Hochsauerlandkreis. Bin ich gegen Elementarschäden versichert? Eine wichtige Frage. Ein Brief einer HSK-Versicherung macht Druck. Der Fall und was Kunden tun sollen:

„Bernd“ hat zuletzt auch im Hochsauerlandkreis ganze Arbeit geleistet. Das Unwetter mit Starkregen und Hochwasser hat Millionenschäden verursacht. Versicherungen sprechen vom größten und teuersten Schadensereignis in ihrer Geschichte. Auf der Internetseite der Provinzial Versicherung ist nachzulesen, dass (Stand 2. August) 33.142 Schäden mit einem Volumen von 761,3 Millionen Euro gemeldet wurden. Die LVM in Münster schreibt auf ihrer Homepage, dass sie bundesweit mit mehr als 9400 Schadensmeldungen in der Sach- und Autoversicherung und einem Gesamtaufwand von 165 Millionen Euro rechnet. Bisher 9.545 Schäden in Höhe von 167 Millionen Euro wurden nach dem jüngsten Unwettertief bei der R+V gemeldet. Insgesamt verbuchte sie für das laufende Jahr 82.000 Elementarschäden in Höhe von knapp 387 Millionen Euro.

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Generell ist dagegen nichts einzuwenden

Kein Wunder, dass manch einer seinen Versicherungsordner aus dem Schrank holt und sich seine Police etwas genauer ansieht. Es gibt aber auch Versicherer, die ihre Kunden bereits angeschrieben und darauf aufmerksam gemacht haben, dass deren Gebäudeversicherung solche Schäden wie jetzt bei „Bernd“ nicht zwingend abdeckt. „Ihr Hab und Gut ist aktuell nicht gegen die Elementargefahren versichert. Es gibt auch keinen Anspruch auf Ersatzleistungen durch den Staat. Lassen Sie uns deshalb einen Termin vereinbaren und für Sie die bestmögliche Absicherung zu finden“, heißt es in einem Schreiben einer Versicherung, das unserer Redaktion vorliegt und das einige Kunden in den vergangenen Tagen erhalten haben.

„Gegen so ein Schreiben ist grundsätzlich erstmal nichts einzuwenden. Die Versicherung ist offenbar bemüht, ihren Kunden zu informieren und sucht das Gespräch, um eventuelle Versicherungslücken zu schließen“, sagt Petra Golly, Leiterin der Verbraucherzentrale in Arnsberg. Solche Schreiben gebe es immer wieder, wenn große Schadensereignisse aufgetreten seien. „Eine Beratung mag ja auch durchaus sinnvoll sein, aber die Anlage des Anschreibens ist doch eher ungewöhnlich“, so Golly.

Verbraucherschützer raten: Keine Verzichtserklärung unterschreiben

Denn unter der Überschrift „Verzicht auf Mitversicherung von Elementarschäden“ sollen die Angeschriebenen bestätigen, dass „ich das Risiko der Elementargefahren für mein Hab und Gut selbst trage, keine Beratung in Anspruch nehmen möchte und den Versicherungsschutz nicht benötige“.

„Die Kunden können das als Werbung zur Kenntnis nehmen, es gibt aber keine Verpflichtung für sie, es zu unterschreiben. Man bringt sich damit gegebenenfalls in eine schlechtere Position; die Unternehmen wollen sich so der Haftung für eine mangelnde Beratung entziehen“, betont Petra Golly. Als abmahnungswürdig sieht sie diesen Vorgang zunächst noch nicht an. „Sollten die Kunden allerdings wiederholt zur Abgabe einer Verzichtserklärung aufgefordert werden, muss man das neu bewerten.“

Pressesprecher: „Keine zentrale Aktion unserer Versicherung“

Unsere Zeitung hat mit der Pressestelle der Provinzial-Versicherung Kontakt aufgenommen; eine ihrer Filialen im Altkreis Brilon hatte dieses Schreiben an Kunden verschickt: „Das Ganze ist keine zentrale Aktion unserer Versicherung gewesen; hier ist unser Vertriebspartner eigenständig tätig geworden. Der Ansatz, die Kunden zu kontaktieren ist aus unserer Sicht durchaus sinnvoll, um eine gemeinsame Lösung für einen optimalen Versicherungsschutz zu finden“, sagt der stellvertretende Pressesprecher Fabian Hintzler. Es hätten auch viele Kunden positiv auf das Schreiben reagiert. „Die Formulierung ist allerdings zumindest unglücklich, wenn nicht sogar missverständlich.“ Es werde ein Gespräch mit der Filialleitung geben, wenngleich diese aus guter Absicht gehandelt habe. Der Kunde müsse eine solche diese Verzichtserklärung nicht unterschreiben.

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Die Verbraucherzentrale rät: Wenn man einmal dabei ist, sich mit dem Thema Versicherungsschutz zu beschäftigen, sei es durchaus sinnvoll, seine Absicherung auf den Prüfstand zu stellen. Sie empfiehlt, vor Abschluss oder Änderung von Versicherungsverträgen die unabhängige Beratung durch die Verbraucherzentrale zu nutzen. „Wir erklären, was sinnvoll und notwendig ist, und geben Tipps, um Vertragsfallen zu vermeiden und einen guten Überblick zu Preisen und Leistungen der Versicherer zu bekommen“, sagt Petra Golly.

Stichwort: Elementarschäden

Mit Elementarschäden sind die Schäden gemeint, die durch das Wirken der Natur hervorgerufen werden. Je nach Art des Schadens greift die Wohngebäude-, die Hausrat- oder die Elementarschadenversicherung.Die Annahme eines Antrags auf Elementarschadenversicherung entscheiden Versicherer nach dem Schadensverlauf der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte.Versicherte müssen bestimmte Pflichten erfüllen, damit die Versicherung im Schadensfall zahlt. Ob eine Versicherung gegen Elementarschäden überhaupt sinnvoll ist, kommt auf den Einzelfall an.

In Deutschland sind nur rund 46 Prozent aller Privathäuser gegen Schäden durch Naturgefahren wie Hochwasser und Überschwemmung versichert. Fragt man nach dem Grund, sagen viele: Wir wohnen doch gar nicht am Fluss. Uns kann doch nichts passieren. Aber das stimmt so nicht. „Wie man jetzt gesehen hat, kann Starkregen überall auftreten und Schäden verursachen – auch wenn man auf einem Berg wohnt“, so Petra Golly.

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Je nach Schadensart greift die eine oder andere Versicherung: Sturmschäden, Hagelschäden und Schäden nach einem Blitzschlag sind über die Gebäudeversicherung und die Hausratversicherung abgesichert. Für andere Schäden, die durch das Wirken der Natur hervorgerufen werden, wie z.B. Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben oder auch Schneedruck, ist meist die so genannte Elementarschadenversicherung erforderlich.“

Ob eine Versicherung den Antrag auf Elementarschadenversicherung überhaupt annimmt, entscheidet sie nach dem Schadensverlauf der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte. Viele Versicherer beurteilen die Versicherbarkeit einzelner Gebäude dabei nach Gefährdungsklassen, die nach der statistischen Hochwasser-Häufigkeit gegliedert sind. Auf dieser Internetseite gibt es jede Menge Infos rund um Gebäude, Hausrat und Elementarversicherung.