Erlinghausen. Alte Baum- und Strauchbestände sollen am Wulsenberg bei Marsberg-Erlinghausen entfernt werden. Das sind die Gründe.
Der Schwarzspecht dreht unermüdlich seine Runden im wolkenverhangenem Himmel über dem Wulsenberg und macht lauthals mit seinen Rufen auf sich aufmerksam. Unter ihm: eine Gruppe debattierender Menschen. Der Wulsenberg im Frohntal bei Erlinghausen ist Heimat vieler seltener und bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Er steht unter Naturschutz. Wegen seines Kalkhalbtrockenrasens. Nur ist davon im oberen Teil des Wulsenberges nicht mehr all zu viel übrig. Bäume und Büsche haben den Trockenrasen mehr und mehr zurückgedrängt. Das soll sich jetzt ändern. Denn der Kalkhalbtrockenrasen gilt als besonders schützenswertes Naturgut im Altkreis Brilon, weil nur auf ihm bestimmte und seltene Pflanzen, Kräuter und Orchideen gedeihen.
Entstanden ist er durch das jahrhundertelange Beweiden der Hänge durch Schafe und Ziegen. Der untere Teil der Fläche wird immer noch vom örtlichen Schäfer beweidet „und so die wertvolle Kulturlandschaft erhalten“, sagt Werner Schubert, Leiter der Biologischen Station des HSK, bei einem Ortstermin am Donnerstag im Frohntal.
Sorge um Erscheinungsbild
Eingeladen dazu hatte Ortsbürgermeister Herbert Dülme. Gekommen waren Mitglieder des Ortsbeirates, Landwirte, Jagdpächter und Anwohner. Sie machen sich Sorgen um das Erscheinungsbild des Wulsenberges und um den Lebensraum des Wildes. Gekommen war auch Stadtförster Lars Grothe, denn es handelt sich um städtische Flächen.
Europäisches Schutzgebiet
In den 1980er Jahren wurde der Wulsenberg als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Seit Ende des Jahrtausends gehört er zum europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000.70 Prozent der Gehölze und Gebüsche sollen am Wulsenberg entfernt werden, Altkiefern und die Birkenallee bleiben hingegen stehen.Finanziert wird die Maßnahme vom Hochsauerlandkreis aus Ersatzgeldern aus der Windenergie. Im September/Oktober wird mit der Umsetzung begonnen.
Seit Jahrzehnten schon wird nicht mehr der ganze Wulsenberg abgeweidet. Der obere Teil wurde mit Fichten und Kiefern aufgeforstet. Büsche schlagen überall aus. Die Sturmtiefs und Borkenkäfer hatte auch in den vergangenen Jahren ganze Arbeit im Frohntal geleistet. Das Schadholz am Hang gegenüber des Wulsenberges ist zum Großteil abgeholzt und auch schon wieder aufgeforstet. https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/corona-im-hsk-die-aktuellen-zahlen-fuer-den-altkreis-brilon-id230605704.html
Auch auf dem Wulsenberg sind die Fichtenbestände braun. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Nadelholzbestände in Offenland umzuwandeln“, sagt Werner Schubert. Die seltene Arten bräuchten das Offenland, verweist er auf den Landschaftsplan Marsberg, der durch den Hochsauerlandkreis in Abstimmung mit der Stadt schon 2008 verabschiedet wurde und der längst die Wiederentwicklung des artenreichen Kalkmagerrasen auf den aufgeforsteten Bereichen vorsah.
Vom Blütenreichtum profitieren
Die Birkenallee und die Altkiefern sollen erst einmal stehen bleiben. „Das ist gut“, atmet eine Anwohnerin erleichtert auf. Wenn die Baumbestände weg sind, soll an den Rändern auch das Nadelstreu entfernt werden. „Die Nadeln führen zur Nährstoffanreicherung, das wollen wird nicht“, so Schubert weiter. Denn viele Kräuter, und Orchideenarten würden nur auf nährstoffarmen Kalkmagerrasen gedeihen. Und viele Insekten, Wildbienen, Schmetterlinge und Heuschrecken würden sich gerade deshalb dort wohlfühen und von dem reichlichen Blütenangebot profieren.https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/aktion-fuer-sauerlaender-vereine-mitmachen-und-gewinnen-id232290935.html
Das neue Offenland soll dann auch von dem örtlichen Schäfer beweidet werden. Deshalb soll es eingezäunt werden. „Aber doch wohl nicht mit einem solchen Zaun, wie Sie ihn im unteren Teil aufgestellt haben“, entrüstet sich ein Landwirt. „Da kann doch kein Wild durchwechseln“, pflichtet ihm ein Jäger bei. „Wäre denn nicht ein flexibler Hütezaun, wie ihn die Schäfer seit jeher benutze, viel besser?“, warf ein Anwohner ein. „Alles andere verschandelt nur die Landschaft“, so ein anderer.
Rundwanderweg geplant
Der Zaun sollte Tore zum Durchgehen erhalten und Elektronetze zusätzlich an bestimmten Ecken aufgestellt werden, je nach dem wo die Schafe gerade weiden“, so Johannes Schröder vom Verein für Natur und Vogelschutz (VNV). Der Verein kümmert sich seit Jahrzehnten um den Wulsenberg und hält den unteren Teil frei von aufkeimenden Gebüschen.
Ein Rundwanderweg über den Wulsenberg ist geplant, Überlegungen laufen, den Molcheteich, der früher als natürliche Ziegen- und Schaftränke genutzt wurde, wieder freizulegen, und auch die Brücke im Bereich des Steinbruchs zu erneuern. Über alle Maßnahmen will die Biologische Station und der VNV mit den Bürgern weiter im Dialog bleiben. Auch über den Zaun.