Hallenberg. Wann hat Francis Fulton-Smith noch Zeit zum Malen? Wieso kommt der Star nach Hallenberg? Was ist sein Erfolgsgeheimnis? Im Interview verrät er es:
Die meisten Menschen kennen Francis Fulton-Smith vom Fernsehen und vom Film. In sage und schreibe 129 Episoden hat er zwischen 2004 und 2020 die Hauptrolle in der ARD-Serie „Familie Dr. Kleist“ gespielt. Insgesamt verkörperte und „verseelte“ der beliebte Star in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als 150 Rollen in Kino und Fernsehen. Für seine Darstellung des Verteidigungsministers Franz-Josef Strauß im TV-Drama „Die Spiegel-Affäre“ hagelte es Auszeichnungen. Dass der fast 56-jährige Schauspieler aber auch mit Pinsel und Kohlestift umgehen kann, wissen die wenigsten. Ab 29. April stellt er eine Auswahl seiner Werke im Hallenberger Kump aus. „Ich bin ganz aufgeregt und aus dem Häuschen, weil das tatsächlich meine erste Ausstellung nach der Covid-Pandemie ist. Mir sind letztes Jahr zehn Ausstellungen weggebrochen. Daher freue ich mich sehr, dass Hallenberg hoffentlich die Trendwende bringt und in eine neue Zukunft weist“, sagt er im Interview mit unserer Zeitung.
Wenn man Ihr Schauspiel-Pensum sieht, stellt sich die Frage: Wann hat der Mann überhaupt noch Zeit fürs Malen? Schaufeln Sie sich dafür Zeit frei, setzen Sie sich ganz bewusst an eine Staffelei? Oder malen Sie während der Dreharbeiten am Set?
Fulton-Smith: Wie bei vielen Menschen hat auch mein Tag 25 Stunden (lacht). Ich habe immer schon – auch in meiner Kindheit – sogenannte Sketche gemacht. Das sind Szenen, Ideen, Motive die ich in einer Art malerischem Notizbuch als Skizzen festhalte. Dann habe ich in den Drehpausen angefangen, die Zeit anders zu nutzen. Während manche Kollegen eine Zigarette rauchen, ziehe ich mich oftmals gerne zurück und vertiefe mich in meine Zeichnungen, mache mir kleine zeichnerische Erinnerungen, aus denen dann später ein Bild wird. Manchmal staune ich selbst über diesen künstlerischen Schaffensprozess von so einem Sketch, einem Impuls, bis hin zum fertigen Bild. Denn am Ende kann auch etwas völlig anderes dabei herauskommen. Es gibt auch hier einen kreativen Weg der Entwicklung, der manchmal unvorhergesehen verläuft. Und in der Tat male ich oft nachts; ich mag diese besondere Stille, diese Atmosphäre. Das ist eine ganz andere Inspiration für mich.
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„Ich bin totaler Autodidakt“
Haben Sie einfach mal irgendwann festgestellt: Ach guck mal, ich kann ja auch malen? Oder wie haben Sie zur Malerei gefunden? Sie arbeiten ja sehr vielfältig mit Acryl, Aquarell, Kohle oder machen Collagen…
Ich bin totaler Autodidakt, aber durch meinen Beruf als Schauspieler jemand, der seine Umwelt sehr genau beobachtet. Das ist ja auch ein Teil der Vorbereitungen auf meine Rollen. Insofern glaube ich, dass ich über die Jahre ein geschultes Auge bekommen habe. Ich kann Situationen schnell erfassen und mir durch diese Notiz-Zeichnungen meine persönlichen Bojen bauen. Es sind gedankliche Ankerpunkte, die mir später beim Draufschauen die Erinnerung an die Szenerie zurückgeben. Andere könnte damit vermutlich gar nichts anfangen. Das spätere Malen ist jedoch nicht ein Kopieren des kleinen Motivs auf ein großes. Das wäre zu profan. Das sind eher Emotionen und Inspirationen, die mich dazu bewegen, zu reflektieren und zu malen und mich zu fragen: Was macht das mit mir? Ich studiere aber auch gerne große Meister, male sie nach, um mich in die Künstler hineinzuversetzen und mich zu fragen: Wie haben die das damals gemacht? Da hilft mir meine Ausbildung als Schauspieler, weil ich mich in die Person hineindenke und hineinfinde.
Haben Sie sich stilistisch in irgendeiner Form festgelegt?
Nein, ich bin da noch sehr offen. Ich male Landschaften, Tiere, aber auch Portraits und Abstraktes in unterschiedlichen Techniken. Der Lockdown hat sich sehr auf meine Malerei ausgewirkt. Ich bin wesentlich farbenfroher und -stärker geworden, habe aber auch Formen aufgebrochen. Daher bin ich sehr gespannt, wie die Resonanz in Hallenberg beim Publikum sein wird.
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Mit Ihrer Malerei an die Öffentlichkeit getreten sind Sie das erste Mal Ende 2018 in Werl. Wie kam es dazu? Hatten Sie da bereits 100 Bilder auf dem Dachboden liegen oder war die Ausstellung für Sie ein Kick, um dafür zu malen?
Die Galerie Walentowski hat mich quasi unter ihre Fittiche genommen. Im Rahmen einer Lesereise für mein Buch „Loving se Germans“ habe ich über Freunde auf Sylt die Walentowskis kennengelernt. Ein guter Freund, der Harold Faltermeier, sagte: ,Übrigens, der Francis malt auch!‘ Da habe ich mich erstmal etwas geziert. Aber die haben nicht locker gelassen. Irgendwann habe ich dann auf meinem Handy ein paar Sachen gezeigt und dann hat der Galerist großes Interesse bekundet, mich zu Hause besucht und gesagt: ,Wir finden das ganz toll.` Die Räumlichkeiten in der Galerie in Werl sind wirklich groß und dafür musste ich 80 Bilder malen. Dadurch wurde ich quasi vom Universum ins Wasser geschubst und habe die Herausforderung angenommen.
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Und wie ist die erste Ausstellung dann verlaufen?
Großartig. Ich habe gleich 25 Bilder verkauft. Das hat mir als Neuling Auftrieb gegeben, diesen Weg weiter zu beschreiten, um meiner Kreativität auch auf anderer Ebene Ausdruck zu verleihen.
„Es geht immer darum, etwas von sich preis zu geben“
Als Schauspieler schlüpfen Sie in andere Rollen. Als Maler kann man sich aber nicht verstellen. Das heißt: man krempelt ja schon ein Stück von seinem Inneren nach Außen und macht sich gläsern? Empfinden Sie das auch so? Wenn ja, wie fühlen Sie sich dabei?
Ich glaube, dass es in beiden Bereichen immer darum geht, etwas von sich preis zu geben. Die Frage ist, wieviel ist das? Beim Malen nehmen Gedanken, Fragmente oder Emotionen in irgendeiner Form Gestalt an. Sie knallen plötzlich durch und wollen nach draußen auf die Leinwand. In dem Moment bin ich sozusagen das Gefäß, das Medium, das diesen Kräften hilft, Gestalt anzunehmen. Beim Schauspielen ist das ähnlich. Ich nehme mich als Francis Fulton-Smith komplett zurück und stelle mich nur in den Dienst der Figur. Ich bin auch hier das Gefäß, innerhalb dessen die Figur sich ausdrücken und entfalten kann. Mit dem Begriff ,Verstellen‘ kann ich nicht so viel anfangen. Auch als Schauspieler verstelle ich mich nicht. Ich öffne mich und gebe einer Figur Raum. Indem ich die Texte erarbeite und erspüre, erwacht die Figur zum Leben. Wenn Sie fünf Schauspieler haben, die Richard III. spielen, haben Sie fünf verschiedene Figuren, die alle denselben Text sprechen, aber sie werden bei den Aufführungen fünf unterschiedliche Abend erleben. Die Probe auf der Bühne dient nicht dazu, etwas abzuliefern. Das Ergebnis zeigt: So könnte es gehen. Und das ist auch der Ansatz in der Malerei. Ich habe eine Vision im Inneren, die ich auf die Leinwand übertrage, so dass das Ergebnis ein von mir geschaffenes Werk ist, das mir gefällt. Der wirklich magische Moment ist der, wenn andere auf das Ergebnis schauen und erzählen, was das Bild mit ihnen macht.
Ausstellungseröffnung ist am 29. April
„Impressionen des Seins“ heißt die Ausstellung mit Bildern des Schauspielers und Malers Francis Fulton-Smith, die vom 29. April bis 10. Juni im Infozentrum Kump zu sehen sein wird. Ausstellungseröffnung ist am Freitag, 29. April, um 19 Uhr in Anwesenheit des Künstlers. Öffnungszeiten: montags, mittwochs, samstags von 10 bis 13 Uhr, donnerstags und freitags von 10 bis 16 Uhr und sonntags von 14 bis 16 Uhr.Über die Galerie Walentowski waren u.a. auch schon Bilder von Otto Waalkes, Udo Lindenberg und Frank Zander in Hallenberg zu sehen. In den meisten Fällen waren die Künstler auch vor Ort.
Auf Ihrer eigenen Homepage beschreiben Sie das Malen so: „Der erste Strich auf weißer Leinwand, ist wie ein Urschrei, ein Impuls, ein Augenblick in der Unendlichkeit“. Das klingt ja wirklich wie ein archaischer Schöpfungsakt. Was macht das mit Ihnen, wenn Sie am Tisch oder an einer Staffelei sitzen und malen?
Zunächst mal: Ich kann nicht auf Knopfdruck so etwas machen. Der kreative Schaffensprozess ist ein Moment, in dem ich in unbekannten Gewässern bin, wo ich nicht weiß, ob ich auf Grund laufe oder das andere Ufer erreiche. Ich brauche dafür Ruhe, Konzentration und eine gewisse Gelöstheit. Ich kann nicht unter Zwang und Druck arbeiten. Ich bin kein Anstreicher. Der Prozess des Malens ist ein In-mich-Hineinhören.
Wie eng ist ihr Bezug zum fertigen Bild. Sie nennen Ihre Werke liebevoll „Kunst Babys“. Wie gut können Sie sich schlussendlich davon trennen?
Es gibt Lieblingskinder. Die versuche ich dann an meine Mutter zu verkaufen (lacht). Aber sie hat sich ohnehin schon einige Bilder gesichert, weil sie sie selber haben wollte. Da bin ich dann ganz glücklich, dass die in der Familie bleiben. Ich habe selber auch ein paar Bilder, von denen ich sage: Das waren ganz besondere Momente, die möchte ich einfach bei mir selber hängen haben. Aber eigentlich ist es ja eine große Ehre, wenn - um im Bild zu bleiben - das Kind auf die Welt kommt, es wächst und gedeiht und wenn es irgendwann fertig ist und ins Leben rausgehen kann. Wenn es dann von jemandem gekauft wird und ihn und sein Leben begleitet, dann finde ich das ganz toll. Eines meiner ersten Bilder, das ich in Werl verkauft habe, hat ein Vater für seine Tochter erworben, die in ihre erste eigene Wohnung gezogen ist. Ich fand das eine wunderschöne Vorstellung. Da weiß man, es kommt in gute Hände, wird wertgeschätzt. Andere Menschen sehen es, sprechen darüber – dieser Gedanke ist einfach wunderschön. Eigentlich ist das die höchste Ehre, die dem Bild und mir widerfahren kann.
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Wie viele Austellungen haben Sie seit Werl gemacht?
Das Ganze befindet sich ja noch im Aufbau. Die erste Ausstellung war in Werl, dann in Hamburg, die sehr erfolgreich war, dann in Berlin. Die Walentowskis haben 17 Galerien von Salzburg bis Sylt. Alle Künstler, die mit ihnen zusammenarbeiten, stellen auch aus. Das gilt auch für meine Bilder. In der Pandemie war das natürlich sehr schwierig. Ich fand es schrecklich, dass Menschen sich vor eine Fleischtheke stellen konnten, aber nicht vor ein Bild. Dass sie in Bussen und Bahnen fahren durften, aber nicht im Theater sitzen. Das war für alle Kreativen und Künstler eine ganz furchtbare Zeit. Ich hatte letztes Jahr eine große Ausstellung in Florenz, für die ich sehr dankbar war. Umso mehr freue ich mich jetzt, in Hallenberg meine Werke nach fast zweijähriger Pause erstmals wieder in Deutschland ausstellen zu können.
„Freue mich darauf, das Sauerland kennenzulernen und zu erobern“
Hand aufs Herz! Wussten Sie vorher, wo Hallenberg liegt oder mussten Sie erstmal bei Google nachschauen?
Hand aufs Herz? Das möchte ich nicht kommentieren (lacht).
Kennen Sie denn die Gegend, das Sauerland?
Nein, ich war dort noch nicht. Ich habe viele Freunde in Köln und Verwandte in Marburg. Es gibt also schon gewisse Berührungspunkte in der Nähe. Ich war noch nicht da, aber freue mich darauf, das Sauerland kennenzulernen und ich hoffe auch erobern zu können. Ich komme einen Tag vor der Ausstellungseröffnung und möchte auch danach ein bisschen herumfahren.
Ein völlig anderes Thema: Sie engagieren sich für World Vision und für die SOS Kinderdörfer. Warum ist das Ihnen ein Anliegen?
Das in Gänze zu erklären, würde zu weit führen. Man muss nicht zwingend in die Ferne schauen, um Not und Leid zu entdecken. Kinder als jüngste und schwächste Mitglieder unserer Gesellschaft erfordern unser ganz besonderes Augenmerk. Nicht nur, weil sie die Zukunft des Landes sind, sondern weil sie schutzlos sind. Und wenn man da als Mensch wie ich, der im Licht der Öffentlichkeit steht, etwas helfen kann, um dafür ein Bewusstsein zu schaffen, dann finde ich das nicht nur wichtig. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, einen Teil des Glücks zurückzugeben, das mir widerfahren ist.