Arnsberg/Hochsauerlandkreis. . In den 1980er-Jahren keimt bundesweit die Umweltbewegung auf. Auch im HSK gründen sich Vereine zum Schutz der Landschaft – ein Rückblick

Sie errichten Zäune für Kröten, sichern Stollen für Fledermäuse und demonstrieren gegen Bauprojekte in der freien Natur: Deutschlandweit finden sich in den 1980er-Jahren zahlreiche Gruppen zusammen, die sich dem Schutz der Tier- und Pflanzenwelt verpflichtet fühlen. Die „Umweltbewegung“ gewinnt in dieser Zeit rasant an Einfluss und zieht 1983 in Form der Partei „Die Grünen“ erstmals in den Bundestag ein.

Drei Naturschützer aus der Region sprechen über große Einsätze, kleine Erfolge und die weite Welt, die sich trotz allem kaum verändern wollte.

Die Motivation

Für Werner Schubert gewinnt das Thema Naturschutz an Heiligabend 1971 erstmals Kontur: Zur besten Sendezeit läuft im Fernsehen die Dokumentation ‘Bemerkungen über den Rothirsch’ von Filmemacher Horst Stern. „Das war enorm spannend“, erinnert sich Schubert zurück, der damals 14 Jahre alt war.

Werner Schubert leitet die Biologische Station des HSK in Brilon
Werner Schubert leitet die Biologische Station des HSK in Brilon © Marcel Krombusch

Einer von vielen Beiträgen, die in dieser Zeit für Aufsehen sorgen. Werner Schubert zeigt Bücher aus den 1980ern, mit Titeln wie „Grün kaputt“, „Gefährdete Landschaft“ und „Freizeit ­Fatal“. Allesamt werfen sie einen Blick auf die Schattenseiten von Konsum und Wirtschaftswachstum.

„Uns wurde klar, wie rasant sich die Landschaft verändert – und was dabei alles verschwindet“, so Schubert. Im Jahr 1981 gründet er in Meschede als einer von 30 Umweltaktivisten den Verein für ­Natur- und Vogelschutz im Hochsauerlandkreis.

Die Aktionen

Ab 1984 treffen sich die Mitglieder regelmäßig zu Arbeitseinsätzen in den Naturschutzgebieten des Hochsauerlandkreises. Dabei sichern sie Stollen für Fledermäuse, siedeln Arten wie das rote Höhenvieh, was in der Region lange verschwunden war, wieder an und erstellen Karten, die Vogel- und Pflanzenarten im Kreisgebiet dokumentieren. Für den jungen Verein damals auch ein Hauch von Abenteuer, wie Schubert beschreibt. „Das war Indianertum. Wir konnten Vögel und Pflanzen entdecken, die niemand vorher gefunden hatte.“

Der Verein für Natur und Vogelschutz im Arbeitseinsatz. Hier wird ein Stollen für Fledermäuse gesichert.
Der Verein für Natur und Vogelschutz im Arbeitseinsatz. Hier wird ein Stollen für Fledermäuse gesichert. © Privat/VNV

Besonders in den Anfangsjahren wurde der Naturschutzverein argwöhnisch betrachtet, wie der Name des Vereinsmagazins unterstreicht: „Wir nannten das Magazin ‘Irrgeister’, weil uns sowieso alle für Irrgeister gehalten haben“, sagt Werner Schubert und lacht. So war zunächst Eigeninitiative gefragt, um das Thema Umweltschutz ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, wie das Beispiel von Klaus Korn zeigt. Er engagierte sich Anfang der 1980er besonders für den Schutz von Amphibien im Raum Sundern. „Wir haben gesehen, dass die Frösche im Frühjahr von Autos tot gefahren wurden – und deshalb sind wir aktiv geworden“, erinnert sich Korn. Mit rund 20 Gleichgesinnten stellte er Zäune an den betroffenen Straßen auf, um die Tiere zu schützen. „Damals haben wir nicht auf die Behörden gewartet“, so Korn, der mittlerweile für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) im Naturschutzbeirat des Kreises sitzt.

Das Erbe

Viele Aktivisten von einst sitzen heute in Ausschüssen, die durchaus politischen Einfluss haben. Zudem informieren Publikationen – etwa des Vereins für Umwelt und Naturschutz – über die vielfältige Flora und Fauna im Kreisgebiet.

„Von daher hat der Naturschutz als anerkanntes Interesse schon seinen Platz gefunden“, sagt Herbert Bartetzko, der mehrere Beiträge über die regionale Tier- und Pflanzenwelt geschrieben hat.

Herbert Bartetzko ist Sprecher des BUND im Hochsauerlandkreis
Herbert Bartetzko ist Sprecher des BUND im Hochsauerlandkreis © Marcel Krombusch

Sein Fazit nach 40 Jahren Einsatz für den Naturschutz fällt dennoch gespalten aus. „Ich glaube schon, dass wir in einzelnen Punkten durch Engagement und Einfluss etwas erreichen konnten“, so Bartetzko. „Aber wir mussten auch lernen, dass wir die Welt nicht verändern können.“

Das findet auch Werner Schubert, der seit 1993 die Biologische Station in Brilon leitet und kreisweit Projekte zum Naturschutz durchführt. Seit den 1980ern habe man die Natur zwar angesichts von Klimawandel und Artensterben nicht gerettet. „Aber die Dinge, die wir vor der Haustür machen konnten, die haben wir gemacht.“

Heute gibt es im Hochsauerlandkreis 563 ausgewiesene Naturschutzgebiete – so viele wie nie zuvor. 1986 waren es nur 28.

Schicken Sie uns Ihre Erinnerungen

Seit Ende Dezember blickt die Serie „Unsere Jahrzehnte“ jeden Donnerstag und Montag auf die 50er bis 80er-Jahre im Hochsauerlandkreis.

14 Geschichten aus der Region beleuchten die spannende Zeit zwischen der Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949 und der Wende 1989.

Wie stehen Sie zu der Umweltbewegung im HSK? Wie haben Sie deren Anfänge in den 80ern erlebt? Schicken Sie Fotos und Erinnerungen per E-Mail an: m.krombusch@funkemedien.de

Eine Sammlung aller Erinnerungen sowie alle Serienteile, die bisher erschienen sind, finden Sie im Internet, unter wp.de/40jahre