Brilon. Er ist nicht Indiana Jones, aber seine Suche war abenteuerlich. Geschichtsprofessor aus dem US-Staat Indiana forscht für sein Buch in Brilon.
Schon so manche mehr oder weniger berühmte Persönlichkeit hat die Stadt Brilon besucht. Doch dass diese Besucher auch internationale Forschungsvertreter der Geschichte faszinieren, beweist eine neue amerikanische Publikation.
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Im Frühjahr 2022 veröffentlichte der US-amerikanische Geschichtsprofessor Alexander M. Martin von der Notre-Dame-Universität im Bundesstaat Indiana sein Werk „From the Holy Roman Empire to the Land of the Tsars“. Übersetzt heißt das so viel wie „Vom Heiligen römischen Reich in das Land der Zaren“. Dem ging eine Zusammenarbeit mit dem Museums Haus Hövener voraus.
Johannes Ambrosius Rosenstrauch
„Es geht um einen Mann namens Johannes Ambrosius Rosenstrauch. Ein Lebemann, der von 1768 bis 1835 gelebt und gewirkt hat. Er war ein Rebell, Händler, ein Schauspieler, ein Unternehmer, ein Zeitgeist, der im deutschsprachigen Raum sowie in Russland lebte und – das ist das Besondere – auch in Brilon Halt machte,“ fasst Carsten Schlömer, Historiker und Leiter des Hauses Hövener, kurz zusammen. Rosenstrauch, so Schlömer weiter, war eine schillernde Persönlichkeit, die in dutzenden von Fürstentümern und Archiven seine Spuren hinterlassen hat. Er erlebte die napoleonischen Unruhen, die Revolutionen in Europa und wurde schlussendlich ein Kosmopolit, der seiner Zeit voraus war. Dessen Werdegang wurde durch Professor Martin detailliert mithilfe von Archivrecherchen in Berlin, Moskau und Brilon beschrieben.
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Bereits 2021 nahm der US-Historiker Kontakt mit dem Museum Haus Hövener auf. Es stellte sich heraus, dass Rosenstrauch 1788 mit seiner Verlobten Barbara Antonetta in das Sauerland kam und in Brilon getraut wurde. Dem ging eine Flucht des Paares voraus. „In Kassel lernte er seine zukünftige Frau Barbara Antonette kennen und im Grunde waren beide Flüchtende. Er war katholisch und sie entstammte einer lutheranischen Unternehmerfamilie, die in Kassel einiges an Wohlstand verdient hatte. Eine Ehe zwischen beiden galt als Skandal, ja war sogar gesetzlich verboten und so flohen die beiden und fanden ausgerechnet in Brilon einen Geistlichen, der sie traute.“ so Carsten Schlömer weiter. Hier ergibt sich eine Liebesgeschichte, die durchaus als besonders gewertet werden kann. Waren für Barbaras Eltern die Vorstellungen von Liebe noch nebensächlich für eine standesgemäße Ehe, entschieden sich der 20-jährige Rosenstrauß und die zwei Jahre jüngere Barbara allein aufgrund ihrer Gefühle füreinander für eine Trauung.
Haus stand in der Petrusstraße
Der Briloner Geistliche war es dann auch, den der US-Historiker mithilfe der Zusammenarbeit in Brilon genau bestimmen konnte. Jodokus Albert Brandenburg war Vikar in Brilon und galt als eine bedeutende Persönlichkeit in der Stadt. Seine Bibliothek stellt eine der umfangreichsten Sammlungen eines privaten Gelehrten in Westfalen dar. Einige Werke aus diesem Bestand sind Teil der Historischen Kloster- und Gymnasialbibliothek im Haus Hövener.
Ausgezeichnete Uni
Die Privatuniversität im Bundes-staat Indiana gilt als eine der besten Forschungsinstitute für Geschichtswissenschaften inner-halb der USA. Die Carnegie-Kommission für die Einordnung der höheren Bildung beschreibt die Universität mit dem höchsten Grad für Forschungen.
„Durch handschriftliche Kennzeichnungen konnten wir diese Werke zuordnen und so Herrn Martin dabei helfen, den Vikar, der für Rosenstrauch und Barbara so wichtig war, genauer zu charakterisieren.“ resümiert Schlömer. Brandenburg erklärte sich bereit, dem Paar seinen Segen zu geben. Die Braut zeigte eine wahrscheinlich gefälschte Bestätigung ihrer Eltern vor, dass sie heiraten dürfe. Rosenstrauch verheimlichte seine Herkunft, gab nur an katholisch zu sein und erklärte irrwitziger weise, er wisse nicht, wer seine Eltern sind. Indes sorgte die Spurensuche sogar dafür, dass man den Wohnort des Stadtgelehrten identifizieren konnte. Sein Haus stand in der Petrusstraße 7.
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Infolge der Kooperation konnte der US-Historiker auf die neuesten Erkenntnisse aus Brilon zurückgreifen. Das Ergebnis dieser atlantiküberspannenden Zusammenarbeit ist ein eigenes Kapitel im Buch des US-Amerikaners. In seinem Werk widmet er einige Seiten der historischen Einordnung Brilons, dem Stadtbild und auch der Persönlichkeiten, die im Sauerland und darüber hinaus wirkten. Für das Museumsteam ist das Werk ein Beweis für die professionalisierte Arbeitsweise des Hauses Hövener. Man schloss Kontakte und konnte die kleine Stadt Brilon in den großen Staaten bekannt machen. „Brilon ist keine Insel in der Zeit – auch heute nicht. Unser Anspruch ist es, auch unsere Sicht der Dinge, auch unsere Identität nach außen hin zu transportieren. Dass das innerhalb einer wissenschaftlichen Biografie eines schillernden Schauspielers in Europa geschah, hätte ich bis vor wenigen Monaten auch nie gedacht.“ kommentiert Apollonia Held-Wiese als Mitarbeiterin des Hauses Hövener zuletzt.
Und ein weiterer Gewinn für das Briloner Stadtmuseum stellte sich durch die Zusammenarbeit und Unterstützung des US-Amerikaners ein. Die historische Persönlichkeit des Jodokus Albert Brandenburg wurde fassbarer und eine weitere kleine Episode der Stadtgeschichte Brilons aus dem 18. Jahrhundert wurde lebendig.