Berlin. Hypochondrie erschwert das Berufsleben und die Liebesbeziehung. Paradox: Laut einer neuen Studie sterben Betroffene auch häufig früher.
Sind die Kopfschmerzen das erste Anzeichen für einen Gehirntumor? Ist das ein Leberfleck oder schon Hautkrebs? Bin ich nur vergesslich oder habe ich Alzheimer? Hypochonder neigen dazu, harmlose Symptome als Zeichen einer schweren Krankheit zu deuten. Jedes kleine Unwohlsein kann bei besonders schweren Fällen von Hypochondrie zu extremen Angstzuständen führen. Doch hilft ihnen die medizinische Paranoia, wirklich länger gesund und noch viel wichtiger, am Leben zu bleiben?
Lesen Sie auch:Brain Fog – Wann Sie zum Arzt gehen sollten und was hilft
Eine große schwedische Studie hat dazu überraschende Ergebnisse geliefert. Demnach sterben Hypochonder im Durchschnitt sogar früher als Menschen, die nicht hinter jedem Bauchschmerz Darmkrebs vermuten. Forschende hatten dazu Menschen mit und ohne Hypochondrie zu ihrem Lebensstil befragt. Laut der im Fachblatt „JAMA Psychiatry“ veröffentlichten Studie war die Wahrscheinlichkeit, an bestimmten Krankheiten zu sterben, für Menschen mit Hypochondrie zu 84 Prozent höher. Darunter fielen insbesondere Herz-, Blut- und Lungenkrankheiten.
Menschen, die nur an einer sogenannten „Alltagshypochondrie“ leiden, müssten sich dagegen keine Sorgen machen. So sei eine gewisse Achtsamkeit gegenüber körperlichen Krankheitssymptomen hilfreich, diese Menschen leben im Durchschnitt sogar länger, heißt es in der Studie. Sie lassen früher potenziell gefährliche Symptome einer Krankheit untersuchen.
- Studie: Forschende finden mögliche Ursache für Fettleibigkeit
- Untersuchungen: Stress erkennen – Diese Blutwerte sind alarmierend
- Gesunde Ernährung: Kind mag kein Gemüse? Ein Kinderarzt gibt Tipps
- Frauen: Endometriose-Betroffene geht radikalen Weg gegen Schmerzen
- Gewicht: Ärztin klärt auf – So kann Kaffee beim Abnehmen helfen
Hypochondrie hält Menschen vom Arztbesuch ab
Doch Hypochondrie kann auch eine ernste psychische Störung sein, deren Gefährlichkeit von vielen unterschätzt wird. So kann der psychische Druck so groß werden, an einer schweren Krankheit zu leiden, dass sich Menschen mit der Diagnose „Krankheitsangststörung“ das Leben nehmen. Sie weisen ein viermal höheres Suizidrisiko als Vergleichsgruppen auf.
Eine frühere Studie beschrieb, dass Menschen mit einer psychischen Krankheit deutlich jünger sterben. Aber gilt das auch für Hypochondrie? Die Frage nahm der Co-Autor der Studie, David Mataix-Cols, zum Anlass, das Krankheitsrisiko von Menschen mit Hypochondrie zu erforschen. Von seiner Arbeit berichtete er in einem Artikel der „Washington Post“.
Demnach bleiben Hypochonder überzeugt davon, an einer Krankheit zu leiden, auch wenn Ärzte ihnen Gegenteiliges versichern. Auch die Suche nach Symptomen im Internet könne die Angst und Paranoia noch verstärken. Die Angststörung könne Betroffene sogar davon abhalten, zum Arzt zu gehen und damit gerade verhindern, dass bedrohliche Krankheiten entdeckt werden. Zusätzlich belastet der chronische Stress das Nervensystem und erhöht das Risiko für viele Krankheitsbilder wie Herz-Kreislauf-Krankheiten erst.
Lesen Sie auch:Stars mit ADHS: Plötzlich reden alle über die Störung
Erhöhtes Sterblichkeitsrisiko bei Hypochondrie: Störung lässt sich gut behandeln
Für die neuere Studie hatten die schwedischen Forscher Daten aus der schwedischen Volkszählung und Gesundheitsdatenbank aus den Jahren 1997 bis 2020 verwendet. So kamen sie auf 4129 Menschen, denen Hypochondrie diagnostiziert wurde. Die Wissenschaftler verglichen sie mit jeweils zehn Menschen, die nicht an Hypochondrie litten, dafür aber das gleiche Geschlecht, Geburtsjahr und Wohnort hatten.
Dabei könnte das Sterblichkeitsrisiko der an Hypochondrie leidenden Menschen noch viel höher liegen. Denn die Krankheit sei unterdiagnostiziert, berichtet Mataix-Cols in der „Washington Post“. Menschen würden sich wahrscheinlich oft selbst mit Alkohol oder Drogen „behandeln“, um mit der ständigen Angst umzugehen. Faktoren, die zu einem früheren Tod beitragen.
Für Betroffene gibt es glücklicherweise bewährte Behandlungsmethoden. So können eine kognitive Verhaltenstherapie und sogar Antidepressiva die Symptome deutlich mildern.
- ADHS bei Erwachsenen:Betroffene erklärt, was wirklich hilft
- Schlafstörungen:Häufig hilft nur noch diese Methode
- Hormone:Wechseljahre mit 27 – Die ersten Anzeichen der Menopause
- Demenz: Ab wann Gedächtnislücken besorgniserregend sind