Hochsauerlandkreis. Die Priorisierung für die Corona-Impfung fällt – trotzdem finden im HSK-Impfzentrum keine Erstimpfungen statt. Ist die Lage in den Praxen besser?

Die Impfpriorisierung ist gefallen und viele Menschen, die zu keiner der ersten drei Priorisierungsgruppen gehören bemühen sich jetzt um einen Termin für eine Corona-Impfung. Allerdings: Der Impfstoff wird derzeit nicht in rauen Mengen geliefert und schon in der vergangenen Woche betonte der Hochsauerlandkreis, dass eine Erstimpfung im Impfzentrum Olsberg in den nächsten Tagen nicht zu bekommen sei. Was nach einer frustrierenden Situation klingt, wird allerdings von einigen Ärzten widerlegt. So sagt Dr. Christoph Hüttemann, Leiter des Impfzentrums: „Ich bin extrem positiv eingestellt!“ Doch Termine zu bekommen, das bleibt schwer. Impfung für alle?

Das sagt der Leiter des Impfzentrums

Dr. Christoph Hüttemann tut sich schwer mit dem Wort „Knapp“, wenn man ihn auf die Impfstoffmenge im Hochsauerlandkreis anspricht. „Knapp, ja, in gewisser Weise. Wir impfen in dieser Woche jedoch am Mittwoch mehr als 1500 Menschen im Impfentrum. Das ist ein Rekord und ja, darunter sind auch Erstimpfungen.“ Derzeit seien spezielle Berufsgruppen und andere Erstimpfungen unter den Zweitimpfungen dran. „Wir können den gelieferten Impfstoff nur mit Bedacht verteilen und müssen tagesspezifisch kalkulieren, an wen wir die Vakzine verimpfen. Ja, insofern kann man natürlich von Knappheit reden, denn wir müssen genau hinsehen, wie wir die gelieferten Mengen effektiv nutzen.“

Noch im Mai sprach Christoph Hüttemann von ausreichendem Impfstoff im Hochsommer. So sagte er in einer Pressekonferenz mit Dr. Peter Liese, heimischer CDU-Europaabgeordneter, noch: „Ich bin optimistisch, dass im Hochsommer jeder, der möchte, zumindest die Erstimpfung erhält.“ Mit seiner Aussage konfrontiert, bleibt der Arzt weiterhin entspannt: „Wir sprechen vom Hochsommer, also eher das Dritte Quartal, Anfang August.“ Er rät jedem, der eine Impfung haben möchte, mehrgleisig zu fahren. „Nutzen Sie Ihre Kontakte zu Kinder- oder Fachärzten und melden Sie sich dort ebenfalls. Warten Sie nicht auf das Impfzentrum. Wer ein zügiges Angebot erhalten möchte, sollte selbst aktiv werden.“

Das sagt ein Hausarzt aus Brilon

„Wir bekommen viele viele Anrufe“, sagt Dr. Thomas Kretzschmar, Allgemeinmediziner mit Praxis in Brilon. „Viele outen sich und sagen offen, dass sie mehrgleisig fahren und sich auf viele Wartelisten setzen lassen. Ich kann das natürlich verstehen, aber in meiner Praxis haben meine Patienten erst einmal Vorrang.“ Zwei Kolleginnen seien ständig am Telefon, würden die Impfanfragen entgegennehmen. E-Mails trudeln ein, mit Anfragen sogar aus Olsberg. Die Warteliste sei „sehr sehr sehr“ lang. Nur, der Impfstoff reicht nicht ad hoc für alle. „Letzte Woche haben wir am Dienstag 70 Impfungen vorgenommen. Das war ein richtiger Marathon und hat die Kapazitäten unserer Praxis ausgereizt.“ Das Problem sei allerdings, nicht immer käme die auch bestellte Menge. Waren es in der letzten Woche 70 Dosen, die verimpft werden konnten, bekomme die Praxis von Dr. Kretzschmar in der nächsten Woche nur 6 Fläschchen Biontech für die Zweitimpfung und eine für die Erstimpfung. „Die Bestellmengen für die Erstimpfung sind stark eingeschränkt, für die Zweitimpfung darf bestellt werden, was gebraucht wird“, erklärt der Arzt.

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Er findet trotzdem nicht, dass die Priorisierung zu früh weggefallen ist. „Natürlich ist der Andrang nun groß und der Impfstoff knapp. Aber der Wegfall der Priorisierung ist gut und hätte auch früher kommen können. In den Praxen wird ohnehin eine eigene Priorisierung unter den Patienten vorgenommen.“ Thomas Kretzschmar kennt seine Patienten am besten, bewertet jeden auf der Warteliste in einem Sternchen-System und entscheidet dann, wer die Impfung am dringendsten benötigt. Er macht auch jüngeren Menschen Mut: „Es kann sein, dass mal ein Jüngerer dazwischen rutscht. Man muss Geduld haben, sich in Erinnerung bringen.“ Er sagt aber auch: „Aber nicht jeden Tag anrufen. Das bringt einen nicht höher auf die Warteliste.“

Das sagt der Hochsauerlandkreis

Der 7 Juni – Stichdatum für viele und eigentlich im Kalender vermerkt als der Tag, an dem man sich auch außerhalb der Priorisierungsgruppen um einen Termin bemühen kann. Doch der Impfstoff im Impfzentrum reicht nicht für neue Erstimpfungen. Gab es trotzdem einen Andrang? „Weder im Impfzentrum noch über die Hotline hat es übermäßig viele Anfragen gegeben“, sagt Carolin Fisch, Pressesprecherin des HSK. „Viele haben wohl die Berichterstattung verfolgt und wussten, dass man abwarten muss, bevor man sich einen Termin machen kann.“ In den nächsten zwei Wochen würden wohl auch keine Termine für eine Erstimpfung freigeschaltet werden. „Impfstoff ist weiterhin ein knappes Gut“, sagt Carolin Fisch.