Berlin. Sterne zur Qualitäts-Bewertung sind im Internet allgegenwärtig. Eine Studie zeigt, warum Skepsis angebracht ist und was Käufern hilft.
Im Internet sind sie allgegenwärtig: Sterne zur Bewertung von Produkt oder Dienstleistung. Null Sterne bedeuten eine miese, fünf Sterne eine hervorragende Qualität. Einer Umfrage zufolge beeinflussen die so gekennzeichneten Urteile in Kombination mit Kommentaren und Rezensionen viele Verbraucherinnen und Verbraucher. Mehr als die Hälfte der Online-Shopper macht eine Kauf-Entscheidung davon abhängig.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Mannheim haben nun herausgefunden, dass Konsumenten den Sternen mit Skepsis begegnen sollten. Wer eine realistischere Einschätzung zur Qualität des Angebots haben wolle, so die Forschenden, müsse auf etwas anderes achten.
Online-Shopping: Viele Händler missachten Informationspflichten
Für Verbraucherschützer geben Online-Bewertungen bereits seit Jahren Anlass zur Mahnung. „Vertrauen Sie diesen nicht blind. Dahinter kann sich alles verbergen – von authentischen bis hin zu manipulierten und gefälschten Erfahrungen“, teilt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) mit.
Seit Mai 2022 gelten Informationspflichten zu Herkunft und Echtheit der Bewertungen. Portale müssen sicherstellen, dass die Bewertungen von Menschen stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt und erworben haben. Diese Regeln hätten das Problem verkleinert, aber nicht gelöst, so der Verband. „Sie haben den Schutz der Verbraucher zwar gestärkt, Hersteller und Händler mischen bei den Bewertungen aber immer noch mit.“
Im Frühjahr 2023 hatten Analysen des vzbv ergeben, dass 27 von 30 untersuchten Onlineshops und Händlern die neuen Regeln gar nicht oder nicht ausreichend umgesetzt hatten. Außerdem hatten einige Anbieter weiter Bewertungen und Rezensionen systematisch manipuliert. Sie hatten sie gekauft, positive Aussagen belohnt oder negative unterdrückt. Zwar seien Online-Bewertungen von ihrer Idee her „eine hilfreiche Orientierung im Konsumalltag“, die Umsetzung im Alltag müsste aber weiter verbessert werden.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen nun auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leipniz-Zentrums für Wirtschaftsforschung (ZEW). Aber: Ihre Begründung dafür ist eine andere. Sie hat nichts mit Manipulation oder Trickserei zu tun. Die Aussagekraft des etablierten Sterne-System, so das Ergebnis einer Studie, sei offenbar im Laufe der Jahre verwässert worden.
Sterne-Bewertung: Es gibt einen Trend zur Inflation
Für ihre Studie untersuchten die Forschenden am Beispiel eines Online-Weinhändlers, wie sich die Sterne-Bewertungen auf der einen sowie die in Textform abgegebenen Produkt-Bewertungen auf der anderen Seite in den Jahren von 2014 bis 2020 verändert hatten. Dafür werteten sie über fünf Millionen Rezensionen aus.
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Die Ergebnisse seien überraschend gewesen: Während die numerischen Bewertungen im Zeitverlauf immer besser geworden seien, hätten sich die in den Texten abgegebenen Bewertungen qualitativ kaum verändert. Dies galt laut Studie sowohl für die Urteile von Vielkäufern und sogenannten Experten wie auch für jene von Gelegenheitskäufern. „Bei beiden Gruppen zeigte sich eine Bewertungsinflation in der Anzahl der vergebenen Sterne“, so die Autoren.
Verbraucherschützer: Kunden sollten sich diese Fragen stellen
Die genaue Ursache für die Sterneflut konnte die Studie nicht aufklären. Die Ergebnisse seien aber für Konsumenten von Bedeutung. „Wenn Sterne-Bewertungen mit der Zeit immer besser werden, obwohl die Produktqualität nicht zunimmt, können Online-Bewertungssysteme unter Umständen ihre Funktion nicht mehr erfüllen, neuen Kundinnen und Kunden authentische Erfahrungswerte zu geben“, sagt Rebecca Janßen, Ko-Autorin der Studie, laut Mitteilung.
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Für Janßen und ihre Kolleginnen und Kollegen vom ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“ steht fest, dass es sich lohnen könnte, vor dem Kauf von Produkt oder Dienstleistung nicht nur auf die Sterne-Werte zu achten. „Wer einen besseren Eindruck haben will, sollte besser auch die Texte lesen.“
Für Verbraucherschützer reicht selbst das nicht aus: Kunden sollten stets im Blick behalten, dass Bewertungen von Herstellern oder Händlern beeinflusst sein können, erklärt die Verbraucherzentrale NRW. Sie sollten sich folgende Fragen stellen: Welches Wissen mag der Verfasser einer Bewertung haben? Was hat er wirklich geprüft und welche Absicht verfolgt er? Und selbst, wenn eine Rezension authentisch erscheine, „ist sie oft nicht mehr als ein persönlicher Eindruck“.