schwierig, konkret zu antworten, dies sei eine höchst individuelle Entscheidung, letztlich müsse jeder selbst über den richtigen Zeitpunkt entscheiden. Nicole Hengesbach betont zudem, dass der Kauf oder Bau der eigenen vier Wände immer eine emotionale Entscheidung sei. „Das kann natürlich mit Unsicherheit verbunden sein. Eine gute Beratung und umfassende Information sind notwendig.“
Was sind häufige Fehler, die Erstkäufer machen, und wie kann man diese vermeiden?
Nicole Hengesbach empfiehlt gute Planung: „Es sollte vor einer Kaufentscheidung oder der Planung ein Haus zu bauen, mit einem Baufinanzierungsberater die finanziellen Möglichkeiten besprochen werden. Habe ich die Traumimmobilie schon gefunden, sind rationale Entscheidungen deutlich schwerer zu treffen. Ich sollte also im Vorfeld wissen, welche Rate bzw. welche Finanzierungssumme kann ich mir leisten ohne mich im täglichen Leben zu sehr einschränken zu müssen.“ Thorsten Heggen wirft den Blick auf den Zeitpunkt nach dem Kauf: „Wir empfehlen unseren Kunden eine langfristige Betrachtung und Budgetplanung, in der unter anderem auch Nebenkosten, mögliche Renovierungs- oder Sanierungsmaßnahmen sowie Rücklagen und Versicherungen berücksichtigt werden sollten.“
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Welche langfristigen Vorteile sehen Sie im derzeitigen Erwerb von Wohneigentum?
Nicole Hengesbach: „Neben Vorteilen wie einer möglichen Wertsteigerung, Inflationsschutz, stabilen Wohnkosten und mehr Sicherheit im Alter spielen hier auch emotionale Faktoren eine große Rolle. Die Freiheit sein Zuhause nach den eigenen Wünschen zu gestalten, ein Zuhause für mich oder die eigene Familie zu schaffen ist für viele Menschen weiterhin ein großer Lebenstraum.“ Dem stimmt auch Thorsten Heggen zu: „Eine Geldanlage durch eine Investition „in Steine“ hat sich - in Abhängigkeit vom Kauf- bzw. Erstellungspreis - immer gelohnt und wird auch in Zukunft attraktiv bleiben.“
Welche Strategien empfehlen Sie Käufern, um sich gegen zukünftige Zinserhöhungen abzusichern?
Beide Experten empfehlen hier eine langfristige Zinsbindung sowie einen Bausparvertrag, um sich aktuelle Zinsen zu sichern.
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