Brilon/Marsberg. Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE) mischt sich ein: Das Vogelschutzgebiet Brilon-Marsberg schade den Klimazielen.

Mehr Vogelschutzgebiete = weniger Klimaschutz - diese Rechnung macht der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE) mit aktuellem Bezug zu der geplanten Ausweisung des Vogelschutzgebietes Diemel- und Hoppecketal beiBrilon und Marsberg auf. Seine Befürchtung: die Flächendezimierung für Windenergie nehme kontinuierlich zu.

Über 120 Quadratkilometer Fläche sollen - überwiegend auf den Gebieten der Städte Brilon und Marsberg - als Europäisches Vogelschutzgebiet (VSG) ausgewiesen werden. Wie berichtet, besteht allein durch das angelaufene Verfahren ein „faktisches Vogelschutzgebiet“, sodass im ausgewiesenen Bereich Windräder ohne Genehmigung nicht errichtet werden dürfen.

Umkehr der Beweislast

Darüber hinaus fallen, so der LEE in einer Pressemitteilung, bereits ausgeschriebene Windvorranggebiete weg und es komme „zu weiteren folgenschweren Flächendezimierungen für den dringend benötigten Windenergieausbau“. Bereits bei über 60 Prozent der ausgewiesenen Fläche des geplanten Vogelschutzgebietes bestehe der Schutzstatus.

Die rot schraffierten Bereich gehören zum dem geplanten Vogelschutzgebiet.
Die rot schraffierten Bereich gehören zum dem geplanten Vogelschutzgebiet. © Manuela Nossutta / Funkegrafik NRW

Da es, so der Windkraft-Verband, bei Vogelschutzgebieten „primär um die Sicherstellung vor erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der zu schützenden Arten“ gehe, verschiebe sich die Beweislast vom Artenschutz auf den Habitatschutz. Folge: „Bei geringsten, artenschutzfachlichen Zweifeln wird eine Projektumsetzung schlichtweg nicht mehr möglich sein.“

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Hinzu komme, dass der festgeschriebene Umgebungsschutz von 300 m um die Schutzgebietsgrenze berücksichtigt werden muss. Damit vergrößere sich das Vogelschutzgebiet auf mindestens 150 Quadratkilometer. „Es werden Fakten unausgesprochen gelassen und damit hat eine Vielzahl an Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern keine Möglichkeit, abzuschätzen, inwieweit sie von der Gebietsausweisung und von wirtschaftlich, negativen Folgen betroffen sein werden“, so Michael Flocke, selbst vom VSG betroffener Grundstückseigentümer und Windparkbetreiber, dem LEE NRW mit.

Offener Brief an Umweltministerin

Der Landesverband greift diese begründeten Befürchtungen im Rahmen eines Offenen Briefes auf und richtete sich mit diesem sowohl an die Umweltministerien in Bund und Land. Über 80 Grundstückeigentümerinnen und Grundstückseigentümer hätten sich den dortig gestellten Forderungen angeschlossen, teilt der Verband mit. Man fordere eine „detaillierte und gemeinsame Auseinandersetzung mit den Bedenken der verschiedenen Interessengruppen“, wie dem haupt- und ehrenamtlichen Naturschutz, der Land- und Forstwirtschaft, der gewerblichen Wirtschaft u.a. Erneuerbare Energien, der Steinindustrie sowie gewerblich-industriellen Unternehmen.

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Auch der LEE moniert, wie u.a. die betroffenen Kommunalverwaltungen und die überwiegenden Teile der Politik, dass bisher die der Ausweisung zugrunde liegenden Daten im Hinblick auf Habitateignung und Wissenschaftlichkeit nicht haben überprüft werden können.

Klimaziele so nicht zu erreichen

Christian Mildenberger, Geschäftsführer des LEE NRW: „Planungen von Windenergieanlagen im Wirtschaftswald sind mit der Änderung des Landesentwicklungsplans enorm erschwert worden, Kalamitätsflächen sind für die Windenenergienutzung in NRW noch nicht freigegeben und Repoweringvorhaben enden oftmals ohne Genehmigung. Die geplanten Mindestabstände schränken den Ausbau enorm ein und VSG werden ausgewiesen, teilweise ohne hinreichende, artenschutzfachliche Begründungen.“ Kurzum: „Diese Addition der Beschränkungen für den Windenergieausbau muss ein Ende finden. Sonst wird das Ziel der Bundesregierung, 2045 weitgehend klimaneutral zu sein, nicht erreicht“.

Wie am Samstag ausführlich berichtet, hat der Hochsauerlandkreis eine Stellungnahme im Rahmen des Anhörungsverfahrens verfasst, die am Montag, 31. Mai, im Naturschutzbeirat und am Mittwoch, 2. Juni, im Kreis-Umweltausschuss diskutiert wird. Der HSK kommt zu dem Ergebnis, dass das Verfahren nicht gesetzeskonform in Gang gesetzt worden ist.