Brilon. C&A ist nicht der einzige neue Leerstand in der Briloner Bahnhofstraße. Gewerbevereinschef Christian Leiße wagt eine Prognose für die Zukunft.
Seit einigen Tagen hat C&A in Brilon seine Türen geschlossen – endgültig. Es ist der wohl schmerzlichste Leerstand, der die Bahnhofstraße trifft, aber nicht der einzige. Denn nicht nur die Modekette zieht sich aus Brilon zurück und hinterlässt leere Schaufenster. Auch Stilart, das Mode- und Dekogeschäft schräg gegenüber schließt. Nur wenig darüber ist schon seit längerem das ehemalige Quick-Schuh ein Leerstand. Eine Folge der Corona-Pandemie? Oder lassen sich keine Nachfolger mehr finden? Christian Leiße, Vorsitz des Gewerbevereins in Brilon und selbst Geschäftsmann, betrachtet die Lage aus einem anderen Blickwinkel und erklärt, dass Brilon sich eigentlich keine Sorgen um seine Innenstadt machen muss. Christian Leiße zu...
… den Leerständen in der Innenstadt Brilons und der Schließung von C&A
„Ja, einige Leerstände haben wir“, sagt Christian Leiße auf WP-Anfrage. Quick-Schuh ist im vergangenen Jahr in das Schweizer-Schuhgeschäft integriert worden. „In die Fläche zieht nun Brillen Rottler, ein sehr hochwertiges Optikgeschäft“, sagt Leiße. Dadurch entsteht allerdings an einer anderen Stelle der Bahnhofstraße ein Leerstand. Bei der Schließung von Stilart würden Altersgründe eine Rolle spielen. „Und dann natürlich der Big Player, C&A. Diese Fläche von rund 1800 Quadratmeter kann nur jemand Großes bespielen. Für derart großflächige Lösungen ist Brilon eigentlich zu klein“, räumt Christian Leiße ein. Ihm ist bewusst, dass es nicht leicht wird, diese Fläche zu besetzen. „Hätten wir die Briloner Arkaden nicht, dann könnte diese Fläche für einen Laden wie Medimax erfolgversprechend sein. Wir haben ja guten großflächigen Handel, aber eben nicht in der direkten Innenstadt. Und natürlich hängt die Schließung von C&A ein wenig wie ein Damoklesschwert über uns, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir eine gute Lösung dazu finden werden.“
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… der Schließungswelle in der Bahnhofstraße Brilons und deren Auswirkungen
Christian Leiße spricht entspannt von der aktuellen Entwicklung. „In den späten 90ern gab es in Brilon tatsächlich eine Schließungswelle, da haben vier oder fünf Geschäfte geschlossen“, sagt er. Viele hätten damals prognostiziert: Brilon stirbt. Dabei habe sich die Stadt schlichtweg erneuert. „Natürlich wird eine Fläche, die außerhalb der Stadt liegt wie die des Raumausstatters Ademmer nicht so einfach besetzt werden. Aber wir haben ein wichtiges Pfund: unsere voll funktionstüchtige Innenstadt. Erfahrungsgemäß steht ein Geschäft mal ein Jahr lang leer, aber sonst konnten die Flächen immer wieder vermietet werden.“
… die Schwierigkeiten, einen Nachfolger für Läden in Brilon zu finden
Ademmer, der Raumausstatter, schließt aus Altersgründen. Nicht immer ist es leicht, einen Nachfolger für das Geschäft zu finden. „Die IHK hält eine Börse vor, in der man sein Unternehmen an jungen Nachwuchs anbieten kann“, erklärt Christian Leiße. Außerdem bestehe die Möglichkeit, die eigenen Lieferanten mit ins Boot zu holen und zu fragen, ob bei dessen Bekannten und Kunden Interesse bestehe. So könnten geeignete Übernahmekandidaten gefunden werden. Schwierig sei, die Menschen für ein Geschäft in den ländlichen Regionen zu begeistern. „Man ist darauf angewiesen, dass die Unternehmer Lust haben, sich in einer Region wie dieser niederzulassen. Daher ist es natürlich immer schwieriger, einen Nachfolger zu finden. Viele wollen auch nicht in den Konkurrenzkampf mit den Online-Giganten treten“, erklärt Christian Leiße. Dabei betont er, dass man sich einen Einstieg mit einem neuen Geschäft in Brilon auch durch Fördermittel erleichtern könne, die bei der Miete unterstützen. „Es gibt das entsprechende Werkzeug für eine Anschubhilfe und wir als Gewerbeverein freuen uns über jeden Jüngeren, der sich wagt.“
… über die Schwierigkeit, einen Online-Handel aufzubauen
„Ein Online-Unternehmen zu gründen ist nicht einfacher als ein Geschäft aufzumachen“, betont Leiße. „Im Onlinehandel gelten andere Gesetze. Man muss sich mit etwas selbstständig machen, was einzigartig ist. Aber schlicht in die Mode zu gehen, das ist kaum mehr möglich.“ Gründe dafür sind die hohen Retouren-Anteile oder auch das Lager, das dazu aufgebaut werden muss. Das sei alles sehr kostspielig. „Mal eben einen Onlinehandel zu gründen ist illusorisch. Das sieht man auch an C&A. Das Unternehmen will mit der Schließung des stationären Handels mehr Ressourcen für den Online-Handel generieren, der aufwendig zu bespielen ist.“
… über die Zukunft der Briloner Innenstadt
In den 70er und 80er Jahren blühte der Einzelhandel auf. Nicht nur in der Innenstadt entstanden Ladenflächen, auch in Quer- und Nebenstraßen wurden sie eingerichtet. „Damals gab es keine Konkurrenz“, sagt Christian Leiße. Irgendwann schlossen die Geschäfte, spätestens als Amazon und co. auftauchten. „Flächen in der Friedrichstraße oder der Königstraße haben sich zurückgebildet. Mittlerweile haben Versicherungen oder Wettbüros oder auch ein Sozialkaufhaus die Flächen übernommen.“ Man sehe stets an diesen Flächen den Zustand der Innenstadt. Sind sie noch besetzt – und sei es mit 1-Euro-Shops – gehe es der Innenstadt nicht schlecht. Bleiben sie indes leer, funktioniere die Innenstadt nicht mehr. Ist die Lösung dann die Schaffung von Wohnraum? „Vermieter bekommen für gewerblich vermietete Flächen sehr viel mehr Geld, als für privat vermietete Wohnflächen. Also ist Wohnraum in der Innenstadt die Ultima Ratio“, so Leiße. Von Wohnraum statt gewerblicher Flächen in der Briloner Innenstadt sei man noch weit entfernt. Kulturelle Angebote könnten hingegen sinnvoll für die Innenstadt-Frequenz sein.